26. März 2025, 4:16 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Personen, die über einen längeren Zeitraum oder regelmäßig unter Kopfschmerzen leiden, nehmen zur Linderung ihrer Beschwerden häufig Schmerzmittel ein. Doch genau das kann das Problem verschlimmern. FITBOOK-Autorin Laura Pomer erklärt das Krankheitsbild des medikamenteninduzierten Kopfschmerzes (auch Kopfschmerz bei Medikamentenübergebrauch, MÜK) und stellt mögliche Therapieansätze vor.
Ob Clusterkopfschmerzen oder Migräne – Kopfschmerzen können ein nahezu unerträgliches Ausmaß erreichen. Sie werfen Betroffene regelrecht aus der Bahn, und der Griff zum Schmerzmittel scheint oft der letzte Ausweg zu sein. Doch obwohl diese Medikamente bei starken Beschwerden hilfreich sein können, ist Vorsicht geboten. Denn bei übermäßigem Gebrauch kann ein medikamenteninduzierter Kopfschmerz (MÜK) entstehen.
Übersicht
Das steckt hinter medikamenteninduziertem Kopfschmerz
Es erscheint paradox: Schmerzmittel sollen eigentlich Linderung verschaffen, doch letztlich können sie selbst die Ursache der Beschwerden werden. Der Begriff „medikamenteninduzierter Kopfschmerz“ („induziert“ bedeutet „verursacht“ oder „hervorgerufen“) ist weitgehend selbsterklärend. Die genauen Mechanismen hingegen, die zu diesem Krankheitsbild führen, sind noch nicht vollständig ergründet.
Was man weiß, ist, dass medikamenteninduzierter Kopfschmerz (MÜK) vor allem bei Personen auftritt, die an primären Kopfschmerzerkrankungen wie Migräne, Clusterkopfschmerzen und Spannungskopfschmerzen leiden und aufgrund ihrer Schmerzen häufig Schmerzmittel einnehmen.1 Es wird angenommen, dass der wiederholte Schmerzmittelgebrauch neurobiologische und psychologische Prozesse im Gehirn beeinflusst, was die Schmerzsignale verstärkt und die Beschwerden weiter verschärft.2
Wie schnell es zu MÜK kommen kann
Klar ist also: Schmerzmittel sollten nicht zu häufig eingenommen werden. Doch wie oft ist zu oft? Aus der Internationalen Klassifikation von Kopfschmerzerkrankungen lassen sich folgende Grenzwerte ableiten:3
Ibuprofen, ASS, Paracetamol
Es besteht demnach die Gefahr, einen medikamenteninduzierten Kopfschmerz (MÜK) zu entwickeln, wenn an mehr als 15 Tagen im Monat ein einfaches Schmerzmittel wie Ibuprofen oder ASS eingenommen wird.
Triptane, Opiate, Kombi-Präparate
Es kann noch schneller zu MÜK kommen, wenn Triptane eingesetzt werden. Diese speziell für akute Kopfschmerzen entwickelten Medikamente verengen die erweiterten Blutgefäße im Gehirn, die Migräne und Clusterkopfschmerzen verursachen, und blockieren somit Schmerzsignale. Triptane gelten als das effektivste Mittel gegen Migräne, wie auch eine kürzlich durchgeführte Studie belegte (FITBOOK berichtete).4 Ihre Einnahme kann jedoch bereits bei zehn Tagen im Monat MÜK auslösen. Gleiches gilt für Opiate und Kombipräparate mit mindestens zwei verschiedenen Wirkstoffen
In der Regel dauert es Monate bis Jahre, bis MÜK entsteht. Es handelt sich jedoch um Richtwerte – manche Patienten erfahren auch bei weniger Einnahmetagen eine Chronifizierung ihrer Kopfschmerzen.
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Medikamenteninduzierten Kopfschmerz vermeiden
Betroffenen von primären Kopfschmerzerkrankungen wird häufig die 10-20-Regel empfohlen. Diese besagt, dass an maximal zehn Tagen im Monat Schmerzmittel eingenommen werden dürfen und an mindestens 20 Tagen des Monats sollte darauf verzichtet werden. Auch diese Regel dient jedoch nur als Orientierung. Grundsätzlich lässt sich sagen: Je seltener Schmerzmittel eingenommen werden, desto besser. Doch das ist natürlich schwer umzusetzen, wenn man unter starken Kopfschmerzen leidet. Es kann sinnvoll sein, es zunächst mit sanften Alternativen zu probieren – etwa Nahrungsergänzungsmittel, die helfen sollen, Migräne-Attacken vorzubeugen. Diese sollte man aber am besten ärztlich abklären.

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Behandlung von MÜK
Nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft gilt eine strenge Medikamentenpause als das effektivste Mittel zur Behandlung von MÜK. Diese wird oft auch als „Medikamentenentgiftung“ bezeichnet. Begleitend sollten mit Fachleuten geeignete Maßnahmen zur Weiterbehandlung entwickelt werden, wozu auch der Einsatz anderer vorbeugender Medikamente gehören kann. Neueren Erkenntnissen zufolge könnte auch Botulinumtoxin (Botox) eine vielversprechende Behandlungsmöglichkeit bei Medikamentenübergebrauch sein.5 Botox ist bereits erfolgreich zur Vorbeugung von Migräneattacken eingesetzt worden, da es die Muskeln „lähmt“, die Migräneschmerzen auslösen können.
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Die Medikamentenpause sollte in der Regel zwei bis vier Wochen dauern. In dieser Zeit können Entzugserscheinungen auftreten. Somit können die Kopfschmerzen zunächst stärker werden und Migränesymptome häufiger auftreten. Weiterhin können Übelkeit, Abgeschlagenheit und innere Unruhe hinzukommen. In Einzelfällen kann die Medikamentenpause tagesklinisch oder stationär durchgeführt werden.
„Jeder dritte Patient, der an einem Kopfschmerz durch Medikamentenübergebrauch leidet und dann einen Versuch macht, diesen zu beenden, erleidet innerhalb eines Jahres einen Rückfall.“ Davor warnt die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG). Es sei daher umso wichtiger, dass Betroffene nach dem Entzug weiterhin eine gezielte Kopfschmerzbehandlung erhalten und gegebenenfalls psychologische Unterstützung in Anspruch nehmen. Der Verein empfiehlt zudem, ein Kopfschmerztagebuch zu führen und nichtmedikamentöse Vorbeugungsmaßnahmen wie Entspannungstraining, regelmäßige Regenerations- und Schlafzeiten einzuhalten sowie körperliche Betätigung in den Alltag zu integrieren.