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Ursachen, Behandlung, Komplikationen

Warum Kinder besonders häufig von Mittelohrentzündung betroffen sind

Mittelohrentzündung Kinder
noch ergänzen Foto: Getty Images

17. Februar 2025, 13:02 Uhr | Lesezeit: 10 Minuten

Stechende Ohrenschmerzen, die in Wellen kommen und den ganzen Kopf zudröhnen können: Eine Mittelohrentzündung ist zwar meist nach wenigen Tagen ausgeheilt, aber während der Symptomphase eine sehr belastende Angelegenheit. FITBOOK-Autorin Doris Tromballa erklärt Ihnen alles zu Ursachen, Symptomen und Behandlungsmöglichkeiten.

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„Otitis media“ ist der medizinische Fachausdruck für die akute Mittelohrentzündung. Sie betrifft vor allem Kinder zwischen dem ersten und sechsten Lebensjahr.1 Typische Symptome sind neben den pochenden Ohrenschmerzen auch Fieber und Unruhe.2 In den meisten Fällen heilt die Entzündung von selbst ab, aber ein Besuch beim Arzt oder der Ärztin ist in den meisten Fällen ratsam.

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Was ist eine Mittelohrentzündung?

Das Mittelohr liegt hinter dem Trommelfell. Auslöser einer Mittelohrentzündung ist meist ein Infekt der oberen Atemwege: Erkältungsviren oder Bakterien dringen in den Rachenraum ein, und die Schleimhäute entzünden sich. Über die sogenannte Ohrtrompete (auch: „eustachische Röhre“ oder „Tube“ genannt) ist das Mittelohr mit dem Rachenraum verbunden. Die Ohrtrompete ist ein schmaler Verbindungskanal mit einer Länge von etwa vier Zentimetern.3 Über diese Ohrtrompete kann die Entzündung im Rachenraum bis in das Mittelohr wandern. Die Schleimhaut der Ohrtrompete schwillt an und die Röhre verstopft. Flüssigkeit sammelt sich im Mittelohr, kann nicht mehr abfließen und drückt auf das Trommelfell. Dieser Druck verursacht die gefürchteten charakteristischen Schmerzen einer Mittelohrentzündung und beeinträchtigt das Hören.

Warum sind Kinder besonders häufig betroffen?

Akute Mittelohrentzündungen sind eine sehr häufige Erkrankung bei Babys und Kleinkindern: Bis zum Alter von drei Jahren haben acht von zehn Kindern bereits einmal eine Mittelohrentzündung gehabt. Bis zu einem Drittel der erkrankten Kinder hat sogar mehrmals damit zu tun.4 Grund: Bei Kindern ist die Ohrtrompete kürzer und enger als bei Erwachsenen. Das erleichtert es Keimen, vom Nasen-Rachen-Raum ins Mittelohr zu gelangen und dort eine Entzündung auszulösen. Zudem ist das Immunsystem der Kleinen noch in der Entwicklung, wodurch sie anfälliger für Infektionen sind. Außerdem haben sie in der Kita und im Kindergarten viel Kontakt zu anderen Kindern – da können die Keime leichter „überspringen“. Nach dem siebten Lebensjahr sind Mittelohrentzündungen seltener: Dann haben sich die Ohrtrompete und das Immunsystem weiterentwickelt.

Weitere Risikofaktoren für eine Mittelohrentzündung bei Kindern:

  • Wenn Kinder nicht gestillt wurden, sondern von Geburt an Flaschennahrung bekommen haben
  • Das häufige Benutzen eines Schnullers oder einer Milchflasche im Liegen
  • Vergrößerte Rachenmandeln („Polypen“)
  • Wenn Kinder häufig Tabakrauch ausgesetzt sind.
  • Genetische Faktoren5

Typische Symptome einer Mittelohrentzündung

Die Anzeichen können variieren, aber häufig treten folgende Symptome auf:

  • Ohrenschmerzen: Plötzlich auftretend und oft sehr intensiv (stechend, pulsieren, oft in Wellen auftretend)
  • Fieber über 38 Grad Celsius
  • Unruhe und Weinen: Besonders bei Säuglingen und Kleinkindern ein Hinweis auf Schmerzen.
  • Schlafstörungen: Die Schmerzen können den Schlaf beeinträchtigen.
  • Hörprobleme oder Ohrgeräusche: Durch die Flüssigkeitsansammlung im Mittelohr kann das Hören beeinträchtigt sein.

