19. Januar 2025, 8:31 Uhr | Lesezeit: 9 Minuten
Explosionsartiges Erbrechen, wässriger Durchfall, total erschlagen – gerade in den Monaten November bis Februar hat das Norovirus, der sogenannte „Winter-Brechdurchfall“, Hochsaison. 2024 verzeichnete das Robert Koch-Institut fast 80.000 Fälle. FITBOOK erklärt, wie es zur Infektion kommt, wie Eltern Symptome richtig deuten und was dann zu tun ist.
Gerade mal 20 Viruspartikel reichen und man hängt über der Schüssel. Das Norovirus ist ein winziger, aber ziemlich aggressiver Krankheitserreger, der weltweit zu den häufigsten Auslösern von Magen-Darm-Infektionen zählt. Vor allem Kinder sind von dem fiesen Erreger oft betroffen.1,2,3 FITBOOK trägt alles Wissenswerte über die Erkrankung zusammen.
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Übersicht
Was ist das Norovirus?
Das Norovirus ist ein hochansteckendes Virus, das zu heftigen Durchfällen und Erbrechen führt. Genauer gesagt: Es ist sehr wandlungsfähig, deswegen kann man mehrmals an einer Norovirus-Infektion erkranken.4 Die häufigste Übertragungsart von Noroviren ist die Schmierinfektion: Schon kleinste Spuren von Stuhl oder Erbrochenem von Erkrankten reichen aus, um die Erreger zu verbreiten – meist von der Hand direkt in den Mund. Auch über die Luft ist eine Ansteckung möglich: Beim Erbrechen entstehen winzige, infektiöse Tröpfchen (Aerosole), die in der Luft schweben.5 Weil es so leicht übertragbar ist, verbreiten sich Norovirus-Infektionen meist rasant, vor allem in Gemeinschaftseinrichtungen wie Schulen oder Kindergärten, wo sich ständig viele Menschen befinden.6 Eine von fünf Durchfallerkrankungen weltweit stammt von einer Norovirus-Infektion. Eine Impfung gibt es allerdings noch nicht.7
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Wie erkennt man eine Norovirus-Infektion bei Kindern?
Wenn das Norovirus zuschlägt, geht alles ganz schnell. Es dauert zwischen sechs Stunden und zwei Tagen, dann geht es los.8 Typische Symptome sind:
- Plötzliches, heftiges Erbrechen (oft schwallartig)
- Starker, wässriger Durchfall
- Bauchkrämpfe
- Übelkeit
- Fieber
- Abgeschlagenheit, Schwächegefühl
So schnell wie der Virus kam, verschwindet er aber auch wieder. So klingen in der Regel die Symptome nach ein bis zwei Tagen wieder ab.
Warum ist das Norovirus für Kinder gefährlich?
Noroviren sind für Kinder vor allem deshalb so problematisch, weil der Körper durch die ständigen Durchfälle und das häufige Erbrechen sehr viel Wasser verliert. Dadurch kann der Körper sehr schnell dehydrieren, das heißt, mit Wasser unterversorgt sein. Bei Kindern geht das Austrocknen besonders schnell. Außerdem kann das Gleichgewicht von Wasser und bestimmten Mineralstoffen (sogenannten „Elektrolyten“ wie Kalium, Natrium oder Magnesium) im Körper gestört werden.9 Das kann wiederum Herzrhythmus-Störungen, Muskelkrämpfen und Verwirrtheit zur Folge haben.10 Dazu kommt, dass das Immunsystem bei Kindern oft noch nicht so stark ausgebildet ist, um eine Infektion schnell abzuwehren. Deshalb ist es besonders wichtig, dass Eltern auf Warnzeichen achten, die auf eine Dehydrierung hinweisen. Dazu gehören trockene Lippen, wenig oder kein Urin, tief liegende Augen oder eine auffällige Schlappheit. Bei Babys können auch ein eingefallener Bauch und eine schlaffe Haut Hinweise sein, dass Flüssigkeit fehlt.
Welche Maßnahmen sollten Eltern bei einer Norovirus-Infektion ergreifen?
Weil das Norovirus sehr ansteckend ist, heißt es zuerst: die anderen schützen! Damit sind vor allem Familienmitglieder, Schulfreunde und Spielkameraden gemeint, um weitere Fälle zu vermeiden. Das kranke Kind sollte daher erst mal etwas Zeit für sich bekommen, ohne Besuch. Wer nicht am Gesundpflegen beteiligt ist, sollte vorerst lieber Abstand halten. Für diejenigen, die das kranke Kind pflegen gilt, Hände nach jedem Kontakt gründlich zu waschen und zu desinfizieren. Zusätzlich sollte man darauf achten, dass das kranke Kind immer eigenes Geschirr, Besteck und Handtuch benutzt. Bettwäsche und Handtücher sollte man des Weiteren häufig wechseln und bei mindestens 60 Grad in der Maschine waschen. Alle Spuren von Durchfall oder Erbrochenem (z. B. in der Toilette) müssen sofort beseitigt werden – denn gerade diese sind sehr ansteckend! Wenn möglich, sollten die anderen Familienmitglieder eine andere Toilette benutzen als das erkrankte Kind.
