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Nervenkrankheit

Ursachen, Symptome und Behandlung von Polyneuropathie

Frau mit Schmerzen in den Beinen
Polyneuropathie kann sich unter anderem mit Missempfindungen in den Beinen äußern. FITBOOK geht genauer auf das Krankheitsbild ein. Foto: Getty Images
Laura Pomer

6. Februar 2023, 4:01 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten

Bei Menschen mit Polyneuropathie ist die Reizweiterleitung des sogenannten peripheren Nervensystems gestört. Was genau das bedeutet, welche Ursachen die Nervenerkrankung für gewöhnlich hat und wie sie sich entwickelt – alles dazu lesen Sie bei FITBOOK.

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Mit fachlicher Beratung von
Dr. Matthias Riedl, Internist, Ernährungsmediziner, Diabetologe und ärztlicher Leiter des Medicum Hamburg

Kribbeln in den Beinen, ein gestörtes Temperaturempfinden oder Verdauungsbeschwerden – Polyneuropathie kann sich von Fall zu Fall unterschiedlich darstellen. FITBOOK geht im Folgenden genauer auf die typischen Auslöser, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten der Nervenerkrankung ein.

Polyneuropathie – was ist das für eine Krankheit?

Polyneuropathie beschreibt eine Erkrankung des sogenannten peripheren Nervensystems1. Betroffen sind somit die Nerven „am Rande“ des Nervensystems, insbesondere die motorischen und sensorischen Nerven. Der Befund führt zu einer gestörten Reizweiterleitung. Das bedeutet, dass bei den Erkrankten Sinnesreize vermindert, verstärkt oder mitunter gar nicht ans Gehirn geleitet werden. Die Krankheit selbst schränkt die Lebenserwartung gemeinhin nicht ein. Sie ist jedoch nicht heilbar und zeigt verschiedene Anzeichen.

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In diesen Beitrag ist Polyneuropathie als Überbegriff zu verstehen. Bei Neuropathien können nur einzelne Nerven geschädigt sein, in einem solchen Fall sprechen Ärzte auch von einer „Mononeuropathie“. Bei einer Mehrzahl betroffener Nerven ist der Begriff „Polyneuropathie“ zutreffend.

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Symptome

„Je nachdem, um welche Form der Neuropathie es sich handelt und welche Nerven angegriffen oder beschädigt sind, kommt es zu unterschiedlichen Ausfällen“, erklärt Internist Dr. med. Matthias Riedl gegenüber FITBOOK.

Empfindungsstörungen

Zu den wesentlichen Symptomen einer Polyneuropathie zählten demnach Empfindungsstörungen, besonders häufig im Bereich der Beine. Das bedeutet, dass Betroffene Berührungen, Kraft- und Temperatureinwirkungen anders (z. B. stärker oder schwächer) und mitunter gar nicht wahrnehmen. Somit können etwa leichte Berührungen Schmerzen auslösen, während dagegen Stöße kaum oder gar nicht spürbar sind. Weitere häufige Formen von Missempfindungen sind etwa ein Brennen und Kribbeln auf der Haut, auch bekannt als „Ameisenlaufen“.

Daneben seien auch Empfindlichkeitsstörungen der Genitalien und in den Füßen verbreitet. Es könne bei den Betroffenen unbemerkt zu einer diabetischen Fußulzera (= nicht verheilende Wunden am Fuß von Diabetikern) kommen – „schlimmstenfalls mit Fußverlust“, so Dr. Riedl.

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Lähmungserscheinungen

Weiterhin nennt der Experte die Möglichkeit von Lähmungserscheinungen, die eine Gangunsicherheit und Sturzneigung mit sich bringen können. Es seien auch Magendarmlähmungen und Herzrhythmusstörungen möglich. Häufig seien weiterhin Herz-Kreislauf-Beschwerden, Schwindelgefühle, Sehstörungen und mitunter Verdauungsstörungen (Verstopfung oder Durchfall).

Hautveränderungen

Laut Dr. Riedl leiden einige Betroffene an trockener Haut. Weiter können Symptome wie Haarausfall sowie verminderte Schweißproduktion auftreten. Auf der anderen Seite gibt es auch Polyneuropathie-Formen, für die starke Schweißausbrüche (vor allem nachts) typisch sind.

Formen von Polyneuropathie

Abhängig u. a. davon, an welchen Stellen die Beschwerden beginnen und wie die Erkrankung ihren Lauf nimmt, unterscheiden Ärzte zwischen drei wesentlichen Formen der Polyneuropathie.

Symmetrische Polyneuropathie

Bei dieser Form nehmen Betroffene die typischen Beschwerden vor allem in Ruhe (bspw. im Liegen oder Sitzen) wahr, und zwar zunächst im Bereich der Füße, bis die Erkrankung auch die Nerven der Beine und Hände befällt. „Symmetrisch“ steht dafür, dass die Nervenschädigungen beide Körperhälften betreffen. Häufig begleiten Koordinationsprobleme die Empfindungsstörungen. Das voranschreitende Erschlaffen und Schwinden der Muskeln kann mit der Zeit dazu führen, dass sich Betroffene zunehmend „wackelig auf den Beinen“ fühlen und schlimmstenfalls bald nicht mehr stabil stehen können.

Autonome Neuropathie

Die autonome Neuropathie zeichnet sich durch eine Schädigung der Nerven aus, die für autonome (= selbsttätige, nicht bewusst gesteuerte) körperliche Abläufe zuständig sind3. Hierzu zählen bspw. die Funktion des Herz-Kreislauf-Systems und der inneren Organe. Das heißt aber nicht, dass das somatische (auch: „willentliche“) Nervensystem, mit dessen Hilfe man bewusste Vorgänge steuert – etwa Arm- und Beinbewegungen – nicht auch betroffen sein kann.

