26. April 2022, 18:57 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Seit einiger Zeit häufen sich die Meldungen über mysteriöse Hepatitis-Fälle bei Kindern in Europa und den USA. Britische Forscher haben nun einen ersten fundierten Verdacht, was die Erkrankung verursachen könnte.
Mit Stand vom 21. April wurden laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in elf Ländern mindestens 169 Fälle von Hepatitis mit unbekannter Herkunft bei Kindern gefunden. Betroffen sind bisher Spanien, Israel, USA, Frankreich, Dänemark, Irland, Niederlande, Italien, Norwegen, Rumänien und Belgien. Die meisten Fälle (114) gab es in Großbritannien.1 Von dort kommt nun auch ein Bericht, der ein bestimmtes Virus als Ursache nahelegt.
Übersicht
Hepatitis-Fälle in Großbritannien
Zum Zeitpunkt des Berichts waren den britischen Gesundheitsorganisationen 111 mysteriöse Fälle von Hepatitis bzw. akuter Leberentzündung bekannt. Die betroffenen Kinder waren jünger als zehn Jahre und die Ursache für ihre Erkrankung ungeklärt. Zehn Kinder benötigten eine Lebertransplantation.
Auch interessant: Anzeichen, die auf eine Leberzirrhose hindeuten
In 75 Prozent der Fälle Adenovirus nachgewiesen
Die Untersuchungen der Fälle ergaben, dass die Viren, die für gewöhnlich Hepatitis A bis E auslösen, nicht im Körper der erkrankten Kinder nachzuweisen waren. Stattdessen fanden die Forscher in 75 Prozent der Fälle Adenoviren vor.2
„Die Informationen, die wir im Rahmen unserer Untersuchungen gesammelt haben, deuten zunehmend darauf hin, dass dieser Anstieg der plötzlich auftretenden Hepatitis bei Kindern mit einer Adenovirus-Infektion zusammenhängt“, erklärte Dr. Meera Chand, Direktorin für klinische und neu auftretende Infektionen bei der UK Health Security Agency. „Wir untersuchen jedoch gründlich andere mögliche Ursachen.“ Chand hatte die britischen Daten jetzt während einer Dringlichkeitssitzung des „European Congress of Clinical Microbiology & Infectious Diseases“ in Lissabon vorgestellt.
Auch interessant: Hepatitis-B-Impfung schützt auch vor Hepatitis D
Was sind Adenoviren?
Bei Adenoviren handelt es sich um eine Gruppe von Viren, die eine Vielzahl von Beschwerden verursachen können. Typisch sind Erkrankungen der Atemwege, des Magen-Darm-Traktes oder der Augen (Binde- und Hornhaut).
Die bei einem Großteil der an Hepatitis erkrankten Kinder vorgefundenen Adenoviren gelten nun als wahrscheinliche Verursacher. Auch neun Kinder mit Hepatitis in Alabama wurden positiv auf diese Erreger getestet, wie US-Behörden Mitte April mitteilten. Sie untersuchen eine bestimmte Version des Virus, das Adenovirus 41.3 Dieses steht normalerweise im Zusammenhang mit Darmentzündungen.
Auch interessant: Corona-Impfung für Kinder ab 5 Jahren – was Eltern wissen sollten
Welche Rolle spielt die Corona-Pandemie?
Coronaviren wurden in den Proben der betroffenen Kinder nicht gefunden. Auch einen Zusammenhang mit Corona-Vakzinen schließen die britischen Gesundheitsbehörden aus, da keins der Kinder geimpft war.
Dennoch vermuten die Forscher, dass die Corona-Pandemie eine indirekte Rolle gespielt hat. Aufgrund von Lockdowns und Kontaktbeschränkungen waren die Kinder zwei Jahre lang nicht mit Adenoviren in Berührung gekommen. Das hat sich mit den Lockerungen der Corona-Maßnahmen in diesem Jahr geändert. Näher untersucht werden soll nun die Möglichkeit, dass Kinder, die jetzt wieder verstärkt mit den Erregern in Kontakt kommen, gegenwärtig stärker auf die Adenoviren reagieren als das vor der Pandemie der Fall war.
Britische Gesundheitsbehörde 9 neue Corona-Symptome auf offizielle Liste gesetzt
Symptome, Übertragung, Verlauf Mysteriöser Ausbruch von Mpox in Großbritannien – was steckt dahinter?
BA.2.86 Die überraschenden Symptome der Coronavariante Pirola
Quellen
- 1. World Health Organization. (2022). Multi-Country – Acute, severe hepatitis of unknown origin in children. (aufgerufen am 26.04.2022)
- 2. UK Health Security Agency. (2022). Investigation into acute hepatitis of unknown aetiology in children in England.
- 3. Stubblefield, W. (2022). Investigations of nine young children with adenovirus are underway. Alabama Department of Public Health.