20. Juni 2023, 20:53 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Ob wir Frühaufsteher oder Nachteulen sind, wird von unserem biologischen Rhythmus bestimmt. Wer zu den Nachteulen zählt, hat laut Studien ein höheres Risiko für chronische Krankheiten. Und sogar eine kürzere Lebenserwartung, wie eine große Langzeitstudie zeigt.
Menschen, die eher abends und nachts aktiv sind, bezeichnet man umgangssprachlich als Nachteulen. Erst wenn es dunkel wird, laufen sie zur Höchstform auf, erledigen oftmals ihre Arbeit zur späten Stunde und sind gerne im Nachtleben unterwegs. Dafür kommen sie morgens schlecht in Gang und bleiben gerne länger im Bett. Obwohl es genetisch vorbestimmt ist, welcher Chronotyp wir sind (Morgen-, Misch-, Abendtyp) haben Abendmenschen ein höheres Risiko für chronische Krankheiten (FITBOOK berichtete). Vor allem für Stoffwechselkrankheiten wie Diabetes Typ 2 und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Aber nicht nur das: Laut einer neuen Langzeitstudie aus Finnland mit fast 23.000 Probanden haben Nachteulen ein höheres Sterberisiko als Morgentypen. Das liegt jedoch nicht am Schlafdefizit, sondern an der Lebensweise.
Übersicht
Nachteulen haben höheres Risiko für Krankheiten
Bereits eine britische Studie aus dem Jahr 2018 mit Daten von über 400.000 Menschen hat einen Zusammenhang zwischen den verschiedenen Chronotypen und der Sterblichkeitsrate aufgezeigt.1 Menschen, die abends aktiv sind und spät zu Bett gehen, wiesen im Vergleich zu den anderen Chronotypen häufiger Diabetes sowie psychische und neurologische Beschwerden auf, aber auch Atemwegs- und Magen-Darm-Erkrankungen. Zudem wurde in dem Beobachtungszeitraum von 6,5 Jahren eine höhere Sterblichkeitsrate bei den Nachteulen festgestellt.
Langzeitstudie wertete Daten aus 37 Jahren aus
Finnische Wissenschaftler wollten das Ergebnis mit einem längeren Untersuchungszeitraum replizieren und sich dabei die möglichen Gründe für die höhere Sterblichkeitsrate der Nachteulen genauer anschauen. Dafür nutzten sie Daten von 23.854 finnischen Zwillingen, die zwischen 1981 und 2018 beobachtet wurden. Bei Studienbeginn sollten die Erwachsenen sich einschätzen, ob sie Morgen- oder Abendmenschen sind. Dabei hatten sie vier Typen zur Auswahl: „eindeutig ein Morgenmensch“, „eher ein Morgenmensch“, „eher ein Abendmensch“, „eindeutig ein Abendmensch“. Interessanterweise ordneten sich die meisten Probanden eher als Abendtypen (33,0 Prozent) ein und die wenigsten als eindeutige Abendtypen (9,9 Prozent). Knapp die Mehrheit zählte sich insgesamt zu den Morgenmenschen bzw. eher Morgentypen.
Bis 2018 wurden von den Teilnehmern die Gesundheits- sowie Sterblichkeitsdaten gesammelt. In dem Zeitraum von 37 Jahren verstarben 8728 der Probanden. Daraus konnte das Risiko für Sterblichkeit bei den einzelnen Chronotypen ermittelt werden. Außerdem wurden Faktoren wie Bildung, Alkoholkonsum, Raucherstatus, Body Mass Index und die Schlafdauer aus der finalen Risikoberechnung herausgenommen.
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Nachteulen haben ein um 9 Prozent höheres Sterberisiko
Die Auswertung der Daten ergab zunächst, dass die Nachteulen ein um 21 Prozent höheres Sterberisiko hatten im Vergleich zu den anderen Chronotypen. Doch nach Berücksichtigung aller Einflussfaktoren hatten die Abendtypen nur ein um neun Prozent höheres Sterberisiko im Vergleich zu den anderen Gruppen. Und jene Nachtmenschen, die nicht rauchten und wenig Alkohol tranken, hatten gar kein erhöhtes Sterberisiko.
Somit ist nicht ein Schlafdefizit oder der persönliche Schlaftyp für die höhere Sterblichkeit verantwortlich, sondern der Lebensstil, der bei vielen mit der nächtlichen Aktivität einhergeht. Denn insbesondere das Rauchen und Alkoholkonsum erhöhten bei den Abendtypen das Sterberisiko. „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass der Chronotyp kaum oder gar keinen unabhängigen Einfluss auf die Sterblichkeit hat“, schreibt einer der beiden Studienautoren Christer Hublin in der Auswertung. Stattdessen scheinen der stärkere Alkohol- und Tabakkonsum von Nachtmenschen für die erhöhte Sterblichkeitsrate verantwortlich sein.
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Die Forscher weisen darauf hin, dass laut wissenschaftlicher Untersuchungen Abendtypen eher zum Rauchen und Alkoholtrinken neigen. Der Grund dafür könnte ein Zusammenhang zwischen dem Belohnungssystem und dem zirkadianen Rhythmus sein, der bei Nachtmenschen stärker ausgeprägt ist. Allerdings bedarf es hier noch mehr Forschung, um diesen Zusammenhang aufzuschlüsseln. Wenn jedoch Nachteulen aufs Rauchen verzichten und sich beim Alkoholtrinken zurückhalten, haben sie im Vergleich zu anderen Chronotypen kein erhöhtes Sterblichkeitsrisiko, wie diese Studie zeigt.
Studie zu Chronotypen Nachteulen haben offenbar höheres Risiko für chronische Krankheiten
Laut Studie Verbreitete Schlafgewohnheit kann Diabetesrisiko um 19 Prozent erhöhen
Forscher haben es untersucht Eule oder Lerche? Welcher Chronotyp geistig fitter ist
Quellen
- 1. Knutson, K.L, von Schantz, M. (2018). Associations between chronotype, morbidity and mortality in the UK Biobank cohort. Chronobiology International.
- 2. Hublin, C., Kaprio, J. (2023). Chronotype and mortality – a 37-year follow-up study in Finnish adults. Chronobiology International.