
5. Dezember 2024, 15:56 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Paracetamol gehört zu den bekanntesten rezeptfreien Schmerzmitteln. Erwachsene dürfen pro Tag bis zu acht Tabletten schlucken. Frei von Risiken ist dies jedoch nicht. Der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich Pharmakovigilanz (PRAC) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) lässt den Beipackzettel des Schmerzmittels um ein weiteres Risiko ergänzen.
Wenn der Kopf dröhnt, wird schnell mal eine Schmerztablette eingeworfen. Laut Packungsbeilage hilft Paracetamol immerhin bei leichten bis mäßig starken Schmerzen sowie Fieber. Die Liste der Nebenwirkungen von Paracetamol ist jedoch bemerkenswert kurz. Zudem fallen alle in die Kategorien „Selten“ oder„sehr selten“. Doch nun soll ein neu bekannt gewordenes Risiko in die Packungsbeilage aufgenommen werden – für wen das besonders relevant ist, lesen Sie im Folgenden.
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Übersicht
Welche Nebenwirkungen bekannt sind
Zu den bekannten Nebenwirkungen zählt zum einen ein leichter Anstieg bestimmter Leberenzyme (Serumtransaminasen). Diese ist „selten“, was bedeutet, dass sie bis zu 1 von 1.000 Behandelten betreffen kann.
Zum anderen gibt es „sehr seltene“ Nebenwirkungen von Paracetamol. Diese können lediglich bis zu 1 von 10.000 Behandelten betreffen. Dazu gehören:
- Allergische Reaktionen in Form von einfachem Hautausschlag oder Nesselausschlag bis zu einer Schockreaktion
- Bei empfindlichen Personen: Verengung der Atemwege
- Fälle von schweren Hautreaktionen
- Veränderungen des Blutbildes
Natürlich ist vor der Einnahme ein Gespräch mit dem Hausarzt oder Apotheker notwendig, da es Fälle gibt, die besondere Vorsicht walten lassen sollten. Dies ist bspw. bei einer vorgeschädigten Niere oder Alkoholabhängigkeit wichtig.1
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Was in der neuen Packungsbeilage stehen wird
Der PRAC hat beschlossen, die Produktinformationen aller Paracetamol-haltigen Arzneimittel anpassen zu lassen. Dies betrifft sowohl Einzel- als auch Kombipräparate. Denn es ist ein neues „unerwünschtes Ereignis“ durch die Einnahme von Paracetamol in therapeutischen Dosen über längere Zeit, aber auch bei Überdosierung bekannt geworden: die metabolische Azidose mit erweiterter Anionenlücke (HAGMA). Aus der Mitteilung der PRAC vom 28. bis 31. Oktober geht hervor, dass Herstellern ein Zeitfenster von zwei Monaten für die Anpassungen der Packungsbeilagen zugesichert wird.2

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Was ist HAGMA und welche Symptome gibt es?
Bei einer metabolischen Azidose handelt es sich um eine stoffwechselbedingte Übersäuerung des Blutes, der Elektrolythaushalt wird gestört.3 Zu den möglichen Symptomen gehören:
- Übelkeit
- Erbrechen
- Lethargie
- Hyperpnoe (lange, tiefe Atemzüge bei normaler Frequenz)
Genauer kommt es im Falle von Paracetamol zu HAGMA aufgrund einer Pyroglutaminsäure-(5-Oxoprolin)-Azidose. Häufiger kommt es bspw. dazu durch eine Alkoholvergiftung, der hier entdeckte Mechanismus sei bisher selten diagnostiziert worden. Tritt es auf, muss das Schmerzmittel sofort abgesetzt und der Patient beobachtet werden.
Risikofaktoren für eine metabolische Azidose
Bisher wurde diese Form von HAGMA in wenigen Fällen bei Patienten mit schweren Erkrankungen, wie schwerer Nierenfunktionsstörung und Sepsis, oder bei Patienten mit Mangelernährung oder anderen Ursachen für Glutathionmangel (z. B. chronischer Alkoholismus) entdeckt. Und zwar nur dann, wenn diese Paracetamol über einen längeren Zeitraum oder in Kombination mit dem Medikament Flucloxacillin einnahmen. Sprich, bei diesen Risikogruppen sollten behandelnde Mediziner besondere Vorsicht walten lassen.
Der Mechanismus dahinter
Das entscheidende Wort „Glutathionmangel“ ist bereits gefallen. Unsere Glutathionvorräte in der Leber wirken giftigen Stoffwechselprodukten des Paracetamols entgegen. Diese erschöpfen jedoch bei einer Überdosierung.
Außerdem verbraucht unser Stoffwechsel für den Abbau von Paracetamol Cystein, eine Aminosäure, die einen Baustein für Glutathion darstellt. Zudem hemmt das Medikament Flucloxacillin den Abbau der oben genannten Pyroglutaminsäure, die ursächlich für die metabolische Azidose ist.
Folglich lesen wir bald unter dem Punkt Nebenwirkungen im Beipackzettel: „Fälle von Blut- und Flüssigkeitsanomalien (metabolische Azidose mit hoher Anionenlücke), die bei einem Anstieg der Plasmasäure auftreten, wenn Flucloxacillin gleichzeitig mit Paracetamol verwendet wird, in der Regel bei Vorliegen von Risikofaktoren.“