11. Januar 2024, 11:02 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Bei manchen Menschen verfärben sich die Finger bei Kälte weiß bis gelblich. Dazu kommt ein Taubheitsgefühl und mitunter dauert es – selbst im Warmen – eine Weile, bis die Finger wieder normal aussehen und sich bewegen lassen. Dahinter steckt das sogenannte Raynaud-Syndrom. FITBOOK sagt, was Betroffene tun können.
Man könnte einen Schrecken bekommen, wenn man bei Kälte auf seine Hände schaut und die Finger plötzlich gelblich-weiß sind. Dahinter steckt das Raynaud-Syndrom (auch Morbus Raynaud). FITBOOK erklärt das Phänomen, nennt Ursachen und Verhaltensweisen, die das Syndrom verschlimmern können. Außerdem haben wir einige leicht umsetzbare Maßnahmen zusammengetragen, die Betroffenen helfen können.
Übersicht
Was ist das Raynaud-Syndrom?
Eine Form der Durchblutungsstörung, die Finger und Zehen betreffen kann und im Volksmund „Weißfingerkrankheit“ oder „Leichenfinger“ genannt wird. Benannt wurde das Syndrom nach seinem Entdecker, dem französischen Arzt Maurice Raynaud.
Ursachen und Symptome des Raynaud-Phänomens
Das Raynaud-Syndrom führt, ausgelöst durch einen Kältereiz, zu krampfartigen Verengungen der Blutgefäße in den Fingern und auch den Fußzehen. Die verfärbten Finger sehen nicht nur gruselig aus, sie bereiten auch starke Beschwerden. Betroffene haben das Gefühl, Eiswürfel in den Gliedern ihrer Finger und Zehen zu haben. Außerdem leiden sie unter Schmerzen. Nachdem Betroffene Kälte ausgesetzt waren, kann es eine Stunde dauern, bis die Stellen wieder normal durchblutet werden.
Wichtig: Dieser Prozess sollte nicht forciert werden, indem man die Eisfinger und -zehen in heißes Wasser legt. Durch den Schock würden sich die starr zusammengezogenen Blutgefäße ruckartig ausdehnen – und das würde richtig wehtun.
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Primäres und sekundäres Raynaud-Syndrom
Fachärzte sprechen vom primären Raynaud-Syndrom, wenn ihm keine auslösende Grunderkrankung zugrunde liegt. Ob es dafür eine genetische Veranlagung gibt, ist wissenschaftlich nicht geklärt. Das sekundäre Raynaud-Syndrom tritt begleitend zu anderen, womöglich schwereren Erkrankungen auf, wie Rheuma oder weiteren Autoimmunkrankheiten. Hiervon sind typischerweise eher Frauen betroffen – und in der Folge auch vom (sekundären) Raynaud-Syndrom.
Einfache Maßnahmen, die gegen die Beschwerden helfen können
Medikamente werden nur in sehr schweren Fällen (der sekundären Form der Erkrankung) eingesetzt. Etwa wenn es zu Erfrierungen und Wunden kommt, die nicht verheilen. Es gibt Arzneimittel zum Einnehmen oder die man lokal auf die Haut aufträgt. Beim primären Raynaud-Syndrom genügt es für gewöhnlich, folgende Maßnahmen zu ergreifen:
Fäustlinge statt Fingerhandschuhe tragen
Betroffene sollte unbedingt darauf achten, an den Händen nicht unnötig zu frieren und bereits ab Temperaturen von etwa zehn Grad Handschuhe zu tragen. Und bitte nicht irgendwelche, sondern solche aus einem winddichten, wasserfesten Material, die idealerweise weich gefüttert sind. Die „Deutsche Gesellschaft für Angiologie“ (DGA) schreibt in einem Ratgeber für Raynaud-Patienten, dass sich Fäustlinge besser eignen als Fingerhandschuhe, „da sich die Finger gegenseitig wärmen können“.1
Keine zu dicken Socken tragen
Bei denen, die auch an den Füßen betroffen sind, gilt der Hinweis auf robustes, wasserdichtes Material natürlich auch für das Schuhwerk. Wichtig: Die Schuhe sollten nicht zu kurz oder eng sein, weil das die Durchblutung weiterhin beeinträchtigen würde. Bei den Socken bitte darauf achten, dass sie nicht zu dick sind. Sie würden den Schuh unnötig vollstopfen und somit auch dazu führen, dass den Fußzehen die Bewegungsfreiheit fehlt. Zumal dick nicht immer warm heißt – etwa dann, wenn die Strümpfe aus Baumwolle oder Kunstfasern bestehen. Viel besser sind dünnere Texturen aus Wolle, Cashmere oder einem Mix aus beiden Stoffen.
