4. Januar 2024, 3:53 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Dank Impfstoffen verläuft eine Corona-Infektion mittlerweile meist in abgeschwächter Form – im Gegensatz zum Anfang der Pandemie. Doch auch wenn der Virus bei dem ein oder anderen milder verläuft, besteht bei jeder Infektion das Risiko auf Langzeitfolgen. Zu diesem Thema haben Forscher jetzt in einer Studie neue Erkenntnisse gewonnen.
Trotz der Genesung von einer Corona-Infektion werden manche Betroffene nicht vollständig gesund. Der Grund: Die Symptome, die während der Erkrankung aufgetreten sind, wollen nicht vollständig schwinden, was auch als Post Covid und Long Covid bekannt ist. Über sechs Monate lang und teilweise sogar darüber hinaus leiden die Erkrankten an den Symptomen. Diese können komplett unterschiedlich ausfallen in ihrer Art, im Auftreten, im Schweregrad sowie dem damit einhergehenden Leidensdruck.1 Nun erforschter Wissenschaftler aus St. Louis (USA), inwiefern sich Risiko von Long Covid aufgrund von mehrfacher Infektion mit dem Coronavirus erhöht.
Übersicht
Wie hängen Corona-Infektionen und Long-Covid-Risiko zusammen?
Bereits in einer früheren Studie hatten die Forscher nicht nur Hinweise gefunden, dass die zu dem Zeitpunkt vorherrschende Omikron-Variante einen Impfschutz umgehen und zu Reinfektionen führen konnte. Es hatte sich auch gezeigt, dass solche Reinfektionen das Long-Covid-Risiko erhöhen. Impfungen konnten dieses aber wiederum um 15 Prozent senken können (FITBOOK berichtete).2
Die aktuelle Studie
Auf Basis dieser Studienergebnisse forschte das Team weiter, um ein noch besseres Verständnis zum möglichen Zusammenhang zwischen mehrerer Corona-Infektionen und dem Risiko für Long Covid zu gewinnen. Dafür machten die Forscher aus den USA Gebrauch von den elektronischen Gesundheitsdatenbanken des VAs.3 Dort werden alle Daten des VHAs gesammelt, was die Bezeichnung für die Gesundheitsversorgung für entlassene Veteranen der US-amerikanischen Streitkräfte ist.
Anhand der in der Datenbank gesammelten Informationen bildeten die Wissenschaftler zwei Kohorten:
- Einmal Personen, die mit dem Coronavirus infiziert waren und zwischen März und Dezember 2020 als positiv getestet waren. Diese Gruppe bestand aus fast 139.000 Teilnehmern mit einem Durchschnittsalter von 61 Jahren. Diese unterteilte man zusätzlich in zwei Untergruppen: Personen, die während der akuten Krankheitsphase hospitalisiert waren und Personen, die nicht hospitalisiert wurden. Die Nachbeobachtung begann 30 Tage nach der Infektion.
- In die zweite Kohorte nahm man rund 5.985.000 Menschen auf, die sich in demselben Zeitraum nicht mit Covid infizierten. In beiden Gruppen wurden die Teilnehmer bis zum Tod beziehungsweise zwei Jahre lang bis zum November 2022 beobachtet.
Nach der Unterteilung untersuchten die Forscher die beiden Kohorten auf die 80 vordefinierten postakuten Langzeitfolgen, die sie vorab anhand vorangegangener Studien festlegten. Ihr Ziel war es, herauszufinden, wie sich Folgeerkrankungen mit jeder Corona-Infektion entwickelten. Dafür fokussierten sie sich vor allem darauf:
- Herz-Kreislaufsystem
- Gerinnungs- und hämatologische Erkrankungen
- Diabetes
- Müdigkeit
- Magen-Darm-Erkrankungen
- Nierenerkrankungen
- psychische Erkrankungen
- Erkrankungen des Bewegungsapparats
- neurologische Erkrankungen
- Lungenerkrankungen
Zusätzlich beobachtete man die jeweiligen Krankenhausaufenthalte der Erkrankten. Um die Fehleranfälligkeit so gering wie möglich zu halten, führten die Forscher außerdem mehrere alternative Versionen zu den Analysen durch.
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Erkenntnisse bezüglich Sterbe- und Long-Covid-Risiko
In Bezug auf die Hospitalisierung der Corona-Infizierten beobachteten die Wissenschaftler, dass das Sterberisiko der Teilnehmer, die man nicht in der akuten Krankheitsphase in eine Klinik brachte, zwischen dem 91. und 360. Tag nach der Infektion erhöht war. Bei der Gruppe, die man nicht hospitalisierte, zeigten die Ergebnisse, dass das Risiko einer Krankenhauseinweisung 361 bis 540 Tage nach der Infektion erhöht war.
Zudem stellte man fest, dass Long Covid innerhalb der Beobachtungszeit von zwei Jahren in der Corona-infizierten-Kohorte vermehrt auftrat. Bei den Studienteilnehmern, die nicht im Jahr 2020 an dem Virus erkrankt waren, fiel die Risikorate deutlich geringer aus. Daraus lässt sich schließen: Die Daten zeigen, dass die Patienten bei einer erneuten Infektion ein erhöhtes Risiko für Long Covid aufwiesen, was auf die Folgeerkrankungen mehrerer Organsysteme zurückzuführen ist.
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Einordnung der Studie
Die Studie deutet mit ihren Ergebnissen darauf hin, dass Corona-Erkrankungen in Bezug auf Long Covid kumulativ sind und das Risiko von Langzeitfolgen mit jeder weiteren Infektion deutlich erhöhen. Auch wenn die Forscher die Angaben aus einer Datenbank bezogen, scheinen diese einen hohen Wahrheitsgehalt zu haben: Die VA wird tagtäglich mit allen gesundheitlichen Daten der Veteranen, die von Fachpersonal eingetragen werden, aktualisiert und gepflegt.
Allerdings stützt sich die Studie ausschließlich auf diese Werte. Somit haben sich die Wissenschaftler dadurch nur ein Bild von Veteranen der USA machen können, weshalb die Untersuchungen möglicherweise nicht verallgemeinernd auf alle Menschen rückzuführen sind.
Ein weiterer interessanter Faktor: Dass Infektionen im Jahr 2020 eine wesentliche Rolle spielte. Damit sind überwiegend Covid-Erkrankungen gemeint, bevor es einen Impfschutz gegen das Coronavirus gab. Könnte es daher sein, dass Reinfektionen zu einem späteren Zeitpunkt weniger gravierend für das Long-Covid-Risiko sind als eine frühe Ersterkrankung mit Covid?
Trotz der Schwächen der Studie scheint aber dennoch klar zu sein, dass man Corona-Infektionen nach wie vor nicht auf die leichte Schulter nehmen sollte.