23. August 2023, 11:07 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
„Das wird schon noch braun!“ Haben Sie diesen Satz von jemandem, der sich einen leichten Sonnenbrand zugezogen hat, vielleicht auch schon einmal gehört? Und tatsächlich kommt nach einiger Zeit die Bräunung zum Vorschein. Abgesehen davon, dass ein Sonnenbrand immer gefährlich für die Gesundheit ist, kann man sich die Frage stellen, warum es mit der sichtbaren Bräune eigentlich eine Weile dauert. Forscher können diese nun beantworten.
Das Wichtigste vorab: Man sollte sich möglichst nie ungeschützt der prallen Sonne aussetzen, sich in den sonnenstärksten Stunden des Tages idealerweise sogar im Schatten aufhalten. Doch seien wir mal ehrlich: Ein Sonnenbad im Sommer gönnen wir uns wohl alle mal – nicht selten auch mit der Hoffnung, schön braun zu werden. Doch während bei übermäßiger Sonnenstrahlung die Rötung der Haut ziemlich schnell passiert, lässt die Bräune meistens Stunden oder Tage auf sich warten. Welche Mechanismen im Körper dafür verantwortlich sind, haben jetzt Wissenschaftler der Tel Aviv University in einer aktuellen Studie herausgefunden.1
Übersicht
Pigmentierung der Haut aufgrund von DNA-Schäden?
Die Forschungsarbeit der Wissenschaftler aus Tel Aviv basierte auf Erkenntnissen aus früheren Studien. Diese hatten feststellen können, dass DNA-Schäden, auch ohne Sonnenexposition, eine zeitverzögerte Pigmentierung zur Folge haben können. So etwa im Fall einer Chemotherapie, die bei betroffenen Krebspatienten Wochen nach Beginn der Behandlung eine Hyperpigmentierung verursachten.2 Ähnliches zeigte sich auch bei Laborexperimenten mit kultivierte Melanozyten, also den Hautzellen, die das Pigment Melatonin, das für die Bräunung der Haut verantwortlich ist, produzieren. In Experimenten, in denen man bei den Melanozyten DNA-Schäden verursachte, kam es ebenfalls verzögert zu einer Hyperpigmentierung.3 Wenn die kultivierten Zellen UVB-Strahlung ausgesetzt waren, kam es Stunden später zu einer erhöhten Melatoninproduktion.4
In der aktuellen Studie wollten Wissenschaftler nun genauer den Zusammenhang zwischen der Schädigung der DNA und dem verzögerten Auftreten der Bräune erforschen.
Bloß nicht ignorieren! Anzeichen für Hautkrebs
Die UVB-Strahlen der Sonne sind verantwortlich dafür, dass wir nach einem Sonnenbad braun werden, aber auch dafür, dass wir einen Sonnenbrand bekommen können. Sie können die DNA der Zellen der obersten Schicht der Haut schädigen und sind damit maßgeblich an der Entwicklung von Hautkrebs beteiligt.5
Bei welchen Veränderungen der Haut man sich bei einem Arzt auf Hautkrebs untersuchen lassen sollte, hat FITBOOK mit Dr. Timm Golüke, Facharzt für Dermatologie, besprochen. „Immer, wenn sich natürliche Muttermale verändern, oder Hautveränderungen auftreten, die vorher nicht da waren, gilt das als Warnzeichen“, erklärte uns der Experte. Wenn eine Stelle an der Haut oder ein Muttermal juckt, brennt, blutet oder Auffälligkeiten nach der ABCDE-Regel auftreten, sollten die Alarmglocken läuten. Was Dr. Golüke sonst noch zum Thema Hautkrebs geraten hat, erfahren Sie in diesem Beitrag.
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Warum kommt die Bräune zeitverzögert? Die Studie
Dafür führten die Forscher eine zweiteilige Studie durch: mit menschlicher Haut und mit Maus-Modellen.
Die Hautexplantate wurden von gesunden Erwachsenen (im Alter von 22 bis 54 Jahren) entnommen, die sich im Wolfson Medical Center (Tel Aviv, Israel) einer Bauchdeckenstraffung unterzogen. Die Haut kultivierten die Forscher zunächst in Petrischalen und setzten sie UVB-Strahlung aus. Auf diese Weise konnten sie die Zellaktivität als Reaktion auf die Strahlenschäden untersuchen.