Bei sehr kleinen Kindern können die Symptome weniger klar sein: Sie greifen sich häufig ans Ohr, sind quengelig oder wollen nicht essen. Manchmal treten auch Erbrechen oder Durchfall auf.6

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Die Diagnose

Um festzustellen, ob der Grund für die Ohrenschmerzen wirklich eine Mittelohrentzündung ist, wird zunächst das Trommelfell mit einem Otoskop, einem speziellen Vergrößerungsglas, untersucht. Denn bei einer Mittelohrentzündung sieht das Trommelfell nicht wie üblich gräulich aus, sondern eher rosa. Weil die Belüftung nicht richtig funktioniert, zieht sich das Trommelfell nach innen und die Blutgefäße weiten sich – dadurch entsteht die Verfärbung. Ist Flüssigkeit im Ohr, kann man sie manchmal durch das Trommelfell hindurch schimmern sehen. Wenn sich Eiter bildet, wölbt sich das Trommelfell nach außen, und manchmal ist sogar schon ein kleiner Riss erkennbar. Zusätzlich wird die Nase und den hinteren Bereich des Rachens überprüft.

Tritt die Mittelohrentzündung zum wiederholten Male auf, werden Hörtests durchgeführt. Dazu gehört zum Beispiel die Tympanometrie, bei der geprüft wird, wie gut das Trommelfell schwingt und welcher Druck im Mittelohr herrscht.7 Für Kleinkinder und Babys gibt es ein spezielles Verfahren, bei dem kleine Schallwellen ins Ohr geschickt werden, um zu testen, ob das Innenohr darauf reagiert. Bei der Tonaudiometrie wird zusätzlich geprüft, welche Töne das Kind noch hören kann.

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Behandlungsmöglichkeiten

In 80 Prozent der Fälle heilt eine Mittelohrentzündung bei Kindern innerhalb von zwei bis drei Tagen von selbst ab. Die Hauptziele der Behandlung sind daher die Linderung der Schmerzen und die Senkung des Fiebers. Wirkstoffe wie Paracetamol oder Ibuprofen können in altersgerechter Dosierung als Saft oder Zäpfchen verabreicht werden. Sie lindern die Schmerzen und senken das Fieber. Nasentropfen können helfen, die Belüftung des Mittelohrs zu verbessern, weil sie die Schleimhäute in der Nase abschwellen lassen. So kann das Sekret besser abfließen. Allerdings sollten diese Mittel nur nach ärztlicher Absprache angewendet werden! Nasentropfen können bei zu langer Anwendung die Schleimhäute nachhaltig schädigen, bei Säuglingen dürfen keine ölhaltigen Nasentropfen verwendet werden und Schmerzmittel müssen genau nach Gewicht des Kindes dosiert werden.

Antibiotika kommen nur in besonderen Fällen zum Einsatz. Da viele Mittelohrentzündungen viral bedingt sind, helfen Antibiotika in diesen Fällen ohnehin nicht. Sie kommen vor allem dann zum Einsatz, wenn:

  • das Kind unter sechs Monaten alt ist.
  • beide Ohren betroffen sind (bei Kindern unter zwei Jahren).
  • eitriger Ausfluss aus dem Ohr vorliegt.
  • die Symptome nach zwei bis drei Tagen nicht besser werden oder sich verschlimmern.8

Solange die Entzündung noch aktiv ist, sollte das Ohr vor Wasser geschützt werden – also kein Untertauchen in der Badewanne, kein Abbrausen des Ohres in der Dusche und kein Schwimmbadbesuch.

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Wann sollte man bei einer Mittelohrentzündung zum Arzt?

Wann sollte man bei einer Mittelohrentzündung zum Arzt/zur Ärztin?
Eine akute Mittelohrentzündung ist kein medizinischer Notfall – sie sollte aber unbedingt ärztlich begleitet werden, um Folgeschäden zu vermeiden. Ein Kinderarzt oder eine Kinderärztin kann mit einem Otoskop feststellen, ob das Trommelfell gerötet oder vorgewölbt ist – typische Anzeichen für eine Entzündung.

