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Studienlage

Zusammenhang zwischen niedrigem Fitnesslevel und Depressionsrisiko

Fitnesslevel und das Risiko für eine Depression – Studien zeigen die Zusammenhänge auf
Jeder Fünfte in Deutschland bekommt einmal eine Depression. Eine schlechte Fitness erhöht das Risiko – wie fit muss man sein, um das Risiko möglichst niedrig zu halten? Foto: Getty Images
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FITBOOK Redaktion

9. Januar 2025, 4:36 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten

Depression ist eine Volkskrankheit. Was die Diagnose schwer macht: Die psychische Erkrankung äußert sich bei Männern mit anderen Symptomen als bei Frauen und viele Betroffene gehen erst spät zum Arzt, besonders Männer. Genauso wichtig wie die Behandlung, ist es, vorbeugende Maßnahmen zu kennen. Für beides kann körperliche Aktivität eine Schlüsselrolle spielen. Wie fit muss man sein, um ein möglichst geringes Depressionsrisiko zu haben? Was bewirkt eine Stunde Sport in der Woche? Studien geben Antworten.

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Die Beziehung zwischen der körperlichen Fitness einer Person und deren psychischer Gesundheit ist lange bekannt. Einerseits führen Ausdauer- und Krafttraining nachweislich zu einer Steigerung des Wohlbefindens. Stichwort: Endorphine und die davon ausgehende antiderpressive Wirkung von Sport – andersherum liefert die Wissenschaft die Erkenntnis, dass Personen mit niedrigem Fitnesslevel ein höheres Risiko haben, irgendwann im Leben an einer Depression zu erkranken. Woran macht man ein niedriges Fitnessniveau genau fest? Und wie schweißtreibend sollte der Sport sein, damit er effektiv vor der Volkskrankheit schützt? FITBOOK hat sich entsprechende Studien angesehen.

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Personen, die keinen Sport treiben, entwickeln besonders häufig eine Depression

Eine der größten Studien, die zeigt, dass Sport depressiven Störungen vorbeugen kann, stammt aus der Feder von Samuel Harvey und Stephani Hatch sowie weiteren Wissenschaftlern der University of New South Wales in Sydney. Über 11 Jahre hinweg hatten sie 33.000 Erwachsenen Norwegern (die für eine norwegische Gesundheitsstudie registriert waren) immer wieder diese Fragen gestellt:

Wie viele Stunden pro Woche waren Sie körperlich aktiv? Wie Intensiv war diese Aktivität? Gibt es auch andere Arten von Bewegung, etwa Spaziergänge? Depressionen und Angststörungen erfassten die Wissenschaftler im Untersuchungszeitraum anhand von Screening-Instrumenten wie der Hospital Anxiety and Depression Scale (HADS). Nach elf Jahren wurden bei rund 1.500 Studienteilnehmern Symptome einer depressiven Störung erkannt. Besonders stark betroffen waren jene Personen, die angaben, gar nicht regelmäßig Sport zu treiben. Sie hatten ein 44 Prozent höheres Risiko, später an einer Depression zu erkranken, als Personen, die ein bis zwei Stunden aktiv waren.

Wie intensiv und wie lange muss man trainieren für ein niedriges Depressionsrisiko?

Die Studie, die 2017 im „American Journal of Psychiatry“ veröffentlicht wurde, brachte aber auch ermutigende Erkenntnisse. Man muss keine ultra anstrengenden HIIT-Sporteinheiten absolvieren, um sich vor Depressionen zu schützen. Auch weniger schweißtreibende Aktivitäten wie Radfahren, Gehen oder Schwimmen wirken präventiv. Ein signifikant reduziertes Depressionsrisiko zeigte sich bereits ab einer Stunde Training pro Woche. Keine präventive Wirkung hatte die Bewegung auf das Risiko von Personen, eine Angststörung zu entwickeln.1

Je mehr Sport, desto geringer das Depressionsrisiko? Nein!