Mit der Erkenntnis aus diesem Experiment ging es dann an den zweiten Teil der Studie. Dieser erfolgte zum einen mit weiteren Proben menschlicher Hautzellen, zum anderen mit Maus-Modellen. In diesem Schritt lösten die Forscher die beobachtete Zellaktivität ohne UVB-Strahlung bewusst aus, um zu sehen, was sich daraus entwickelte.
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Was die UVB-Strahlung in den Hautzellen bewirkt
Bei den von OP-Patienten erworbenen Hautexplantaten, die UVB-Strahlung ausgesetzt wurden, zeigte sich, dass in den Zellen ein bestimmtes Enzym aktiviert wurde. Dabei handelte es sich um eine Proteinkinase namens ATM. Dieses ist bekannt dafür, nach DNA-Schäden in Aktion zu treten und für die Reparatur geschädigter Zellen entscheidend zu sein. Genau dieses wurde nun also auch nach der UVB-Bestrahlung aktiv. Doch was bedeutet dies für die Bräunung der Haut?
Diese Frage sollten die erwähnten weiteren Experimente an menschlicher Haut und an Mäusen klären. Dafür lösten die Wissenschaftler die Aktivierung von ATM bewusst aus – ohne UVB-Bestrahlung. Die Ergebnisse: Sowohl bei den Mäusen als auch bei den menschlichen Hautproben entwickelte sich nach einer gewissen Zeit eine Bräunung der Haut, selbst wenn keine schädliche Strahlung vorhanden war.
Eine genaue Untersuchung der beteiligten Prozesse in den Zellen brachte weitere Details ans Licht. So führte die Aktivierung von ATM dazu, dass die Aktivierung des MITF-Proteins, das für die Erhöhung der Melanin-Produktion verantwortlich ist, blockiert wurde.
Erst Reparatur, dann Melanin-Produktion
Damit der Körper sich also zunächst auf die Reparatur der DNA-Schäden konzentrieren kann, wird die eigentlich mit den Sonnenstrahlen einhergehende stärkere Produktion von Melatonin unterdrückt. Erst wenn die Reparatur erfolgt ist, kann das MITF-Protein aktiv werden und für die Pigmentierung bzw. Bräunung der Haut sorgen.
„Wir verfügen über zwei Mechanismen, um die Haut vor gefährlicher UV-Strahlung zu schützen. Der erste Mechanismus repariert die durch die Strahlung geschädigte DNA in den Hautzellen, während der zweite Mechanismus die verstärkte Produktion von Melanin beinhaltet, das die Haut verdunkelt, um sie vor künftiger Strahlenbelastung zu schützen“, erläutert der an der Studie beteiligte Doktorand Nadav Elkoshi in einer Universitätsmitteilung.6 „In unserer Studie haben wir herausgefunden, warum das Phänomen der Bräunung nicht sofort auftritt, wenn der Körper der Sonne ausgesetzt wird, sondern erst nach einer gewissen Zeit. Es stellt sich heraus, dass der Mechanismus, der unsere DNA repariert, Vorrang vor allen anderen Systemen in der Zelle hat und den Pigmentierungsmechanismus vorübergehend hemmt. Erst wenn die Zellen die genetische Information so gut wie möglich reparieren, beginnen sie mit der Produktion des vermehrten Melanins.“
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Quellen
- 1. Elkoshi, N.,Parikh, S., Malcov-Brog, H. et al. (2023). Ataxia Telangiectasia Mutated Signaling Delays Skin Pigmentation upon UV Exposure by Mediating MITF Function toward DNA Repair Mode. Journal of Investigative Dermatology.
- 2. Cohen, P.R. (2016). Paclitaxel-associated reticulate hyperpigmentation: Report and review of chemotherapy-induced reticulate hyperpigmentation. World Journal of Clinical Cases.
- 3. Eller, M.S., Ostrom, K., Gilchrest, B.A. (1996). DNA damage enhances melanogenesis. Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America (PNAS).
- 4. Chiarelli-Neto, O., 1 Ferreira, Martins, W.K. et al. (2014). Melanin Photosensitization and the Effect of Visible Light on Epithelial Cells. PLoS One.
- 5. Loquai, C., Grabbe, S. Sonnenlicht und Hautkrebs. Onkolauf.de. (aufgerufen am 22.8.2023)
- 6. Tel Aviv University. Researchers discover the reason behind tans appearing only after we’ve left the beach. (aufgerufen am 22.8.2023)