27. Juni 2020, 11:00 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Krank und auf Medikamente angewiesen zu sein, kann einen zu jeder Jahreszeit treffen. Es gibt jedoch verschiedene Wirkstoffe, die unter dem Einfluss von Sonne teilweise gefährliche Hautveränderungen und andere ungewünschte Reaktionen (bis hin zu Krebs) begünstigen können. Im Sommer ist die UVA-Belastung – und damit die Gefahr für die Haut – besonders hoch. FITBOOK hat mit Ärzten gesprochen.
Hätten Sie gedacht, dass manche Medikamente, wenn Sie sich lange in der Sonne aufhalten, für Ihre Gesundheit gefährlich werden können. Und nein, dieses Stück behandelt nicht nur „schwere“ Medikamente. Auch pflanzliche Präparate wie etwa Johanneskraut-Extrakt, das zur Behandlung seelischer Beschwerden eingenommen wird, können durch Sonneneinwirkung gravierende Hautveränderungen verursachen. Man spricht dann von einer phototoxischen Reaktion oder Photodermatitis. Ernährungsmediziner und Internist Dr. med. Matthias Riedl hat das im Gespräch mit FITBOOK genauer erklärt.
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Medikamente, Sonne und Nebenwirkungen = Phototoxische Reaktion
Wenn sich (etwa durch die Einnahme einer Tablette oder Eincremen) eine Substanz im Körper oder auf der Haut befindet, kann es in Reaktion mit ultravioletten Sonnenstrahlen zu einer starken Hautreaktion kommen. Eine Photodermatitis zeigt sich durch Sonnenbrände, Ausschläge oder Hautverfärbungen, weiß Dr. Riedl.
„Das Problem phototoxischer Reaktionen betrifft auch verschiedene Kosmetika und Parfüms, die (u.a. aufgrund eines etwaigen Alkoholgehalts) die Sonnenbrandneigung stellenweise extrem erhöhen und somit heftige Verbrennungen begünstigen können. Das Gleiche droht übrigens auch bei Hautkontakt mit bestimmten Pflanzen und Früchten und/oder ihrem Saft.“–
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Welche Medikamente bei Sonne schwere Schäden verursachen können
Dr. Riedl warnt insbesondere vor Antibiotika. „Beispielsweise die Wirkstoffe Tetracycline oder Gyrasehemmer fördern die Fotosensibilität, also die Lichtempfindlichkeit, und machen Sonnenbrände dadurch wahrscheinlicher.“
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Fatal: Mit der Anzahl der erlittenen Sonnenbrände und Entzündungen auf der Haut steigt auch das Risiko auf eine Krebserkrankung. Und: „Selbst ohne Sonnenbrände besteht auf lange Sicht Krebsgefahr“, betont der Arzt, „also wenn man über zehn bis 20 Jahre regelmäßig unter Sonnenexposition entsprechende Mittel eingenommen hat.“
Die Problematik ist bekannt. Wie Dr. Riedl uns berichtet, warnte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) erst im vergangenen Oktober in einem Rote-Hand-Brief vor dem Wirkstoff Hydrochlorothiazid (HCT). Dieser ist etwa in Entwässerungsmedikamenten enthalten. Die Zahl an Hautkrebserkrankungen sei unter der Behandlung mit HCT deutlich gestiegen. „Deshalb werden seither alternative Präparate verordnet“, weiß der Fachmann.
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Bitte auch Vorsicht bei Hormonen
Hormonpräparate wie die Antibabypille, die oft die Wirkstoffe Mestranol, Norethynodrel oder Diethylstilbestrol enthalten, können unter dem Einfluss von UVA-Strahlen fleckige Pigmentveränderungen auslösen. Außerdem erhöhen bestimmte Psychopharmaka die Lichtempfindlichkeit, ebenso Rheuma-Mittel, erklärt der Experte weiter.
Selbst Schmerzmittel wie Ibuprofen und Diclophenac, die auch bei gesunden Menschen immer mal wieder zum Einsatz kommen, haben schon oft ungünstig mit Sonnenstrahlen reagiert. Laut Dr. Riedl droht das Gleiche bei Fettsenkern – insbesondere, wenn sie einen (oder beide) der Wirkstoffe Fenofibrat oder Clofibrat enthalten.
Bitte immer in der Apotheke nachfragen
Alle kritischen Medikamente hier aufzuzählen, würde den Rahmen sprengen. Zumal es auch immer eine individuelle Frage ist – nicht jeder reagiert auf jedes Medikament gleich. Sowohl bei Arzneimitteln, die Sie dauerhaft einnehmen, als auch bei solchen, die Sie zwecks einer akuten Behandlung kaufen: Bitte erkundigen Sie sich in der Apotheke nach möglichen Wechselwirkungen in der Sonne. Die Fachkräfte können Sie auch über die als sehr selten eingestuften Nebenwirkungen aufklären.
Was ist, wenn man die Medikamente einnehmen MUSS?
An manchen sonnigen Tagen ist eine medikamentöse Behandlung unumgänglich. Dr. Riedl rät dann, unter der Einnahme die Sonne zu meiden und während der UV-starken Mittagszeit auch auf kurzen Wegen einen Sonnenschutz „mit Lichtschutzfaktor 50 oder auch mehr“ aufzutragen. Ebenso empfiehlt er einen Hut und lange Ärmel und Hosen.
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Bei bestehender Photodermatitis – was ist zu tun?
Wenn es zu einer phototoxischen Reaktion gekommen ist, weiß der Hautarzt, was zu tun ist. Wie der Münchener Dermatologe Dr. med. Timm Glüke. Er erklärt im Gespräch mit FITBOOK, dass eine Photodermatitis wie eine Verbrennung behandelt werden sollte. Zunächst sei es also wichtig, die Sonnenexposition sofort einzustellen, in der Regel gingen die Symptome dann schnell zurück. Bei Schmerzen rät er zum Kühlen der betroffenen Stellen, beispielsweise mit Quarkwickeln. Bei schwereren Verbrennungen und Schmerzen können cortisonhaltige Cremes und/oder Antibiotika nötig sein und dann auch schnell heilen.
Ist die Verbrennung (mitsamt einer etwaigen Kruste) augenscheinlich verheilt, sollten Sie weiterhin achtsam sein. „Die neu entstandene Haut ist extrem lichtempfindlich“, warnt der Fachmann. „Sie sollte mindestens drei Monate lang vor direkter Sonneneinstrahlung geschützt werden.“