7. April 2025, 4:01 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Wenn sich winzige Entzündungen zu einer großen Gefahr für den ganzen Körper entwickeln: Die seltene Autoimmunerkrankung Granulomatose mit Polyangiitis – früher als Morbus Wegener bekannt – verursacht knötchenartige Entzündungen an verschiedenen Organen. Unbehandelt kann sich die Erkrankung im ganzen Körper ausbreiten und tödlich enden. FITBOOK erklärt, welche Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten es gibt.
Bei der Granulomatose mit Polyangiitis (GPA) kommt es zu einer Entzündung der Blutgefäße, bei der sich Gewebeknötchen bilden. Meist äußert sie sich zunächst in den oberen Atemwegen, kann jedoch im Verlauf auch weitere Organe betreffen. Heilbar ist die Autoimmunerkrankung bislang nicht, jedoch gibt es verschiedene Behandlungsmöglichkeiten, um die Krankheit einzudämmen.
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Übersicht
Was ist Morbus Wegener?
Bei der Granulomatose mit Polyangiitis (GPA) handelt es sich um eine chronische Entzündung der Blutgefäße (Vaskulitis), die mit der Bildung von kleinen Gewebeknötchen (Granulomen) einhergeht.1 Eines der häufigsten Anzeichen der Krankheit ist allerdings eine meist harmlos wirkende Veränderung in den oberen Atemwegen, die sich bei zunehmender Ausbreitung der Krankheit rasch verstärken kann. Im weiteren Verlauf kann es ebenfalls zu optischen Veränderungen wie Verformungen der Nase sowie rötlich-lilafarbenen Flecken oder Knoten auf der Haut kommen.
Granulomatose mit Polyangiitis ist eine Autoimmunerkrankung. Charakteristisch dabei ist, dass das Immunsystem körpereigene Strukturen angreift – in diesem Fall die Blutgefäße und das Gewebe.
Woher kommt die Bezeichnung?
Bis 2011 wurde die Granulomatose mit Polyangiitis auch als „Morbus Wegener“ bezeichnet. Namensgeber war dabei der deutsche Arzt und Pathologe Friedrich Wegener, der zwischen 1939 und 1954 Berichte über die damals neuartige Krankheit veröffentlichte. Aufgrund Wegeners Vergangenheit als Mitglied der NSDAP und SA wird in der Medizin heute jedoch vorwiegend der Begriff Granulomatose mit Polyangiitis verwendet. 2
Wie viele Menschen sind zurzeit betroffen?
Die Granulomatose mit Polyangiitis zählt zu den seltenen Autoimmunerkrankungen. Schätzungen zufolge erkranken nur etwa acht bis zehn von einer Million Menschen pro Jahr daran. 3 Dabei tritt die Erkrankung meist erst im fortgeschrittenen Erwachsenenalter auf, Frauen und Männer sind dabei gleichermaßen betroffen.
Welche Ursachen hat die Erkrankung?
Bis heute sind die genauen Ursachen der Granulomatose mit Polyangiitis nicht vollständig geklärt. Vielmehr wird angenommen, dass ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren zur Entstehung der Erkrankung beiträgt. So wurde in Untersuchungen herausgefunden, dass bestimmte genetische Veranlagungen, die auch im Zusammenhang mit anderen Autoimmunerkrankungen stehen, einen Ausbruch von GPA begünstigen könnten. 4 In einigen Fällen konnte auch ein vorangegangener bakterieller Infekt bei den Betroffenen festgestellt werden.
Typische Symptome der Erkrankung
Die ersten Symptome der Autoimmunerkrankung können sehr unterschiedlich auftreten – manchmal schleichend und unspezifisch, manchmal akut. So äußert sich die Granulomatose mit Polyangiitis anfangs meist in Form von Beschwerden der oberen Atemwege. Hierzu gehören blutiger und/oder krustiger Schnupfen, Nasenschleimhaut- und Nebenhöhlenentzündungen, die bei weiterem Fortschreiten der Entzündungen auch zu äußerlichen Veränderungen führen können. So leiden einige Betroffene ebenfalls unter einer sogenannten „Sattelnase“, bei der die Nasenscheidewand zunehmend angegriffen wird und der Nasenrücken sichtbar einsinkt.
Ein weiteres Kennzeichen der Granulomatose mit Polyangiitis sind Entzündungen der Augen (Episkleritis), die mit Sehproblemen einhergehen können. Auch die Ohren können bei fortschreitendem Krankheitsverlauf von Entzündungen betroffen sein. Veränderungen des Allgemeinbefindens – wie Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Fieber und ungewollter Gewichtsverlust – gelten ebenfalls als Begleiterscheinungen der Erkrankung. Breiten sich die entzündeten Gewebeknötchen auf die Lunge aus, kann es zu Husten mit blutigem Auswurf und Atemnot kommen. Häufig weitet sich die GPA auch auf die Nieren aus – ein Prozess, der meist lange unbemerkt bleibt und sich später in Form einer Entzündung der Nierenkörperchen äußert, begleitet von Blut im Urin und der Bildung von Ödemen.
