4. September 2023, 18:46 Uhr | Read time: 5 minutes
Bei verschiedenen gesundheitlichen Problemen kann die Einnahme von Medikamenten sinnvoll oder nötig sein. Doch Arzneimittel haben auch Nebenwirkungen – hierzu zählt in einigen Fällen Scheidentrockenheit. Welche Medikamente dafür besonders verdächtig sind und warum, hat FITBOOK mit einem Experten besprochen.
Scheidentrockenheit kann unangenehm sein und Betroffene auch ein wenig beunruhigen. Vor allem dann, wenn die Ursache unklar ist, sprich keine begründbaren hormonellen Schwankungen vorliegen. Doch daneben gibt es zahlreiche weitere mögliche Erklärungen. FITBOOK hat über das Thema mit dem Gynäkologen Dr. med. Christian Albring gesprochen.1 Im Folgenden soll es vor allem um Scheidentrockenheit als ungewünschte Nebenwirkung von Medikamenten gehen.
Übersicht
Warum Medikamente Scheidentrockenheit auslösen können
Im Beipackzettel verschiedener Medikamente sind unter den möglichen Nebenwirkungen u. a. trockene oder angegriffene Schleimhäute aufgeführt. Etwa bei einer Chemotherapie können dazu auch Reizungen der Schleimhäute zählen. Denn bei der Behandlung, die auf bösartige Krebszellen abzielt, werden mitunter gesunde Zellen geschädigt – darunter auch Schleimhautzellen. Der Mensch hat Schleimhäute u. a. in der Mund- und Nasenhöhle, in den Augen sowie im Intimbereich.
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Antihistaminika
Medikamente aus der Wirkstoffklasse der Histamin-Rezeptorblocker bzw. Antihistaminika haben die Aufgabe, Symptome von Allergien oder allergischen Reaktionen zu lindern. Ein Segen für z. B. Heuschnupfengeplagte, von denen einige aber wohl einräumen würden, dass ihre antiallergischen Tabletten müde machen. Dies ist vor allem bei Mitteln mit dem Wirkstoff Doxylamin der Fall. Dieser gilt als stark sedierendes Antihistaminikum und ist daher auch in einigen Medikamenten zur kurzfristigen Behandlung von Schlafstörungen enthalten. Einige davon sind rezeptfrei in der Apotheke erhältlich.
FITBOOK hat in einer Apotheke in Frankfurt am Main nachgefragt, warum Antihistaminika die Schleimhäute austrocknen können. Doxylamin hat demnach einen abschwellenden Effekt – „die Schleimhäute ziehen sich zurück, da der Wirkstoff ihnen Wasser entzieht“, erklärt uns eine Mitarbeiterin. Die Austrocknung sei eigentlich nicht erwünscht, doch das unangenehme Schwellungsgefühl in der Nase, das die typischen Heuschnupfenbeschwerden bereitet, wird dadurch gelindert. Im Bereich der Vaginalschleimhäute ist der Effekt leider einzig die ungewünschte Scheidentrockenheit.
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Antibabypille
„Allgemein gesehen führt ein Östrogenmangel zu Trockenheitsgefühlen in der Scheide“, erinnert Dr. Albring. Dieser sei typisch vor der ersten und vor allem nach der letzten Periode. Nach der Menopause können Frauen ihren Beschwerden z. B. mithilfe einer Hormonersatztherapie begegnen; zu diesem Zweck gibt es laut dem Experten neben Tabletten auch „niedrig dosierte bioidentische Hormone als Pflaster sowie Gels und Sprays“.
Bei anderen Hormonpräparaten kann der Effekt ein umgekehrter sein. Etwa bei der Antibabypille. Das Verhütungsmittel greift bekanntlich in den Hormonhaushalt der Frau ein – in diesem Fall, um eine Schwangerschaft zu verhindern. Doch als ungewünschte Begleiterscheinung kann das Medikament die Libido vermindern und zu Scheidentrockenheit führen.
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Antibiotika
Ein weiterer häufiger Grund für Trockenheitsgefühle in der Scheide sind laut Dr. Albring Infektionen. Solche kann man sich auf verschiedene Weisen einfangen – auch durch die Einnahme bestimmter Antibiotika.
Das Problem dürften viele Frauen kennen. Nachdem sie einige Tage lang (z. B. zur Behandlung von Streptokokken) ein Antibiotikum eingenommen haben, kommt es zu Juckreiz im Intimbereich und dem Befund Pilzinfektion. Der Zusammenhang: Antibiotika sollen zwar in erster Linie die für eine Infektion verantwortlichen Erreger bekämpfen, greifen mitunter aber auch nützliche Bakterien z. B. auf den Schleimhäuten an. Laktobazillen etwa, die für ein gesundes, saures Milieu in der Scheide sorgen. Verringert sich ihre Anzahl, steigt der pH-Wert. Das mögen verschiedene Keime (darunter Hefepilze), die sich dadurch bestens ausbreiten können.
Eine Vaginalpilzinfektion ist man in der Regel schnell und unkompliziert wieder los. Lesen Sie mehr zum Thema „Scheidenpilz erkennen und behandeln“ bei den Kollegen von STYLEBOOK.
Antidepressiva
Medikamente zur Behandlung von psychischen Erkrankungen wie z. B. Depressionen nehmen häufig Einfluss auf die Libido. Viele der Mittel – insbesondere Antidepressiva aus der Gruppe der sogenannten Serotonin-Wiederaufnahmehemmer – gehen mit sexuellem Desinteresse einher. Dies ist auch durch Studien belegt.2 Die körperlichen Folgen können bei Männern z. B. Erektions- bzw. Potenzprobleme und bei Frauen Scheidentrockenheit sein.
Was kurzfristig hilft
Wenn die Scheidentrockenheit auf Medikamente zurückzuführen ist, welche nur kurzfristig eingenommen werden, sollten die Beschwerden nach dem Absetzen schlagartig abklingen. Bis dahin sind sie deshalb natürlich nicht weniger unangenehm – vor allem beim Geschlechtsverkehr. Hier kann Scheidentrockenheit bei beiden Partnern Frust verursachen und zudem ohne geeignete Gegenmaßnahmen schlimmstenfalls zu Verletzungen (womöglich mit der Folge von Infektionen) führen. Verwenden Sie in intimen Situationen Gleitgel. Daneben gibt es zur lokalen Behandlung auch Feuchtcremes und -salben sowie (hormonhaltige) wohltuende Gele.
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Quellen
- 1. fachliche Beratung von Dr. med. Christian Albring, Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe (Frauenärzte im Netz)
- 2. Kennedy, S., Rizvi, S. (2009), Sexual dysfunction, depression, and the impact of antidepressants. Journal of Clinical Psychopharmacology