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Ursache, Behandlung

Myasthenia gravis – die typischen Symptome der Autoimmunerkrankung

Myasthenia gravis (Myasthenie)
Myasthenia gravis ist eine Autoimmunerkrankung, die die Kommunikation zwischen Nerven und Muskeln stört, was eine Muskelschwäche verursacht Foto: Getty Images / iLexx
Julia Freiberger
Werkstudentin in der Redaktion

23. April 2024, 4:33 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten

Übersetzt man Myasthenia gravis (kurz Myasthenie) aus dem Lateinischen bedeutet es so viel wie „schwere Muskelschwäche“. Ein passender Name, denn genau dieses Symptom tritt bei der Autoimmunerkrankung auf. FITBOOK-Autorin Julia Freiberger erklärt welche Ursachen, weiteren Symptome und Behandlungsmöglichkeiten es gibt.

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Bei Menschen mit Myastenia gravis ist die Impulsübertragung zwischen Nerv und Muskel gestört. Die Folge: Muskelschwäche an verschiedenen Stellen des Körpers, die vor allem bei Müdigkeit oder starker Belastung eintritt. Da die Muskeln jederzeit und schnell erschlaffen können, werden die Betroffenen stark in ihrem Alltag eingeschränkt. Abhängig vom Schweregrad kann eine Myasthenie auch unterschiedliche Körperregionen befallen und sich im Gesicht, den Armen, Beinen und dem Oberkörper bemerkbar machen.

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Was ist Myasthenia gravis?

Bei Myasthenia gravis (kurz Myasthenie) funktioniert die Übertragung des Nervenimpulses auf die Muskeln nicht wie bei gesunden Menschebn. Das führt dazu, dass die Muskeln spontan erschlaffen oder schnell ermüden. Dies ist häufig bei starker Belastung der Fall. Zwar treten keine Muskelschmerzen oder Sensibilitätsstörungen auf, allerdings leiden die Betroffenen unter anhaltenden Erschöpfungszuständen (Fatigue).

Myasthenia gravis wird als Autoimmunerkrankung bezeichnet, da sie durch eine Fehlfunktion des Immunsystems entsteht, die sich gegen körpereigene Stoffe richtet. Wenn die Erkrankung unbehandelt bleibt, kann die Muskelschwäche zunehmen und zu einem Muskelschwund führen, der im fortgeschrittenen Stadium lebensbedrohlich sein kann.1

Wie viele Menschen sind zurzeit betroffen?

Schätzungen zufolge sind in Deutschland ungefähr 15.000 Menschen von der Erkrankung betroffen. In der Regel tritt sie bei Frauen häufiger im jungen Alter (20 bis 40 Jahre) auf als bei Männern (50 bis 80 Jahre). In seltenen Fällen beginnt die Erkrankung im Kindesalter. Die Lebenserwartung Betroffener ist durch die Myasthenie nicht eingeschränkt.2

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Welche Ursachen hat die Erkrankung?

Die genauen Ursachen für die Entstehung einer Myasthenie sind bisher unklar. Man vermutet, dass Infektionen mit Viren oder Bakterien eine Fehlleitung des Immunsystems verursachen, wodurch sich die Myasthenie entwickeln kann. Diese entsteht dann, wenn sich Antikörper bilden, die sich fälschlicherweise gegen Acetylcholin-Rezeptoren richten. Als Folge findet ein Abbau der Rezeptoren statt und der Nervenimpuls kann nicht mehr richtig weitergeleitet werden – wodurch die Muskeln des Menschen erschlaffen.

Bei manchen Betroffenen bilden sich Antikörper gegen andere Strukturen aus, wie spezifische Eiweiße – mit demselben Effekt: die Signalübertragung der Muskeln ist gestört.3

Wie läuft eine Impulsübertragung normalerweise ab?

Um zu verstehen, was die Störung dieser Signalübertragung bedeutet, muss man wissen, wie eine Kommunikation zwischen Nerven und Muskeln für gewöhnlich funktioniert. Die Schnittstelle zwischen einer Muskelfaser und einem Nerv wird auch als „neuromuskuläre Endplatte“ bezeichnet. Durch sie kann eine Übertragung von elektrischen Nervenimpulsen auf die Muskeln stattfinden. Jedoch ist diese Endplatte nicht auf direktem Weg mit der Muskelfaser verbunden, sondern durch einen kleinen Spalt getrennt. In der Regel wird hier das elektrische Signal in ein chemisches Signal umgewandelt, indem ein bestimmter Botenstoff „Acetylcholin“ ausgeschüttet wird.

