8. Mai 2024, 16:56 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Morbus Crohn ist eine entzündliche Erkrankung des Darmtrakts, die Medizinern noch immer viele Rätsel aufgibt. Was sie mit Alzheimer zu tun hat, mit welchen Symptomen sie sich bemerkbar macht und wie sie am besten behandelt wird – FITBOOK fasst die wichtigsten Informationen zusammen.
Schätzungen zufolge leiden in Deutschland zwischen 320.000 und 470.000 Menschen an Morbus Crohn.1,2 Die chronisch verlaufende Entzündung betrifft besonders den letzten Abschnitt des Dünndarms und den Anfang des Dickdarms. Namensgeber der Krankheit ist der 1983 verstorbene US-Arzt Burrill B. Crohn. Jahrzehntelang hatte er sie erforscht. Ein Heilmittel dagegen gibt es jedoch bis heute nicht. FITBOOK über Risikofaktoren, Symptomen, Diagnose und Behandlung der chronischen Darmentzündung.
Übersicht
Typische Symptome bei Morbus Crohn
Die Krankheit verläuft in der Regel in Schüben. Betroffene sind phasenweise beschwerdefrei und werden dann plötzlich von Durchfällen und Schmerzen im Unterbauch geplagt. Auch Gewichtsverlust, Fieber und Abgeschlagenheit gehören zu den möglichen Symptomen. Rund 20 bis 40 Prozent der Betroffenen leiden unter zusätzlichen Beschwerden wie Gelenk- oder Augenentzündungen.3 Weitere mögliche extraintestinale Manifestationen (Beschwerden, die außerhalb des Verdauungstraktes auftreten) können z. B. die Haut, Schleimhäute, Gefäße, Niere, Leben und Gallenwege betreffen. Bei Kindern kann Morbus Crohn auch zu Wachstumsstörungen führen.
Mögliche Symptome im Überblick:
- Erhöhte Stuhlgang-Frequenz
- Durchfälle
- krampfartige Bauchschmerzen
- Übelkeit und Erbrechen
- Vereinzelt Episoden mit Fieber
- Gelenkentzündungen
- Augenentzündungen
- Gewichtsverlust
- Abgeschlagenheit
- Haut-/Schleimhaut-Bescherden
- Beeinträchtigungen der Niere und Leber
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Diagnose
Ein Gastroenterologe führt zunächst ein ausführliches Gespräch, um zu erörtern, ob es sich wirklich um Morbus Crohn handelt oder um eine andere Erkrankung, die ähnliche Beschwerden verursacht. Dies können ein entzündeter Blinddarm, Nahrungsmittelunverträglichkeiten, ein Reizdarm oder Colitis ulcerosa sein. Bei Letzterem handelt es sich ebenfalls um eine entzündliche, chronisch verlaufende Darmerkrankung.
Meist veranlasst der Arzt eine Blut- und Stuhlprobe sowie eine Darmspiegelung. Dabei wird ein schlauchartiges Instrument durch den After in den Dickdarm eingeführt. Mit einer Kamera können so entzündete Stellen erkannt werden.
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Risikofaktoren
Die genauen Ursachen für Morbus Crohn sind unbekannt. Als gesichert gilt, dass eine genetische Veranlagung eine Rolle spielt. Fest steht auch, dass bei Betroffenen die Zusammensetzung der Darmflora eine andere ist als bei Gesunden. Allerdings ist unklar, ob diese veränderte Darmflora das Morbus Crohn auslöst oder ob die Erkrankung sie derartig verändert.