Zudem können Ärztin und Arzt so beurteilen, ob eventuell Flüssigkeit hinter dem Trommelfell vorhanden ist. Bei Bedarf können kindgerechte, schmerzstillende Mittel, wie Ibuprofen oder Paracetamol empfohlen werden. Auch können Arzt oder Ärztin beurteilen, ob Antibiotika helfen können. Die wirken nämlich nur, wenn die Erreger Bakterien sind, bei Viren können Antibiotika nichts ausrichten. 70 Prozent der Mittelohrentzündungen sind Mischinfektionen mit viralen und bakteriellen Erregern, in 20 Prozent der Fälle handelt es sich um rein bakterielle Infektionen.9

Alarmierend sind Symptome wie Gesichtslähmung oder Schwindelgefühl. Dann kann es sein, dass die Entzündung auf die Gehirnnerven oder das Innenohr übergegriffen hat und eine sofortige Behandlung mit Antibiotika eingeleitet werden muss.

Mögliche Komplikationen oder Folgeschäden

Wenn eine Mittelohrentzündung über mehrere Wochen bleibt, nennt man das eine chronische Otitis media. Die Schmerzen und das Fieber gehen dann zwar zurück, aber die Flüssigkeit sammelt sich weiterhin im Mittelohr. Viele Kinder haben dabei immer wieder eitrigen Ausfluss aus dem Ohr.

Bleibender Hörverlust

Kritisch ist auch eine Mittelohrentzündung, die durch Grippeviren ausgelöst wird. Dann wird das Trommelfell von blutiger Flüssigkeit bedeckt, es können sich kleine Bläschen bilden, und die Flüssigkeit kann bis in den Gehörgang laufen. Oft ist auch das Innenohr betroffen, was nicht selten zu einem bleibenden Hörverlust bei hohen Tönen führt.

Mastoiditis

Es kann auch zwei bis vier Wochen nach einer akuten Mittelohrentzündung zu einer sogenannten „Mastoiditis“ kommen: Dabei entzündet sich der Warzenfortsatz (eine Knochenvorwölbung des Schläfenbeins hinter dem Ohr). Auch hier drohen eine dauerhafte Trommelfellschädigung und eine Beeinträchtigung des Hörvermögens. In den letzten Jahren kam es immer häufiger zu dieser Komplikation – HNO-Ärztinnen und HNO-Ärzte raten deshalb dringend dazu, eine Mittelohrentzündung nicht unbehandelt zu lassen.10

Gesichtsnervenlähmung

Eine weitere mögliche Komplikation ist eine Gesichtsnervenlähmung (Fazialisparese). Da der Gesichtsnerv direkt am Mittelohr verläuft, kann die Entzündung auf ihn übergreifen und eine einseitige Lähmung der Gesichtsmuskulatur verursachen.11

Labyrinthitis

Wenn die Entzündung bis ins Innenohr vordringt, kann es zu einer sogenannten „Labyrinthitis“ kommen: Dabei tritt starker Schwindel, Hörverlust und Erbrechen auf. Charakteristisch für die Labyrinthitis ist, dass auf der betroffenen Seite plötzlich das Auge zu zucken beginnt. Bei diesen Symptomen gilt: Sofort zum Arzt oder zur Ärztin, unbehandelt kann dies zu einer Hirnhautentzündung oder bleibenden Hörschäden führen.

Meningitis

Eine Hirnhautentzündung (Meningitis) kann entstehen, wenn sich die Entzündung auf die Hirnhäute ausbreitet. Warnzeichen sind plötzliches hohes Fieber, starke Kopfschmerzen, Nackensteifigkeit, Verwirrtheit, Lichtempfindlichkeit und Erbrechen. Ebenfalls möglich sind Hirnabszesse, also Eiteransammlungen im Gehirn, die je nach Lage Kopfschmerzen, Fieber oder neurologische Störungen auslösen können. Eine weitere gefährliche Komplikation ist eine Sinusvenenthrombose, bei der sich in den großen Venen des Gehirns Blutgerinnsel bilden. Dies kann Kopfschmerzen, Schwellungen und neurologische Ausfälle verursachen. Wenn solche Symptome auftreten, gilt ebenso: Sofort ab in medizinische Behandlung!

Kann man einer Mittelohrentzündung vorbeugen?

Mittelohrentzündungen sind in der Regel Folgeerkrankungen nach Erkältungen oder grippalen Infekten. Das macht Vorbeugung so schwierig – Kinder im Vorschulalter haben zu elf Mal im Jahr eine Erkältung.12 Aber es gibt Möglichkeiten, die Risikofaktoren für eine Mittelohrentzündung zu verringern:

  • Kinder vor Tabakrauch schützen
  • Bis zum sechsten Lebensmonat stillen13
  • Impfung gegen Pneumokokken und Grippe14
  • Nicht erkältet ins Schwimmbad (und schon gar nicht nachher mit nassen Haaren an die kalte Luft)
  • Bei einer Erkältung Nasentropfen benutzen, um die ausreichende Belüftung des Mittelohrs sicherzustellen
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Gibt es wirksame Hausmittel bei Mittelohrentzündung?

