18. April 2024, 12:33 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Gerade jetzt in der Heuschnupfenzeit nutzen viele Menschen Nasenspülungen, um ihr Leiden zu lindern. Ein britischer Medizinprofessor warnt aktuell davor, eine Nasendusche mit Leitungswasser durchzuführen, was im schlimmsten Fall zum Tod führen könne. Wie kann das sein? FITBOOK-Autorin Friederike Ostermeye hat bei einem Hals-Nasen-Ohren-Arzt nachgefragt.
Ob eine Allergie oder ein hartnäckiger Schnupfen – eine Nasenspülung wirkt abschwellend, befreiend und damit wohltuend. Denn sie hilft, Keime, Mikroben, Schleim und andere Fremdstoffe loszuwerden. Für Prof. Adam Taylor, der an der Lancaster University forscht und lehrt, ist die beliebte Praxis jedoch nicht ohne Risiken. In einem Artikel auf dem britischen Wissenschaftsportal „The Conversation“ verweist der Mediziner auf Studien mit Personen, die sich durch Nasenduschen aus Leitungswasser mit Parasiten infiziert haben und von denen einige sogar daran starben.1 Sind solche tödlich verlaufenden Infektionen auch hierzulande möglich? Und wie macht man eine Nasendusche richtig? Das haben wir einen Experten gefragt.
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Übersicht
- Warum häufiges Spülen der Nasengänge das Infektionsrisiko erhöht
- Forscher verweist auf dramatische Studien
- Die Nase ist eine Gefahrenzone
- Nasendusche ist nicht für jeden geeignet
- Nachgefragt bei HNO-Arzt – gilt die tödliche Nasenduschen-Gefahr auch für das Leitungswasser in Deutschland?
- Die wichtigsten Experten-Tipps für eine perfekte Nasendusche
- Quellen
Warum häufiges Spülen der Nasengänge das Infektionsrisiko erhöht
Unsere Nasen beherbergen eine Vielzahl von Mikroben, die für ein gesundes Nasenmilieu wichtig sind. Durch das Spülen werden diese nützlichen Mikroben entfernt oder abgetötet, wodurch Krankheitserreger und Allergene leichter über die Nase in den Körper gelangen können, erklärt Taylor. „Das größte Risiko geht jedoch von Keimen aus, die sich in der Flüssigkeit befinden könnten – daher sollte jede Flüssigkeit, die in die Nase gegossen wird, steril sein.“ Leitungswasser sei jedoch alles andere als steril und könne gefährliche Krankheitserreger enthalten.
Forscher verweist auf dramatische Studien
Eine kürzlich in den USA durchgeführte Studie beschreibt drei Personen, die sich mit Akanthamöben infiziert hatten und diese Infektion nicht überlebten.2 Ursache soll eine Nasendusche mit Leitungswasser gewesen sein. Während das Risiko für die meisten gesunden Menschen gering sei, könne eine Infektion mit diesem Parasiten für Menschen mit geschwächtem Immunsystem tödlich sein. Eine andere weit verbreitete Amöbe namens Naegleria soll sogar eine Sterblichkeitsrate von 97 Prozent haben. Eine Infektion sei glücklicherweise sehr selten, so der Mediziner, könne aber ebenso durch verunreinigtes Leitungswasser erfolgen. Besonders alarmierend: Eine 2021 durchgeführte Umfrage ergab, dass 50 Prozent der Amerikaner glauben, dass Leitungswasser für eine Nasendusche bedenkenlos geeignet sei.3 Für Taylor ein gefährlicher Trugschluss. Wirklich sicher sei nur eine sterile Kochsalzlösung aus der Apotheke oder eine selbst hergestellte Lösung.
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Die Nase ist eine Gefahrenzone
In der Nase und den Nasennebenhöhlen liegen die Blutgefäße nahe an der Oberfläche, wodurch Krankheitserreger leichter in die Blutbahn gelangen können. Bei allergischen Reaktionen erweitern sich die Gefäße oder platzen sogar, was das Infektionsrisiko zusätzlich erhöht. So können Mikroben direkt von den Nasennebenhöhlen ins Gehirn gelangen. Auch dies kann zu Infektionen und Entzündungen führen, die zwar nicht tödlich, aber sehr schmerzhaft und langwierig sind. Adam Taylor spricht daher vom „Gefahrendreieck des Gesichts“. FITBOOK erklärte in einem Artikel bereits, warum man in dieser Zone keine Pickel ausdrücken sollte.
Was kaum einer weiß: Die Oberfläche der Schleimhäute der Nase und Nasennebenhöhlen beträgt insgesamt ca. ein Quadratmeter – so groß wie
ein durchschnittlicher Badteppich! Es gibt also genug Möglichkeiten für Erreger zum „Andocken“.
Nasendusche ist nicht für jeden geeignet
Taylor rät: Menschen mit einer Nasennebenhöhlen- oder Mittelohrentzündung sollten auf eine Nasenspülung so lange verzichten, bis sie abgeklungen ist. Bei extrem trockenen Nasengängen oder Nebenhöhlen verschlimmert eine Nasendusche die Symptome, da beim Verdunsten der Flüssigkeit einen Teil der natürlichen Schutzschicht zerstört wird.
Nachgefragt bei HNO-Arzt – gilt die tödliche Nasenduschen-Gefahr auch für das Leitungswasser in Deutschland?
Wer sich versehentlich mit Leitungswasser die Nase gespült hat, muss nicht in Panik verfallen, erklärt der Hals-Nasen-Ohren-Arzt Prof. Burkhart Lippert auf Nachfrage von FITBOOK. „Die Wasserqualität ist in Europa und weltweit sehr unterschiedlich. Die Häufigkeit von Infektionen und Erkrankungen durch verunreinigtes Leitungswasser ist hierzulande aber glücklicherweise gering. Für eine lebensbedrohliche Infektion müssen viele Faktoren zusammenkommen.“ Doch auch gut kontrolliertes Leitungswasser kann Verunreinigungen enthalten, die unter ungünstigen Umständen zu einer Infektion führen können. Deshalb rät auch Burkhart, für die Nasendusche zu Hause nur Kochsalzlösung oder abgekochtes Leitungswasser zu verwenden und sich genau an die Gebrauchsanweisung zu halten.
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Die wichtigsten Experten-Tipps für eine perfekte Nasendusche
- Am einfachsten und effektivsten spült es sich mit einer handelsüblichen Nasendusche, alternativ können Sie auch eine 20 Milliliter Spritze verwenden.
- Verwenden Sie physiologische Kochsalzlösung. Dafür 1 Liter Leitungswasser mit einem Teelöffel (ca. 8 bis 9 Gramm) Speisesalz aufkochen und abkühlen lassen. Die so hergestellte Lösung kann 24 Stunden verwendet werden
- Drehen Sie bei der Anwendung den Kopf zu der Seite, die Sie nicht spülen wollen und atmen Sie nur noch durch den Mund. Die Nase dabei nicht hochziehen. Ziel ist es, dass die Flüssigkeit wieder aus der anderen Nasenseite läuft und von Sekret befreit.
- Wiederholen Sie den Vorgang so oft, bis nur noch klares Wasser aus der Nase läuft und wechseln Sie dann auf die andere Seite