1. Februar 2025, 9:01 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Eingeschränkte Bewegungsfähigkeit, Zittern – Parkinson vermindert die Lebensqualität von Betroffenen oft enorm. Doch wie so häufig kann Sport helfen. Forscher konnten in einer Studie nun belegen, welche Trainingsmethode offenbar am besten geeignet ist, um die Krankheitssymptome zu mindern – und warum.
Regelmäßige Bewegung hält fit und gesund. Doch auch, wenn man bereits an einer Krankheit leidet, kann Sport helfen, die Lebensqualität möglichst lange zu erhalten. Parkinson belastet Betroffene häufig stark und schränkt sie im Alltag ein. Allein in Deutschland sind laut Krankenkassendaten 400.000 Menschen daran erkrankt.1 Parkinson erlangte Aufmerksamkeit insbesondere durch berühmte Patienten wie Box-Legende Muhammad Ali oder Schauspieler Michael J. Fox. Die Krankheit greift das Gehirn an und zeichnet sich durch Symptome wie eingeschränkter Motorik und Zittern aus. Doch Forscher fanden heraus, dass bestimmte Formen von Training bei Parkinson hoffnungsvolle Veränderungen im Gehirn hervorrufen.
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Übersicht
Studie vergleicht Trainingsmethoden bei Parkinson
Bereits eine frühere Untersuchung aus den USA sowie erste Ergebnisse der niederländischen „Park-in-Shape“-Langzeitstudie konnten Anzeichen dafür liefern, dass ein spezielles Training bei Parkinson helfen kann: Ausdauersport.2,3 Doch wie genau wirkt diese Trainingsmethode im Körper? Das wollten die Forscher der niederländischen Studie genauer herausfinden. Dafür untersuchten sie bei ihren Probanden funktionelle und strukturelle Gehirnveränderungen.
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Wie lief die Untersuchung ab?
Die Forscher rekrutierten insgesamt 56 Parkinson-Patienten, die im Rahmen der „Park-in-Shape“-Studie entweder der Ausdauer-Gruppe oder der Kontrollgruppe zugeteilt worden waren. 25 Personen absolvierten ein sechsmonatiges Ausdauer-Programm. Sie trainierten dreimal wöchentlich 30 bis 40 Minuten auf einem stationären Fahrrad zu Hause. Die 31 Personen der Kontrollgruppe machten dreimal pro Woche 30 Minuten lang Dehnungs-, Flexibilitäts- und Entspannungsübungen.
Um herauszufinden, warum sich Ausdauersport als Training bei Parkinson gut eignet, beobachteten die Forscher, wie er auf das Gehirn der Betroffenen wirkt. Es zeigte sich, dass das Fahrradfahren sowohl jene Hirnregionen stärkte und deren Funktionen verbesserte, die mit Motorik in Verbindung stehen, als auch solche, die für kognitive Fähigkeiten verantwortlich sind.4
Die positive Wirkung von Ausdauertraining bei Parkinson
Einfluss auf Motorik
Bei den Probanden, die das Ausdauertraining absolviert hatten, konnten die Wissenschaftler positive Veränderungen im kortiko-striatalen sensomotorischen Netzwerk im Gehirn feststellen. Dieses ist an der Entstehung von motorischen Defiziten bei der Parkinson-Krankheit beteiligt. Während das aerobe Training die Gesundheit der Studienteilnehmer zu fördern schien, zeigte sich bei der Kontrollgruppe der gegenteilige Effekt. Die motorischen Symptome verschlechterten sich sogar. Daher schließen die Forscher aus ihren Ergebnissen, dass Ausdauertraining Gehirnprozesse verstärkt, die sich stabilisierend auf die Motorik auswirken.
Verbesserung der kognitiven Fähigkeiten
Darüber hinaus ergab die Untersuchung, dass das sechsmonatige Ausdauertraining auch die Verbindung von Gehirnnetzwerken stärkte, die für kognitive Funktionen verantwortlich sind. In der Folge verbesserte sich die kognitive Kontrolle bei den Probanden der Ausdauer-Gruppe. Bemerkenswert war zudem, dass sich der positive Effekt im Gehirn in dem Maß verstärkte, wie das Fitnesslevel der Parkinson-Patienten anstieg. Darüber hinaus schrumpfte das Gehirn der Patienten, die am aeroben Training teilnahmen, im Vergleich zu den Patienten der Kontrollgruppe deutlich weniger.
Studie mit hochintensivem Intervalltraining (HIIT)
Eine weitere Studie der Yale-Universität untersuchte gezielt, ob hochintensives aerobes Training direkte Auswirkungen auf die Dopamin-produzierenden Neuronen im Gehirn hat.5 Die Forscher wollten herausfinden, ob sich durch regelmäßige intensive körperliche Aktivität die Funktion und Struktur dieser Nervenzellen erhalten oder sogar verbessern lässt.