Das US-amerikanische Journal of Gastroenterology führt gleich mehrere Studien in seiner Datenbank auf, die belegen, dass sich Rauchen negativ auf den Verlauf von Morbus Crohn auswirkt. So zeigte 2001 eine französische Untersuchung, dass Patienten, die für ein Jahr oder länger mit dem Rauchen aufhörten, einen weniger schweren Krankheitsverlauf hatten als diejenigen, die weiterhin rauchten.4
Laut einer Leipziger Fallkontrollstudie, die 2020 veröffentlicht wurde, haben Kinder und Jugendliche, die am Daumen lutschen oder Nägel kauen, ein 22 Prozent höheres Risiko, später an Morbus Crohn zu erkranken. Auslöser dabei sollen die Bakterien sein, die durch das Daumenlutschen und Nägelkauen im Mund aufgenommen werden.5
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Morbus Crohn und Ernährung
Eine spezielle Morbus Crohn-Diät gibt es nicht. Wer aber bemerkt, dass nach bestimmten Nahrungsmitteln immer wieder Beschwerden auftreten oder sie sich verschlimmern, sollte auf diese Lebensmittel am besten verzichten. Während eines Schubes ist es ratsam, ballaststoffreiche Kost wie Kohl oder Hülsenfrüchte wegzulassen, um den Darm nicht zusätzlich zu belasten.
Behandlung
Eine vollständige Heilung von Morbus Crohn ist derzeit noch nicht möglich. Jedoch können die Krankheitsschübe und Beschwerden heute gut therapiert werden.
Medikamentös
Bestimmte Medikamente, sogenannte Salicylate, können bei leichtem Verlauf die Entzündungen im Darm abklingen lassen. Bei schwereren Krankheitsschüben werden Kortison-Präparate mit dem Wirkstoff Prednisolon eingesetzt. Als Immuntherapie können neben Budenosid (Akutphase) und Prednisolon auch Zytostatika und monoklonale Antikörper angewandt werden.6
Ein Kieler Forschungsteam macht Hoffnung auf ein neues Medikament. Das berichtete im März 2021 der „Informationsdienst Wissenschaft“. Das Mittel namens „Olamkicept“ soll Entzündungen im Darm erfolgreich dämpfen können. Dies belegen zumindest Tierversuche. Eine Testreihe mit Erkrankten brachte auch erste positive Ergebnisse.7
Operativ
Laut der Deutschen Morbus Crohn und Colitis ulcerosa Vereinigung (DCCV) benötigen zwei von drei Patienten mit Morbus Crohn mindestens einmal im Leben einen chirurgischen Eingriff. Es kann beispielsweise notwendig sein, Fisteln oder Abszesse zu entfernen. Mitunter muss auch ein Stück des Darms entfernt werden.
Beim Thema Operationen sollte jedoch erwähnt werden, dass eine chirurgische Therapie nicht zu einer definitiven Heilung führt, aber zur Vermeidung von schwereren Komplikationen notwendig sein kann. Auch wenn eine Heilung nicht möglich ist, ist unter regelmäßiger Kontrolle und adäquaten Therapie die Lebenserwartung der Betroffenen kaum eingeschränkt.
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Mögliche Folgeerkrankungen von Morbus Crohn
Das Risiko, an Alzheimer zu erkranken, ist bei Morbus-Crohn-Betroffenen doppelt so hoch wie bei Gesunden, wie eine Gruppe taiwanesischer Wissenschaftler um Dr. Bing Zhang vom Veterans General Hospital in Taipeh herausgefunden hat. Für diese Studie waren 16 Jahre lang 1742 Patienten begleitet worden. Die 2020 veröffentlichte Studie kam zugleich zu dem Ergebnis, dass die Alzheimer-Erkrankung bei Morbus-Crohn-Patienten rund sieben Jahre früher auftritt als bei Gesunden. Toxische Stoffe im Darm, die über das Nervensystem ins Gehirn gelangen, könnten dafür verantwortlich sein.8
Morbus-Crohn-Patienten erkranken zusätzlich häufiger an Darmkrebs. Wissenschaftler sind zu diesem Ergebnis gekommen, nachdem sie Patientendaten aus Dänemark und Schweden von 1969 bis 2017 ausgewertet hatten. Das Risiko sei besonders erhöht, wenn die Erkrankung vor dem 40. Lebensjahr ausgebrochen sei.9 Regelmäßige Untersuchungen und Darmspiegelungen sind deswegen besonders wichtig.