Dieser Botenstoff bindet sich an spezielle Rezeptoren (Acetylcholin-Rezeptoren) auf der Muskelfaser, was bewirkt, dass das Signal den Muskel erreicht, welcher daraufhin seine Arbeit aufnimmt und etwa eine Bewegung durchführt.4

Gestörte Impulsübertragung

Bei Menschen mit Myasthenia gravis funktioniert diese Kommunikation allerdings nicht mehr. Stattdessen greift das Immunsystem diese Schnittstelle zwischen Nerv und Muskeln an. Dabei werden Antikörper gebildet, die sich häufig gegen die Acetylcholin-Rezeptoren richten. Somit ist eine Weiterleitung der Nervenimpulse nicht mehr möglich – die Reize werden dann von den Muskeln schwach oder kaum wahrgenommen. Dadurch entwickelt sich eine Muskelschwäche, die dann einsetzen kann, wenn der Körper zu starken Belastungen ausgesetzt ist.

Typische Symptome der Erkrankung

Die Symptome eines Myasthenie können vielfältig ausfallen und bei den Betroffenen individuell verlaufen. Zudem nehmen sie häufig bei kontinuierlicher Belastung zu und können sich auch im Verlauf des Tages verstärken. In der Regel machen sich die ersten Symptome bei den Augen bemerkbar.5 Zu den wichtigsten gehören:

  • Hängende Augenlider
  • Doppelbilder
  • Sprach- und Schluckstörungen
  • Schwäche im Bereich der Arme und Beine
  • Schwäche der Muskeln (z. B. bei der Kopfhaltung)
  • Schwäche der Augenmuskulatur

Okulären Myasthenie

Wenn nur die Augen von der Erkrankung betroffen sind, spricht man auch von einer „okulären Myasthenie“. Allerdings ist dies selten der Fall, stattdessen betrifft Myasthenie häufig weitere Körperregionen, wie Arme, Oberkörper, Beine oder das Gesicht.

Generalisierten Myasthenie

Breitet sich die Myasthenie auf dem gesamten Körper aus, ist auch von einer „generalisierten Myasthenie“ die Rede. In diesem Fall wird die Beweglichkeit und die Lebensqualität des Betroffenen massiv eingeschränkt, in schweren Fällen kann die Autoimmunerkrankung lebensbedrohlich werden.

Das Gefährliche: eine myasthene Krise 

Neben einer geschwächten Rachenmuskulatur, die Sprach- und Schluckstörungen hervorrufen kann, erhöht sich ebenfalls das Risiko, in eine myasthene Krise zu verfallen. Bei dieser erleiden die Betroffenen Atemlähmung oder schwere Schluckstörungen, die so stark sind, dass sie zum Tod führen können. Grund dafür können bestimmte Medikamente, Schwangerschaft, Begleiterkrankungen oder Operationen sein, die zu einer Verschlechterung der Symptome führen. Gerade, wenn der oder die Betroffene eine bereits stark geschwächte Atem- und Schluckmuskulatur hat. Eine myastehne Krise stellt einen dringenden medizinischen Notfall dar, der sofort behandelt werden muss.6

Krankheitsverlauf

Die Erkrankung kann sich unterschiedlich schnell ausbilden. Bei einigen Betroffenen kann sich die Muskelschwäche bereits in wenigen Wochen oder sogar Tagen entwickeln und so massiv foranschreiten, dass sie bedrohliche Ausmaße annehmen kann. Andere Erkrankte sind nur wenig von der Symptomatik betroffen und haben über die Jahre hinweg einen eher stabileren Krankheitsverlauf vorzuweisen. Manchmal ist es möglich, dass sich die Muskelschwäche auch nach einer kurzen Krankheitsphase entweder wieder zurück- oder im Gegenteil weiter ausbildet. In dem positiven der beiden Fällen ist es jedoch möglich, dass die Erkrankung zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufflammt.

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Wie diagnostiziert man Myasthenia gravis?

Damit man eine genaue Diagnose zur Myastenia gravis aufstellen und andere Erkrankungen ausschließen kann, werden unterschiedlichen Untersuchungsmethoden eingesetzt, wenn ein Verdacht auf die Erkrankung bestehen sollte:

Anamnese

Innerhalb der Anamnese klärt man mit dem zuständigen Arzt die Krankengeschichte des Betroffenen und führt körperliche Untersuchungen durch. Es können unter anderem standardisierte Tests durchgeführt werden, bei welchen man feststellen kann, ob eine (und in welchem Ausmaß) Muskelschwäche bei dem Betroffenen vorliegt. Dabei wird die Ermüdungserscheinung der Muskeln überprüft.