Blutfluss anstoßen mit Greifbewegungen
Einfache Greifbewegungen mit Fingern und Zehen helfen dabei, den Blutfluss durch die Gelenke anzustoßen. Die „Trainingseinheiten“ sollten Sie zwischendurch immer mal wieder durchführen und spätestens dann, wenn Sie merken, dass Sie an den Fingern und/oder Zehen anfangen zu frieren. Generell helfen Sport und Bewegung, die Durchblutung dauerhaft zu verbessern.
Erfahrung
„Die gruselige Hand, die Sie da oben gesehen haben, gehört mir. Schon seitdem ich Kind bin, habe ich bei klirrender Kälte mit dem Phänomen zu kämpfen. Ich erinnere mich etwa an kribbelnde Schmerzen in steifen Fingern während des Skikurses: Ich war fünf Jahre alt und konnte die Skistöcke nicht mehr halten, geschweige denn den Liftbügel – trotz Fäustlingen! Besonders lange hält die Durchblutungsstörung bei mir im kleinen Finger und im Ringfinger an. Der Daumen ist weniger betroffen. Selbst, wenn ich wieder im Warmen bin, dauert es manchmal bis zu einer halben Stunde, bis die Finger wieder Farbe haben. Am besten wirken bei mir Greifbewegungen (so gut das mit den starren Fingern eben geht) oder Armkreisen, um das Blut in die Finger zurückzudrücken“. “– Anna Echtermeyer, FITBOOK-Redakteurin
Wechselduschen und Fußbäder
Wechselnde Temperaturreize trainieren die Gefäßmuskulatur. Die können Sie einfach in der Dusche setzen, indem Sie den Strahl abwechselnd kühl und lauwarm stellen. Bitte weder zu heiß noch zu kalt! Sonst wäre, wie oben erklärt, der Schock zu groß. (Fuß-)Bäder mit aktivierenden Zusätzen, wie Rosmarin, Ingwer, Zitrone oder vergleichbaren Heilkräutern, sind wohltuend und regen die Durchblutung an. Mehr zu den gesundheitlichen Effekten von Wechselduschen lesen Sie hier.
Lebensmittel essen, die reich an Omega-3-Fettsäuren sind
Wer am Raynaud-Syndrom leidet, muss sich bei der Ernährung nicht einschränken. Bestimmte Speisen sind aber besonders gut: So sollen Lebensmittel, die reich an Omega-3-Fettsäuren sind, die Beschwerden lindern können. Und was wohl jeder kennt: Gewürze wie Chili, Pfeffer und Meerrettich in Essen oder Trinken heizen ordentlich ein. Würzen Sie also ruhig großzügig.
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Rauchen verschlimmert die Beschwerden
Rauchen ist natürlich für niemanden gut. Zu seinen vielen gesundheitsschädlichen Wirkungen zählt auch, dass es bei Raynaud-Patienten zu einer Verschlimmerung der Symptome führt, da es die Gefäße weiter verengt.
FITBOOK sprach mit Prof. Dr. med. Thomas Dörner, Leiter Klinische Hämostaseologie an der Berliner Charité.