Auch diese Erkenntnis aus der Studie ist vielleicht einmal wichtig zu erwähnen: Viel hilft nicht viel! .

Auch interessant: Wie viele Minuten Muskeltraining pro Woche senken das Sterberisiko?

Studie ermittelte Risiko für Depression mittels Fitnesslevel und Muskelkraft

Um ebendiesen Zusammenhang zwischen Fitness und Depressionsrisiko ging es auch Aaron Kandola vom University College London und Team. Anders als bei der bereits erwähnten Studie verließ er sich für die Untersuchung jedoch nicht auf Selbstauskünfte der Teilnehmer, was ihr körperliches Aktivitätsniveau betraf. Beteiligt waren auch Forscher des King’s College London und der Harvard University. Die Studie wurde 2020 im „BMC Medicine“ veröffentlicht.2

Das Fitnesslevel der Studienteilnehmer (152.978 aus der UK Biobank zwischen 40 und 69 Jahren) ermittelten sie zum Studienbeginn und nach sieben Jahren mittels eine Belastungstests mithilfe eines Heimtrainers mit zunehmendem Widerstand. Die Muskelkraft maßen sie mit einem Griffkraft-Test.

Die Messung der Griffkraft (Handkraft) einer Person ist eine sehr einfacher Test zur Prüfung der individuellen Fitness. Überdies kann fehlende Griffkraft, mitunter auch erkennbar an einem schlaffen Händedruck, auf ein erhöhtes Diabetes-Risiko hinweisen. Ab einer gewissen Griffkraft sinkt zudem das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlaganfall, koronare Herzkrankheit und sogar Krebs (FITBOOK berichtete). Die psychische Gesundheit erfassten die Forscher anhand von Skalen, die Depressivität über bestimmte Fragen erfassen. Faktoren, die das Ergebnis der Studie verzerren können (etwa der sozioökonomische Status oder chronische Erkrankungen) wurden berücksichtigt.

Haupterkenntnis der Studie: Niedriges Fitnesslevel verdoppelt Risiko für Depression

Die Wahrscheinlichkeit, an einer Depression zu erkranken, ist bei Personen mit schlechter Ausdauer und wenig Kraft (also niedrigen Werten sowohl im Belastungs- als auch Griffkraft-Test) mit 98 Prozent fast doppelt so hoch. Auch die Wahrscheinlichkeit einer Angststörung war bei diesen Personen um 60 Prozent erhöht. Und um 81 Prozent höher lag das Risiko für eine der gängigen psychischen Störungen. Andersherum waren hohe Werte bei der aeroben (Ausdauer) und muskulären Fitness (Kraft) zu Beginn der Studie mit einer besseren psychischen Gesundheit sieben Jahre später verbunden.

Schaut man sich nur Ergebnisse des Heimtrainter-Tests an, war eine niedrige Fitness mit einer 48,5 Prozent höheren Wahrscheinlichkeit für Depressionen oder Angststörungen verbunden im Vergleich zu hoher Fitness. bei mittlerer Fitness war das Risiko auch erhöht, aber nicht so stark. Bei der Griffkraft ergab die Untersuchung: Eine niedrige Griffstärke korreliert mit einer um 38,1 Prozent höheren Wahrscheinlichkeit für psychische Erkrankungen im Vergleich zu hoher Griffkraft. Mittlere Griffstärke zeigte ein moderat erhöhtes Risiko.

Sowohl die Ausdauer – um damit die Fähigkeit der Atmung und des Blutkreislaufs, den Körper mit Sauerstoff zu versorgen – als auch die Griffkraft sind bedeutende Vorhersagevariablen hinsichtlich der Frage, ob eine Person irgendwann eine Depression oder Angststörung entwickeln wird.