Viele Eltern probieren bei ihrem kranken Kind auch Hausmittel oder alternative Methoden aus. Allerdings gibt es kaum wissenschaftliche Beweise dafür, dass sie wirklich gegen Ohrenschmerzen oder Fieber helfen – oft wurden sie gar nicht erst richtig untersucht.

Zum Beispiel setzen manche Eltern auf Wadenwickel, um das Fieber zu senken. Andere legen ein Zwiebelsäckchen aufs schmerzende Ohr oder nutzen Rotlicht, um es zu wärmen. Ob das wirklich hilft, ist nicht belegt – aber manche Kinder empfinden es zumindest als angenehm.

Auch verschiedene Anwendungen der Komplementärmedizin werden in der Wissenschaft diskutiert (Akupunktur, Gabe von Probiotika, Ohrkerzen, pflanzliche Medikamente). Allerdings sind die Forschungsergebnisse bisher recht dünn – und so werden diese Methoden derzeit als wenig erfolgversprechend betrachtet.15 Meist helfen schmerzlindernde und fiebersenkende Mittel zusammen mit viel Zuwendung. Dabei sollte man den Krankheitsverlauf gut im Auge behalten, denn in manchen Fällen ist doch eine weitere Behandlung nötig.

Themen Kindergesundheit Ohrengesundheit Ohrenschmerzen

Quellen

  1. Berufsverband der Kinder- und Jugendärzt*innen e.V. Was ist eine Mittelohrentzündung (Otitis media)? Kinder- und Jugendärzte im Netz e.V. (aufgerufen am 14.2.2025) ↩︎
  2. HNO-Ärzte im Netz. Akute Mittelohrentzündung – Definition und Häufigkeit. (aufgerufen am 14.2.2025) ↩︎
  3. Uniklinikum Köln. Tubenfunktion (aufgerufen am 14.2.2025) ↩︎
  4. Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen. Mittelohrentzündung. Gesundheitsinformation.de (aufgerufen am 14.2.2025) ↩︎
  5. Geng, R. Wang, Q., Chen, E., Zheng, Q.J. (2019). Current Understanding of Host Genetics of Otitis Media. Frontiers in Genetics. ↩︎
  6. Taha J.A. Otitis Media (Acute) - Ear, Nose, and Throat Disorders. MSD Manual Professional Edition (aufgerufen am 14.2.2025) ↩︎
  7. Onusko, E. Tympanometry. American Family Physician (aufgerufen am 14.2.2025) ↩︎
  8. Danishyar, A., Ashurst, J.V. Acute Otitis Media. StatPearls. (aufgerufen am 14.2.2025) ↩︎
  9. Gelbe Liste. Otitis Media (aufgerufen am 14.2.2025) ↩︎
  10. Voß, N, Sadok, N., Goretzki, S. et al. (2023). Häufung von Komplikationen der akuten Otitis media und Sinusitis bei Kindern 2022/2023. HNO. ↩︎
  11. Prasad, S., Vishwas, K.V.,Pedaprolu, S., Kavyashree, R. (2017). Facial Nerve Paralysis in Acute Suppurative Otitis Media-Management. Indian Journal of Otolaryngology and Head and Neck Surgery : Official Publication of the Association of Otolaryngologists of India. ↩︎
  12. Lambert , S.B., M. Allen, K.M., Druce, J.D. et al. (2007). Community Epidemiology of Human Metapneumovirus, Human Coronavirus NL63, and Other Respiratory Viruses in Healthy Preschool-Aged Children Using Parent-Collected Specimens. Pediatrics ↩︎
  13. Lieberthal, A.S., Carroll, A. E., Chonmaitree, T. et al. (2013). The Diagnosis and Management of Acute Otitis Median. Pediatrics. ↩︎
  14. Principi, N.,Baggi, E., Esposito,S. (2012). Prevention of Acute Otitis Media using Currently Available Vaccines. Future Microbiology. ↩︎
  15. Marom, T. Paola, M., Tamir, Ovnat, S. (2016). Complementary and Alternative Medicine Treatment Options for Otitis Media. Medicine. ↩︎
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