17. Januar 2023, 16:59 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Bei einer Erkältung greifen viele zu abschwellenden Nasensprays. Das hilft zwar, kann aber auch fernab der Notwendigkeit schneller zur ungesunden Gewohnheit werden, als man denkt. Und dann? Ein HNO-Arzt erklärt, woran man eine Nasenspray-Sucht erkennt und wie man von den „befreienden“ Sprühstößen wieder loskommt.
„Man kennt die Gesichter“, verriet uns mal ein Apotheker. Die Zahl der Nasenspray-Süchtigen, die täglich bei ihm nach abschwellenden Nasensprays fragen, schätzt er auf etwa zehn Personen. „Die kommen rein und wollen ein bestimmtes Spray gegen verstopfte Nase.“ Da Nasensprays nicht verschreibungspflichtig sind, kann er die Abgabe zwar verweigern, wenn er den starken Verdacht von Missbrauch hegt – doch das Problem löst das natürlich nicht: Die nächste Apotheke liegt im Durchschnitt in Deutschland mit dem Pkw 7 Minuten entfernt. Es hilft also nur, Betroffene entsprechend zu sensibilisieren. Woran erkennt man, dass man süchtig nach Nasenspray ist? Und wie kommt man davon wieder los? Ein HNO-Arzt erklärt es.
Übersicht
Wie wirken Nasensprays?
Abschwellende Nasensprays wirken dadurch, dass der Wirkstoff Xylometazolin in der Nasenschleimhaut an den Rezeptoren andockt. Die Schleimhäute ziehen sich dann zusammen und ein erleichterndes Nase-frei-Gefühl stellt sich ein. Ein faszinierender Effekt – mit Nebenwirkungen.
Warum machen Nasensprays süchtig?
Denn die Schleimhäute in unserer Nase gewöhnen sich mit der Zeit an abschwellende Nasensprays, sie werden nicht mehr ausreichend durchblutet und dünn wie Pergamentpapier. Die Nase kann ihren Job dann nicht mehr gut machen – das Befeuchten, Erwärmen und Reinigen der Atemluft. Damit man gut Luft bekommt, braucht es dann immer mehr Sprühstöße – und das in immer kürzerer Zeit.
Ab wann ist es eine Nasenspray-Sucht?
„Wenn man dauerhaft über eine längere Zeit – zehn oder vierzehn Tage etwa – täglich abschwellende Nasensprays nimmt, dann ist man ziemlich sicher abhängig. Allerdings ist das nicht wirklich eine psychische Abhängigkeit oder Sucht, sondern eher Gewöhnung“, erklärt Bernhard Junge-Hülsing, HNO-Arzt aus Starnberg und Sprecher des Deutschen Bundesverbands der Hals-Nasen-Ohrenärzte. Manchmal würden die Leute es als angenehm empfinden, dass sie dank Nasenspray so supergut durch die Nase Luft bekommen. Obwohl das gar nicht notwendig sei: „Denn für die Lungenentfaltung etwa ist so ein kleiner Widerstand beim Atmen hilfreich.“
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Im schlimmsten Fall droht eine „Stinkenase“
Das Ende vom Lied kann eine Ozäna sein – auch „Stinkenase“ genannt. Dabei stirbt die Nasenschleimhaut ab. Bakterien siedeln sich an und das kann man dann riechen. Als Betroffener selbst – und auch das Umfeld. Was sich genau hinter der Erkrankung verbirgt und wie sich eine Ozäna behandeln lässt, das erklärt ein Experte in diesem Artikel von FITBOOK.
Simpler Trick, mit dem die meisten davon loskommen
Man sollte versuchen, auf ein Nasenspray mit geringerer Wirkstoff-Konzentration umzusteigen, rät Junge-Hülsing. „Also erst von Erwachsenen- auf Kinder-Nasenspray und dann auf Baby-Nasentropfen.“ Ein einfacher Trick, der gut funktioniere: „Man markiert – etwa bei Baby-Nasentropfen – den vollen und den halben Füllstand der Flasche. Ist das Fläschchen halb leer, füllt man es mit Wasser wieder auf. Und dann wieder.“ Folge: Man entwöhnt die Nasenschleimhäute, indem man den Wirkstoff, das Xylometazolin, immer weiter verdünnt.
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Weitere mögliche Ursachen für eine hartnäckige Sucht nach Nasenspray
Funktioniere das nicht, sollte man der Ursache für die Abhängigkeit nach Nasenspray nachgehen: zum Beispiel eine Allergie. „Wenn die Nase nachts immer zu ist, kann eine Hausstauballergie dahinterstecken. Denn die Milben fühlen sich in Betten besonders wohl, weil sie es dort feucht und warm haben und sich von unseren Hautschuppen ernähren.“ Es könne aber auch an einer Verbiegung der Nasenscheidewand liegen und man deshalb nur mit Nasenspray Luft bekommt. Die Nase wächst ein Leben lang…
Auch Polypen in der Nase können eine Ursache sein. Auch dafür gibt es andere Lösungen als Nasenspray. Wenn es mit der Entwöhnung also nicht klappt, sollte man zum HNO-Arzt gehen und herausfinden, ob es andere behandelbare Ursachen dafür gibt.