„Unsere Ergebnisse legen nahe, dass es weitreichende gesundheitliche Vorteile für die Bevölkerung haben könnte, wenn man die Menschen zu mehr Bewegung ermutigt. Es verbessert nicht nur unsere körperliche, sondern auch unsere geistige Gesundheit. Die Verbesserung der Fitness durch eine Kombination aus Cardio-Training und Kraft- und Widerstandstraining scheint vorteilhafter zu sein, als sich nur auf aerobe oder muskuläre Fitness zu konzentrieren“, sagte Hauptautor Aaron Kandola.3

Auch interessant: Depression – Symptome, mögliche Ursachen, Ausprägungen und Behandlung 

Auch Anzahl der Schritte pro Tag wirkt sich auf psychische Gesundheit aus

Täglich in ausreichendem Maße spazieren zu gehen, soll übrigens ebenfalls vor psychischen Erkrankungen schützen. Aber wie weit muss man dafür gehen? Um es herauszufinden, analysierte die Forscherin Estela Jiménez-López Fitnesstracker-Datenvon rund 96.000 erwachsenen Frauen und Männern. Mit jeden zusätzlich zurückgelegten 1000 Schritten am Tag sank das Risiko, an Depressionen zu erkranken, um 9 Prozent. Waren es bereits 7000 Schritte am Tag, verringerte sich das Depressionsrisiko um 31 Prozent. Diejenigen Probanden wiederum, die mehr als 7500 Schritte am Tag gingen, wiesen eine um gar 43 Prozent reduzierte Erkrankungswahrscheinlichkeit auf (FITBOOK berichtete).

Weitere Studien unterstreichen die Bedeutung von körperlicher Aktivität als ergänzende Maßnahme in der Depressionsbehandlung. Ein Team um Jacob Meyer von der Iowa State University etwa fand heraus, dass bereits 30 Minuten moderate körperlicher Aktivität zu einer signifikanten Verringerung der depressiven Symptome führen können. Der Effekt hielt bis zu 75 Minuten nach dem Training an.4

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Fazit

Depressionen gehören zu den häufigsten und hinsichtlich ihrer Schwere am meisten unterschätzten Erkrankungen. Laut der Deutschen Depressionshilfe ist auf die Lebensspanne betrachtet etwa jeder fünfte bis sechste Erwachsene einmal von einer Depression betroffen.5 Eine Depression kann man natürlich meist nicht auf eine einzige Ursache – etwa mangelnde Bewegung – zurückführen. Sie entwickelt sich eher aus dem Zusammenspiel unterschiedlicher Faktoren und hat meist psychosoziale sowie neurobiologische Ursachen. Die Studien oben zeigen: Regelmäßige körperlicher Aktivität kann das Risiko senken. Raffen Sie sich nur eine Stunde pro Woche auf, tun Sie nicht nur ihrem körperlichen Befinden Gutes, sondern auch ihrer psychischen Gesundheit. Am besten ist es demnach für die psychische Gesundheit, wenn man sportlich nicht nur auf ein Pferd setzt – sondern sowohl seine Ausdauer als auch die Muskelkraft trainiert.

Themen Depression Krankheiten A bis Z

Quellen

  1. Harvey S., Overland S., Hatch S. et al (2017): Exercise and the Prevention of Depression: Results of the HUNT Cohort Study. The American Journal of Psychiatry. ↩︎
  2. Kandola A., Osborn D., Hayes J. et al (2020): Individual and combined associations between cardiorespiratory fitness and grip strength with common mental disorders: a prospective cohort study in the UK Biobank. BMC Medicine. ↩︎
  3. University College London. Low fitness linked to higher depression and anxiety risk (2020, aufgerufen am 08.01.2025) ↩︎
  4. Mayer, J.D., Murray, T.A., Brower, C.S., et al. (2022) Magnitude, timing and duration of mood state and cognitive effects of acute moderate exercise in major depressive disorder. Psychology of Sport and Exercise ↩︎
  5. Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention: Häufigkeit. (aufgerufen am 08.01.2025) ↩︎
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