Und auch auf der Haut kann sich die Krankheit bemerkbar machen und sich in Form der folgenden Symptome zeigen:
- Rötliche, tastbare Flecken oder Knoten an Armen und Beinen
- Punktförmige Einblutungen
- Geschwüre und offene Stellen
- Absterben von Gewebe an Zehen und Fingern (Gangrän)
Krankheitsverlauf und Prognose
Einen typischen Krankheitsverlauf der Granulomatose mit Polyangiitis gibt es nicht. In der Regel zeigt sich die Erkrankung schleichend in verschiedenen Schüben. In der Anfangsphase ähneln die Beschwerden harmlosen Atemwegsinfekten, die jedoch häufig über mehrere Wochen bis Monate anhalten. Dabei kommt es vor allem zu anhaltendem Schnupfen, Nebenhöhlenentzündungen und Müdigkeit.
Nach der Frühphase breitet sich die Krankheit auf weitere Organe wie die Lunge oder die Nieren aus und wird durch Hautveränderungen sichtbar. In dieser Phase, auch als systemische Phase bezeichnet, treten häufig Husten, Fieber, Blut im Urin und Atemnot auf. Zudem kann es zu Schmerzen in Muskeln und Gelenken kommen. Ohne Behandlung verläuft GPA oft schnell lebensbedrohlich – bei frühzeitiger Erkennung und Therapie ist die Krankheit heute allerdings gut behandelbar.
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Wie diagnostiziert man Morbus Wegener?
Da die Symptome der Erkrankung sehr unterschiedlich sind und verschiedene Organe betreffen können, ist die Diagnose oft nicht einfach und bedarf meist einer Reihe verschiedener Tests.
Anamnese
Zunächst untersucht der behandelnde Arzt bestehende Symptome wie chronischen Schnupfen, Husten, Atemnot, Fieber, Augenentzündungen oder Hautveränderungen. Die Anamnese liefert dabei oft den ersten Hinweis darauf, welche Organe betroffen sein könnten.
Laboruntersuchungen
Im nächsten Schritt werden verschiedene Labortests durchgeführt. Hierbei wird besonderes Augenmerk auf die Entzündungsparameter CRP (C-reaktives Protein) und BSG (Blutsenkungsgeschwindigkeit) gelegt. Ein weiteres Vorgehen, um die Granulomatose mit Polyangiitis zu diagnostizieren, ist die Messung der Autoantikörper (ANCA-Test). In 80–90 Prozent der Fälle sind bei Patienten mit GPA c-ANCA-Antikörper nachweisbar. Auch eine Untersuchung der Nierenwerte und Urinbefunde kann dabei helfen, die Erkrankung zu erkennen. Zu den Warnsignalen gehören hier erhöhte Nierenwerte sowie Blut und/oder Eiweiß im Urin.
Bildgebende Verfahren
Um Veränderungen wie runde Schatten, kleine Knoten oder unklare Bereiche im Gewebe zu erkennen, werden im nächsten Schritt bildgebende Verfahren eingesetzt – etwa Röntgenaufnahmen oder eine Computertomografie (CT) der Lunge und der Nasennebenhöhlen. Wenn Beschwerden an den Augen oder im Nervensystem auftreten, kann zusätzlich eine Magnetresonanztomografie (MRT) sinnvoll sein.
Gewebeprobe (Biopsie)
Damit man den Verdacht auf Granulomatose mit Polyangiitis bestätigen kann, wird in vielen Fällen Gewebe aus der Nasenschleimhaut, der Lunge oder den Nieren entnommen.

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Behandlung
Die Behandlung der Granulomatose mit Polyangiitis verläuft in der Regel in zwei Abschnitten, hängt jedoch davon ab, wie stark die Krankheit fortgeschritten ist. Dabei ist zunächst das Ziel, die Symptome in der Akutphase zu lindern und die betroffenen Organe zu schützen. Hierbei kommt eine Kombination aus Kortison und Medikamenten, die das Immunsystem unterdrücken, zum Einsatz. Bei sehr schweren Ausprägungen der GPA, etwa bei Nierenversagen, ist zeitweise auch eine Plasmapherese (Blutwäsche) notwendig.5
Nach erfolgreicher Eindämmung der Krankheit folgt im nächsten Schritt die Erhaltungstherapie, bei der über einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren weitere Medikamente verabreicht werden. Sie sollen das Immunsystem dauerhaft leicht dämpfen und so Rückfälle verhindern.