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Neuropilin-1

Protein-Rezeptor soll der Grund für die Aggressivität des Coronavirus sein

Corona-News: Immer mehr Corona-Impfstoff-Projekte melden Erfolge
Corona-News: Immer mehr Corona-Impfstoff-Projekte melden Erfolge. Nach BioNTech/Pfizer und Moderna nun auch AstraZeneca in Zusammenarbeit mit der Universität Oxford Foto: Getty Images
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FITBOOK Redaktion

23. Oktober 2020, 18:03 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten

Wenn es darum geht, wie sich das Coronavirus verbreitet, muss man auch das Protein Neuropilin-1 betrachten. Ein deutsch-finnisches Forscherteam hat untersucht, wieso das Coronavirus so viel aggressiver ist, als der verwandte Sars-Erreger. Das Protein spielte eine entscheidende Rolle.

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Wie stark sich ein Virus verbreiten kann, hängt davon ab, wie ansteckend es ist. Das mit dem aktuell grassierenden Coronavirus verwandte SARS-CoV-1, besser bekannt als SARS-Erreger, führte in der Pandemiephase 2002/03 zu etwa 800 Todesopfern. Nur ein minimaler Bruchteil dessen, was die aktuelle Pandemie anrichtet. Es war möglicherweise weniger ansteckend als SARS-CoV-2. Wissenschaftler bringen jetzt einen Zusammenhang zwischen Neuropilin-1 und Corona ins Spiel.

Warum die verwandten Viren unterschiedliche Krankheiten auslösen, untersuchten Forscher der Technischen Universität München, des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), der Universitätsmedizin Göttingen und der Universität Helsinki in einer Studie, die im renommierten „Science“-Magazin veröffentlicht wurde.

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Türöffner für das Virus

Damit sich ein Virus in den Körperzellen verbreiten kann, benötigt es Andockstellen, sprich Rezeptoren. SARS-CoV-1 und SARS-CoV-2 nutzen beide den Rezeptor ACE2 – lösen aber unterschiedliche Krankheiten aus. Um das zu verstehen, schauten sich die Wissenschaftler die Spike-Proteine der Viren an. Spike-Proteine sind Hüllproteine, sogenannte Peplomer, die sich mit den Rezeptoren an der Außenwand der Zelle verbinden können. Passen Spike-Protein und Rezeptor zusammen, wird die Zellmembran durch die Verbindung geöffnet und das Virus kann eindringen.

Neuropilin – der entscheidende Unterschied zwischen Sars-CoV-1 und Sars-CoV-2

Der neuere Sars-CoV-2-Erreger weist anders als sein Vorgänger eine Furin-Spaltstelle auf. Werden die Spike-Proteine durch Furin gespalten, entwickeln die Proteine eine Form, mit der es ihnen möglich ist, dass sich die Proteine des Virus an Rezeptoren binden, die in Nervenzellen vorkommen: die sogenannten Neuropiline.

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Experimente im Labor weisen darauf hin, dass Neuropilin-1 zusammen mit ACE2 die Corona-Infektion fördern könnte. Denn umgekehrt konnte durch die spezifische Blockierung von Neuropilin-1 mit Antikörpern eine Infektion unterdrückt werden. „Wenn man sich das Enzym ACE2 als Eintrittstür in die Zelle vorstellt, dann könnte Neuropilin-1 ein Faktor sein, der das Virus zur Tür lenkt. ACE2 wird in den meisten Zellen in sehr geringen Mengen exprimiert (herausgedrückt, Anm. Red). Daher ist es für das Virus nicht leicht, Türen zum Eindringen zu finden. Andere Faktoren wie Neuropilin-1 scheinen notwendig zu sein, um dem Virus zu helfen“, erklärt Mikael Simons, Professor für molekulare Neurobiologie an der TUM und Forschungsgruppenleiter am DZNE.

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Auch der Virologe der Berliner Charité, Christian Drosten, hat in seinem Podcast schon darüber gesprochen, wie das Virus in den Körper gelangt.

Auch höhere Infektionsrate könnte damit zusammenhängen

Neuropiline sind im Körper weit verbreitet und kommen vor allem an Zellen in der Lunge, der Nase und in Blutgefäßen vor. Das könnte erklären, warum sich Sars-CoV-2 im Körper rasch ausbreiten kann. Auch die höhere Infektionsrate – im Vergleich zu Sars – könnte mit Neuropilin-1 zusammenhängen. Es wird auf vielen Zellen der oberen Atemwege gebildet. Von dort können Viren, bspw. durch Niesen, leichter verbreitet werden.

Um zu sehen, ob Körperzellen, die mit Neuropilin-1 ausgestattet sind, tatsächlich mit Corona infiziert sind, untersuchten die Forscher Gewebeproben verstorbener Patienten – mit positivem Ergebnis.

Wie Neuropilin wirkt

Auch ein Versuch mit Mäusen zeigte, dass Neuropilin-1 den Transport kleiner, virusgroßer Partikel von der Nasenschleimhaut zum zentralen Nervensystem ermöglicht. Wurden diese an Neuropilin-1 bindende Nanopartikel den Tieren über die Nase zugeführt, erreichten sie in wenigen Sekunden Nervenzellen des Gehirns. „Wir konnten feststellen, dass Neuropilin-1 unter den Bedingungen unserer Experimente den Transport ins Gehirn fördert. Wir können jedoch keine Schlussfolgerung ziehen, ob dies auch auf SARS-CoV-2 zutrifft. Sehr wahrscheinlich wird dieser Transportweg bei den meisten Patientinnen und Patienten durch das Immunsystem unterdrückt“, sagt Simons.

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Ergibt sich daraus ein neuer Corona-Therapieansatz?

Bei der Bewertung der Ergebnisse und einem Blick in die Zukunft hält sich der Forschungsgruppenleiter am DZNE, Mikael Simons, zurück. „Vermutlich fängt Neuropilin-1 das Coronavirus auf und lenkt es zu ACE2. Zur Klärung dieser Frage sind weitere Untersuchungen notwendig. Es ist derzeit noch zu früh, um darüber zu spekulieren, ob die Blockierung von Neuropilin ein möglicher therapeutischer Ansatz sein könnte“, so Simons.

Themen Coronavirus
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