Dazu sollte man die Symptome genau beobachten. Normalerweise klingt eine Norovirus-Infektion nach etwa zwei Tagen ab. Ziehen sich Durchfälle länger hin oder steigt das Fieber, sollte man einen Kinderarzt zu Rate ziehen. Kinder unter fünf Jahren sollten gut beobachtet werden – sie reagieren bei einer Erkrankung besonders empfindlich. Bei Babys kann bei starkem Durchfall die empfindliche Haut im Windelbereich gereizt werden. Zinkhaltige Cremes können dabei unterstützen.11
Wann sollte man bei einer Norovirus-Infektion zum Arzt?
Ein Arztbesuch ist notwendig, wenn:
- Die Symptome länger als 48 Stunden anhalten.
- Das Kind deutliche Anzeichen von Dehydrierung zeigt, wie eingefallene Augen oder kaum noch Urin kommt.
- Blut im Stuhl oder Erbrechen auftritt.
- Das Kind extrem schlapp oder kaum ansprechbar ist.
- Zusätzlich Fieber auftritt, das sich nicht senken lässt.
- Das Kind trotz Flüssigkeitszufuhr weiterhin stark erbricht.
Der Arzt wird dann den Zustand des Kindes genau einschätzen und bei Bedarf eine Infusion einleiten, um den Flüssigkeitshaushalt wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Bei schwereren Verläufen kann ein Krankenhausaufenthalt notwendig sein.12
Wie wird das Norovirus bei Kindern behandelt?
Eine spezielle Heilung für das Norovirus gibt es leider nicht – der Körper muss den Erreger selbst bekämpfen. Die Behandlung konzentriert sich daher darauf, die Symptome zu lindern.
- Trinken, trinken, trinken! Gerade bei Kindern ist die Flüssigkeitszufuhr das A und O. Gut geeignet sind Wasser (ohne Kohlensäure), Früchte- oder Kräutertees (je nach Geschmacksvorliebe, kann auch mit etwas Traubenzucker gesüßt werden), stark verdünnter Fruchtsaft oder Schwarztee und Gemüse- oder Hühnerbrühe.13 Es gibt auch spezielle Elektrolytlösungen (für Kinder) aus der Apotheke, die dabei helfen, den Verlust von Wasser und Mineralien auszugleichen. Keine Sorge, wenn das Kind nicht sofort große Mengen trinken will – Geduld ist gefragt. Getränke mit Kohlensäure oder Koffein, Sportgetränke und Fruchtsäfte sind nicht geeignet.
- Schonung: Bettruhe und allgemein viel Ruhe helfen dem Körper, sich zu erholen.
- Symptombekämpfung: Medikamente gegen Übelkeit, Durchfall oder Fieber können eingenommen werden, allerdings nur in Absprache mit dem Arzt.
Wichtig: Antibiotika sind wirkungslos, da Noroviren keine Bakterien, sondern Viren sind. Und: Bis zu zwei Wochen nach Abklingen der Symptome finden sich noch infektiöse Viren im Stuhl.14
Welche präventiven Maßnahmen schützen Kinder vor einer Norovirus-Infektion?
Noroviren kommen in der Regel über drei verschiedene Wege in unseren Körper: Schmierinfektionen (Kontakt zu infektiösem Stuhl oder Erbrochenem), verunreinigte Gegenstände (Spielzeug, Handys, Türgriffe, Badarmaturen) oder rohe Lebensmittel (Salat, tiefgekühlte Beeren und Meeresfrüchte). Deswegen ist eine gute, konsequente Hygiene der beste Schutz gegen das Virus:
- Händewaschen: Gründliches Waschen der Hände mit Seife (nicht nur mal eben kaltes Wasser drüberlaufen lassen) besonders nach dem Toilettengang, vor dem Essen und nach Kontakt mit Kranken.15
- Lebensmittelhygiene: Obst und Gemüse sollten immer gut gewaschen werden. Meeresfrüchte müssen ausreichend erhitzt werden, da das Virus hitzeempfindlich ist.
