16. Januar 2024, 21:09 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Menschen, die an Migräne leiden, haben in unregelmäßigen Abständen mit mitunter extremen Kopfschmerzattacken zu kämpfen. Darüber hinaus ist bei Betroffenen der neurologischen Erkrankung offenbar das Risiko erhöht, chronisch-entzündliche Darmerkrankungen zu entwickeln. Das erklären Forscher auf Basis einer aktuellen Untersuchung.
Migräne steht für eine neurologische Erkrankung, die Betroffene mit mittelstarken bis starken, anfallartigen Kopfschmerzen buchstäblich außer Gefecht setzen kann. Die Beschwerden können mehrere Stunden bis Tage andauern und werden nicht selten von Geräusch- und Lichtempfindlichkeit begleitet, ebenso von Übelkeit und Durchfall. Eine mögliche Verbindung zwischen Migräne und gastrointestinalen Störungen ist so gesehen nicht ganz überraschend. Doch offenbar müssen Betroffene gar mit schweren Systemerkrankungen des Gastrointestinaltrakts rechnen, besser bekannt als chronisch-entzündliche Darmerkrankungen. Davor warnen aktuell koreanische Forscher.
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Übersicht
Einfluss von Migräne auf das Risiko für Darmerkrankungen
Unter chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (international geläufige Abkürzung: IBD) versteht man Krankheiten, die mit einer Entzündung des Darms und schwerwiegenden wiederkehrenden Symptomen einhergehen. Hierzu zählen starke Bauchschmerzen, Durchfälle und Blutabgänge aus dem Darm. Die beiden häufigsten IBD sind Morbus Crohn und Colitis ulcerosa.
Grundlage der Untersuchung war, dass Betroffene von IBD auffällig oft auch an Migräne leiden. So steht es im Abstract der kürzlich veröffentlichten Studie.1 Deren Ziel sei es gewesen, einen Zusammenhang der beiden Leiden zu belegen und somit eine Scheinkorrelation auszuschließen.
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Vorgehen bei der Untersuchung und Erkenntnisse
Die Forscher haben Daten der Gesundheitsbehörde National Health Insurance Service (NHIS) verwendet. Diese enthalten detaillierte Informationen zur medizinischen Historie südkoreanischer Bürger. Im Mittelpunkt der Untersuchung habe ein zwölfmonatiger Erhebungszeitraum zwischen Januar und Dezember 2009 gestanden.
Von den 10 Millionen berücksichtigten Probanden litten laut den Studienautoren rund 2,8 Prozent an einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung. Und: „Die Inzidenz von IBD war bei Migränepatienten deutlich höher (…)“, heißt es dazu weiter. Im Vergleich mit einer Kontrollgruppe seien dies vor allem ältere Menschen und meist Frauen, vordergründig Personen mit geringem Einkommen und solche, die in ländlichen Gegenden wohnen.
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1,3-fach erhöhtes Erkrankungsrisiko bei Migränepatienten
Durchschnittlich fünf Jahre, nachdem Patienten aufgrund ihrer Migräne in Behandlung gewesen waren, wiesen sie den Daten zufolge eine „kumulative Inzidenz“ von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen auf, insbesondere von Morbus Crohn. Kumulative Inzidenz bezeichnet ein personenbezogenes Risikomaß. Konkret geht es um die Wahrscheinlichkeit, dass jemand in einem bestimmten Zeitraum (in dieser Studie: fünf Jahre) von einem betrachteten Problem betroffen sein wird.2
Zusammenfassend hatten die Migränepatienten verglichen mit der Allgemeinbevölkerung ein 1,3 mal höheres Risiko, an IBD zu erkranken, erklären die Studienautoren. Darüber hinaus sollen die Daten bei ihnen auch eine höhere Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung von u. a. chronischen Nierenerkrankung und Bluthochdruck belegt haben.
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Einschränkung der Studie
Die Verantwortlichen selbst weisen auf gewisse Einschränkungen ihrer Studie hin. Demnach sei das Datenmaterial insofern begrenzt gewesen, als es keinen Zusammenhang zwischen der Schwere von Migränesymptomen und der späteren Entstehung chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen zuließ. Auch habe man auf dieser Basis nicht ermitteln können, ob und inwieweit therapeutische Veränderungen bei Migränepatienten sich auf das potenzielle IBD-Risiko auswirkten.
Dennoch wollen sie mit ihren bisherigen Erkenntnissen belegen können, dass Migräne als ein Risikofaktor für chronisch-entzündliche Darmerkrankungen zu werten ist. Das könnte für die therapeutische Praxis dienlich sein. Denn eine frühere Erkennung ist für eine möglichst erfolgreiche Behandlung von sowohl Morbus Crohn als auch Colitis ulcerosa, die in beiden Fällen auf eine Linderung der Beschwerden und Erhöhung der Lebensqualität abzielt, durchaus von Bedeutung.