Diese Form der Polyneuropathie kann sich auf vielfache Weise bemerkbar machen. Die Betroffenen leiden etwa an Sehstörungen und Schwindel. Manche können ihren Harndrang nicht kontrollieren und leiden an Erektionsstörungen. Typisch ist ein übermäßiger Blutdruckabfall beim Aufstehen. In der Folge fühlen sich Betroffene oft benommen oder fallen gar in Ohnmacht.

Rund die Hälfte der Erkrankten sind Diabetiker. Zu den Symptomen der autonomen Neuropathie zählt häufig, dass die typischen Anzeichen einer etwaigen Unterzuckerung ausbleiben. Das kann schnell zum Problem werden: Wird einem zu niedrigen Blutzuckerspiegel nicht entgegengewirkt (und z. B. etwas Süßes gegessen), kann der Zustand sich verschlimmern und zu u. a. Bewusstlosigkeit führen.

Fokale Neuropathien

Diese Erkrankungsform ist vor allem an ihrem schlagartigen und zumeist einseitigen Auftreten zu erkennen. Viele der Betroffenen erfahren starke Schmerzen in den Beinen, denen schwere Durchblutungsstörung der Nervengeflechte zugrunde liegen. Doch auch Beschwerden im Rumpf können Hinweise auf fokale Neuropathien liefern, ebenso im Bereich der Augen (Augenmuskellähmungen).

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Diagnostik von Neuropathien

Bei Verdacht auf (Poly-)Neuropathien ist ein Facharzt für Neurologie Ihr richtiger Ansprechpartner.

Anamnese

Um eine zuverlässige Diagnose stellen zu können, bedarf es zunächst eines Arztgesprächs. Dabei werden neben den Symptomen (wie und wo genau stellen diese sich dar, seit wann bestehen sie?) auch etwaige Vorerkrankungen sowie vermeintliche Risikofaktoren abgefragt.

Körperliche Tests

Im nächsten Schritt überprüft der Facharzt Reflexe, Reaktionszeit (auch bspw. der Pupillen auf Licht) und Vibrationsempfinden des Patienten. Erhärtet sich der Verdacht, werden weiterführende Untersuchungen und apparative Messungen zur Überprüfung der u. a. Nervenfunktionen, Nervenleitgeschwindigkeit und Muskelaktivität eingeleitet.

Nicht unüblich sind auch Bluttests. Können dabei Antikörper auf Rezeptoren für Acetylcholin festgestellt werden, liegt wahrscheinlich eine Autoimmunreaktion vor. Dies würde Rückschlüsse auf etwaige Auslöser und die konkrete Form der Neuropathie zulassen. Acetylcholin ist ein wichtiger Neurotransmitter.

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Mögliche Ursachen einer Polyneuropathie

Neuropathien entstehen nur selten aufgrund erblicher Vorbelastungen. Die Ursachen bleiben in einigen Fällen unklar, zumeist sind es jedoch bestimmte Vorerkrankungen bzw. Nebenwirkungen der diese begleitenden Therapien.

Vorerkrankungen

Diabetes mellitus spielt in vielen Fällen eine wesentliche Rolle für die Entstehung einer Polyneuropathie. Daneben machen ein Viertel der Betroffenen Autoimmunerkrankte (insbesondere Rheumatiker) aus.

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Chronischer Alkoholmissbrauch

Alkoholmissbrauch gilt als wesentlicher Risikofaktor. Theoretisch könne jeder regelmäßige Konsum zu einer Polyneuropathie führen, so Dr. Riedl. „Je nach Empfindlichkeit wären ein bis zwei Gläser täglich schon zu viel.“

Behandlung

Polyneuropathie ist nicht heilbar und bestehende Nervenschädigungen lassen sich nicht rückgängig machen. Bei der Behandlung geht es deshalb vor allem darum, die Beschwerden zu lindern bzw. ein Fortschreiten der Erkrankung bestmöglich zu verhindern.

Symptomatische und ursächliche Behandlung

Es gibt kein Medikament, das gezielt gegen Neuropathien wirkt. Bei einer symptomatischen Therapie kommen vor allem Schmerzmittel und/oder Krampflöser zum Einsatz. Ist die Ursache bekannt, kann die Therapie auch hier ansetzen. Dies würde bedeuten, dass etwa Alkoholiker ihren Konsum einstellen und Diabetiker konsequent ihren Blutzuckerspiegel kontrollieren müssen.

Physiotherapie

Der Physiotherapeut kann dabei helfen, die typischen Schmerzen aufgrund von Neuropathien zu lindern. Es empfehlen sich etwa manuelle Therapien oder Krankengymnastik im Bewegungsbad. Daneben werden auch mit der sogenannten Propriozeptive Neuromuskulären Fazilitation (kurz: PNF), bei der das Zusammenspiel von Nerven, Muskeln und Rezeptoren trainiert wird, oft Behandlungserfolge erzielt.

Prominente Betroffene

Von Polyneuropathie hat man in der jüngeren Vergangenheit häufiger in der Boulevard-Presse gelesen. Neben Schlagerstar Jürgen Drews, der aufgrund der Erkrankung seine Karriere beendet hat, leidet nach BILD-Informationen auch Branchenkollege Ralph Siegel an der Nervenerkrankung.

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Quellen

Themen Krankheiten Krankheiten A bis Z Polyneuropathie
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