- Kontakt vermeiden: Wer krank ist, sollte mindestens 48 Stunden nach Abklingen der Symptome keinen Kontakt zu anderen haben – auch wenn man sich schon besser fühlt
- Hygiene im Haushalt: Regelmäßiges Reinigen von häufig berührten Flächen und Spielzeug
- Wäsche richtig waschen: Kleidung und Bettwäsche von Erkrankten sollten bei hohen Temperaturen (mindestens 60 Grad Celsius) gewaschen werden.
Was tun bei Ausbrüchen in Kindergärten oder Schulen?
Wenn das Norovirus in Gemeinschaftseinrichtungen umgeht, ist eine schnelle Reaktion gefragt. Kranke Kinder müssen sofort nach Hause geschickt werden, um die Verbreitung zu stoppen. Eine Norovirus-Infektion ist meldepflichtig, also wird sich im Fall eines Ausbruchs im Kindergarten oder in der Schule auch das örtliche Gesundheitsamt einschalten. Erkrankte Kinder unter sechs Jahren dürfen nicht in den Kindergarten oder in die Schule. In der Regel kann die Einrichtung erst zwei Tage nach Abklingen der Beschwerden wieder besucht werden. Den genauen Zeitpunkt bestimmt das zuständige Gesundheitsamt.
Danach kommt das große Reinemachen: Alles – von Spielzeugen bis zu Toiletten – sollte gründlich desinfiziert werden. Gegebenenfalls kann man dafür auch eine Spezialfirma hinzuziehen.
Kann das Norovirus bei Kindern Langzeitfolgen verursachen?
Glücklicherweise hinterlässt eine Norovirus-Infektion in der Regel keine dauerhaften Schäden. Allerdings können Spätfolgen nicht komplett ausgeschlossen werden. Studien zeigen, dass Menschen, die eine Infektion durchgemacht haben, in den folgenden Jahren ein höheres Risiko für bestimmte Magen-Darm-Beschwerden aufzeigten als solche, die noch nie am Norovirus erkrankt sind:
- Die meist mit Sodbrennen einhergehende sogenannte gastroösophageale Refluxkrankheit (GERD)
- Verstopfung
- unspezifische Oberbauchschmerzen, auch Dyspepsie genannt
- Reizdarm-Syndrom
Warum das passiert, ist noch nicht genau erforscht. Es könnte sein, dass Noroviren die Schutzfunktion der Magen- und Darmschleimhaut beeinträchtigen. Dadurch könnte das Immunsystem durcheinandergeraten und plötzlich harmlose Stoffe angreifen. Um das alles zu verstehen, sind aber noch mehr Studien nötig.16
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Wie ernährt man Kinder nach einer Norovirus-Infektion?
Grundsätzlich gilt: Der Appetit zählt! Denn nach einer Norovirus-Infektion muss der Körper wieder Energie tanken. Allerdings darf man es nicht übertreiben, denn nach einer derartigen Erkrankung einer ist der Magen-Darm-Trakt von Kindern oft empfindlich. Statt großer Mahlzeiten sollten Eltern darauf achten, ihrem Kind lieber mehrere kleine Portionen über den Tag verteilt anzubieten, um den Magen nicht zu überfordern. Auch das viele Trinken sollte erst mal beibehalten werden. Bei der Ernährung ist eine sogenannte Schonkost für ein drei bis fünf Tage empfehlenswert:
Gut verträglich:
- Salzstangen und Laugenbrezeln sind gut für den Natrium-Haushalt.
- Zwieback, Knäckebrot und Reiswaffeln sind knusprig, aber dennoch sanft zum Magen.
- Gekochte Haferflocken sind mild und wirken beruhigend. Sie enthalten Schleimstoffe, die der Magenschleimhaut bei der Regeneration helfen.
- Zerdrückte Bananen sind süß und dennoch schonend. Außerdem enthalten sie viel Kalium.
- Möhrenbrei oder anderes gekochtes Gemüse ist einfach, aber nährstoffreich.
- Gekochtes Geflügelfleisch ist fettarm und leicht zu verdauen.
Nicht geeignet:
- Fettreiche Speisen wie gegrilltes Fleisch, Wurst oder Frittiertes.
- Frisches Vollkornbrot oder warmes Brot, da es schwer verdaulich ist und bläht.
- Hülsenfrüchte, da sie ebenfalls schwer verdaulich sind.
- Kakao/Schokolade
- Milchprodukte, Käse, Ei
- Süßes, wie Kuchen, Kekse, Eis, unverdünnte Fruchtsäfte und Softdrinks sollte man vermeiden, da die Extraportion Zucker den Darm stresst.
- Das gilt auch für Cola. Das Märchen, dass Cola hilft, hält sich hartnäckig – ist jedoch Quatsch. Der Zucker belastet den Magen-Darm-Trakt zusätzlich.