Besonders im Fokus standen zwei Biomarker: Neuromelanin – ein Pigment, das in Dopamin-produzierenden Nervenzellen vorkommt und als Indikator für deren Gesundheit dient – sowie der Dopamin-Transporter (DAT), ein Protein, das für die Regulierung des Dopaminspiegels zuständig ist.
Sechsmonatiges Trainingsprogramm
Die Studie wurde als Pilotstudie mit zehn Teilnehmern durchgeführt, die erst seit maximal vier Jahren an Parkinson erkrankt waren. Der Fokus lag auf dieser frühen Krankheitsphase, da hier noch ein größerer Anteil an Dopamin-produzierenden Nervenzellen vorhanden ist.
Zu Beginn der Studie durchliefen die Teilnehmer eine zweiwöchige Eingewöhnungsphase, um sicherzustellen, dass sie das intensive Training bewältigen konnten. Anschließend wurden erste Gehirnscans durchgeführt:
- Eine MRT-Untersuchung zur Messung der Neuromelanin-Konzentration in der Substantia nigra
- Eine PET-Untersuchung zur Bestimmung der Dopamin-Transporter-Dichte (DAT)
Nach diesen Ausgangsmessungen absolvierten die Teilnehmer über sechs Monate hinweg ein strukturiertes hochintensives Trainingsprogramm. Sie trainierten dreimal pro Woche in der Online-Version des „Beat Parkinson’s Today“-Programms. Diese Workouts bestanden aus hochintensiven funktionellen Intervallen (High Intensity Functional Intervals, HIFI), die darauf ausgerichtet waren, die Herzfrequenz konstant bei 80–85 % des altersentsprechenden Maximalwerts zu halten.
Nach sechs Monaten wurden die Gehirnscans wiederholt, um Veränderungen in der Neuromelanin- und DAT-Konzentration zu analysieren.
HIIT schwächt Parkinson-Symptome ab
Die Ergebnisse waren bemerkenswert: Statt eines erwarteten Rückgangs der Dopamin-Neuronen-Marker zeigten die Gehirnscans eine signifikante Zunahme von Neuromelanin und DAT in der Gehirnregion Substantia nigra:
- Bei neun von zehn Teilnehmern war der DAT-Wert nach sechs Monaten höher als zu Studienbeginn.
- Auch die Neuromelanin-Konzentration nahm zu, was darauf hindeutet, dass die Dopamin-produzierenden Neuronen nicht nur erhalten blieben, sondern sich in ihrer Funktion verbesserten.
Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass hochintensives Training eine direkte biologische Wirkung auf das Gehirn von Parkinson-Patienten haben könnte – ein bislang unbekannter Mechanismus.
Bedeutung und Einordnung der Studie
Sollten sich die Ergebnisse in größeren Studien bestätigen, könnte hochintensives Training ein echter Gamechanger in der Parkinson-Therapie sein. Bisherige Behandlungen lindern nur Symptome, beeinflussen aber nicht den Krankheitsverlauf. Diese Studie liefert erste Hinweise darauf, dass körperliche Aktivität möglicherweise sogar eine regenerative Wirkung auf Dopamin-produzierende Neuronen hat.
Für Betroffene könnte dies bedeuten, dass regelmäßiges, intensives Training als Teil der Therapie verordnet werden sollte – ähnlich wie Medikamente. Schon jetzt gibt es spezielle Trainingsprogramme für Parkinson-Patienten, doch die Bedeutung könnte noch weit über die symptomatische Linderung hinausgehen.
Obwohl die Ergebnisse vielversprechend sind, gibt es einige Einschränkungen, die beachtet werden müssen:
- Kleine Teilnehmerzahl: Mit nur zehn Patienten ist die Studie sehr klein, was die Aussagekraft einschränkt.
- Kein Kontrollarm: Es gab keine Vergleichsgruppe, die beispielsweise eine weniger intensive Form des Trainings oder gar keine Bewegungstherapie erhalten hat.
- Kurzfristige Beobachtung: Die Studie lief über sechs Monate – es bleibt unklar, ob die beobachteten Effekte langfristig anhalten.
- Mechanismus nicht vollständig geklärt: Die genauen biologischen Prozesse hinter der beobachteten Verbesserung sind noch nicht ausreichend erforscht.

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Fazit
Beide Studien zeigen, dass Parkinson-Patienten von körperlicher Aktivität durchaus profitieren können. Ob nun Ausdauersport oder doch lieber HIIT – Betroffene sollten eine Trainingsform wählen, die mit ihrer Krankheit machbar ist und auch Spaß bereitet. Denn nur so gewährleistet man, auch lange am Ball zu bleiben.