Bluttest

Eine andere Methode zur Feststellung von Myasthenia gravis wäre der Bluttest, mit welchem die Anzahl von Antikörpern gemessen werden können. So produziert das Immunsystem bei Betroffenen Antikörper gegen Acetylcholin-Rezeptoren oder andere Strukturen innerhalb des Körpers, die wichtig für die Signalübertragung auf Muskeln sind.

Bildgebende Verfahren

Unterstützend zum Bluttest werden oft bildgebende Verfahren eingesetzt, wie Computertomografie (CT), Magnetresonanztomografie (MRT) oder Röntgen, um den Zustand des Thymus zu beurteilen. Dieses Organ befindet sich hinter dem Brustbein im Brustkorb und nimmt eine wichtige Rolle für die Immunabwehr ein: In diesem erhalten bestimmte weiße Blutkörperchen ihre Fähigkeiten, Bakterien und Viren im Körper zu erkennen. Einige Betroffene der Myasthenia gravis haben jedoch eine Vergrößerung des Organs vorzuweisen. Man vermutet, dass ein vergrößerter Thymus zur Entwicklung von Myasthenia gravis führen kann, wobei er die Produktion von Antikörpern fördert, die für die Störung der Signalübertragung verantwortlich sind.7

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Behandlung der Myasthenia gravis

Medikamentöse Therapie

Das Ziel der Behandlung bei Myasthenia gravis liegt darin, die Beweglichkeit und die Muskelkraft zu stärken. Dazu können Medikamente eingesetzt werden, die zu einer verbesserten Reizweiterleitung zwischen Nerven und Muskeln führen, indem sie den Gehalt von Acetylcholin im Blut erhöhen. Zusätzlich können andere Medikamente dazu beitragen, dass sich die Produktion von Antikörpern deutlich reduziert. Dies kann sich auch positiv auf die Muskelkraft und die Beweglichkeit der Betroffenen auswirken.

Entfernung der Thymusdrüse kann zu einer besseren Behandlung führen

Eine Studie aus dem Jahr 2016 liefert Hinweise darauf, dass die Entstehung der Antikörper, die die Kommunikation zwischen Nerven und Muskeln blockieren, im möglichen Zusammenhang mit der Thymusdrüse stehen. Innerhalb der Studie wurden in einem Zeitraum von 2006 bis 2012 fast 126 Personen, die an Myastenia gravis erkrankt sind, untersucht. Dabei wiesen die Menschen erhöhte Konzentrationen von Acetylcholin-Rezeptor-Antikörpern auf – diejenigen die für die Hemmung der Impulsübertragung verantwortlich sind. Die Untersuchungen der Studie ergaben, dass Menschen, die sich einer Thymektomie (einer operativen Entfernung der Drüse) unterzogen hatten, nach drei Jahren einen niedrigeren Myasthenia Gravis-Score hatten, als diejenigen die nur mit Prednison (einem Medikament) behandelt worden sind.8

Abhängig davon, wie schwer der Krankheitsverlauf ist, kann eine Physio- oder Schlucktherapie zu einer Verbesserung der Symptomatik beitragen. Allerdings ist keine vollständige Heilung durch den Einsatz von Medikamenten möglich. Die Symptome der Erkrankung lassen sich aber abmildern.

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Quellen

  1. UMM. Myasthenia gravis verstehen. (aufgerufen am 16.04.2024). ↩︎
  2. DZI. Myasthenia gravis. (aufgerufen am 16.04.2024). ↩︎
  3. Muskelkrank & lebensstark. Myasthenia Gravis. (aufgerufen am 19.04.2024). ↩︎
  4. NetDoktor. Myasthenia gravis. (aufgerufen am 19.04.2024). ↩︎
  5. DGM. Myasthenia gravis. (aufgerufen am 19.04.2024). ↩︎
  6. AOK. Myasthenia gravis erkennen und behandeln. (aufgerufen am 16.04.2024). ↩︎
  7. MSD Manual. Myasthenia gravis. (aufgerufen am 19.04.2024). ↩︎
  8. Wolfe, GI., Kaminski, HJ., Aban, IB. et al. (2016). Randomized Trial of Thymectomy in Myasthenia Gravis. N Engl J Med. ↩︎
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