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Achtung, Wechselwirkung!

Diese Lebensmittel können einen Einfluss auf häufig genutzte Medikamente haben

Lebensmittel Einfluss Medikamente
FITBOOK sagt, was die Forschung bislang über Wechselwirkungen zwischen einzelnen Medikamenten und Lebensmitteln weiß Foto: Getty Images
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FITBOOK Redaktion

22. Januar 2024, 4:51 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten

Es gibt bestimmte Fälle, da kann die Ernährung eine entscheidende Rolle für die Medikamentenwirkung oder das Auftreten von Nebenwirkungen spielen. Wir erklären in diesem Artikel, welche das sind und wie diese Wechselwirkung zustande kommt. 

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Ob man ein Medikament vor oder nach dem Essen einnimmt, macht schon einen großen Unterschied. Aber auch die Wahl dessen, was wir um den Zeitpunkt der Einnahme herum essen, kann die Wirkung von bspw. Schmerzmitteln, Blutdruckmedikamenten oder Cholesterinsenkern signifikant beeinflussen. Die Effekte reichen von Verstärkung der Wirkung bis hin zum häufigeren Auftreten von Nebenwirkung. FITBOOK hat sich Studien zu möglichen Wechselwirkungen zwischen bestimmten Lebensmitteln sowie häufig genutzten Medikamenten angesehen und erklärt, welchen Einfluss diese auf deren Wirkung haben können.

Faktoren für die Wirkung von Medikamenten

Wie Medikamente genau wirken, hängt von vielen Faktoren ab. Man unterscheidet dabei grob zwischen intrinsischen sowie extrinsischen Faktoren. Erstere umfassen Dinge, auf die wir nicht wirklich Einfluss nehmen können: Alter, Geschlecht, Ethnizität, Gene und Erkrankungen. Im Gegensatz dazu beziehen sich extrinsische Faktoren auf modifizierbare Dinge, wie die Umgebung, den Lifestyle (Sport-, Alkohol- und Rauchverhalten), die Ernährung und unser Verhalten.

Das Besondere dabei ist, dass die Wechselwirkung beidseitig geschieht, das heißt: Medikamente beeinflussen etwa Appetit und Körpergewicht; andersherum haben bestimmte Lebensmittel unter Umständen einen Einfluss auf die Wirkung von Medikamenten – darunter auch solche, die sehr häufig genutzt werden. Auf die Details möchten wir nun genauer eingehen.

Magenfülle, Kapselhülle, Mundgesundheit

Je nachdem, ob man ein Medikament auf vollen oder leeren Magen einnimmt, können (bei gleicher Menge) bereits Unterschiede in der maximalen Konzentration im Blut und Zeitpunkt von Wirkungsbeginn entstehen. Das ist in dem Sinne wichtig, dass manchmal ein früher Konzentrationspeak wünschenswert ist, wie z. B. bei Schmerzmitteln. In anderen Fällen kann eine langsam einsetzende und dafür länger anhaltende Konzentration von Vorteil sein (etwa bei dem Schmerzmittel Diclofenac).  


Ein weiterer Aspekt ist, dass es sogar Medikamente gibt, deren Hülle so hergestellt ist, dass sie erst von der Magensäure zersetzt – und somit freigegeben werden müssen. Werden diese Medikamente auf vollen Magen eingenommen, kann der Wirkstoff somit nicht freigelassen werden. Ein Beispiel dafür sind Protonenpumpenhemmer. Aspirin etwa kann zusammen mit der Magensäure zu Magenverstimmungen oder sogar Schäden an der Magenschleimhaut führen. Daher sollte n diesem Fall eine Einnahme nach dem Essen präferiert werden, um Nebenwirkungen wie Übelkeit oder Erbrechen zu minimieren. 


Schließlich kann auch die Mundgesundheit von einer Einnahme bestimmter Medikamente zusammen mit oder ohne Nahrung beeinflusst werden (bspw. Inhalatoren). Gleiches gilt für die Wirksamkeit von Medikamenten, die die Verdauung fördern sollen, wie z. B. Laktasen.1 Kommen wir nun zu den Wechselwirkungen zwischen einzelnen Lebensmitteln und Medikamenten.

Lebensmittel, die die Aufnahme bestimmter Medikamente verhindern können

Gewisse Lebensmittel können mit bestimmten Wirkstoffen Komplexe bilden und somit deren Aufnahme verhindern. Ein berühmtes Beispiel sind Milchprodukte und bestimmte Antibiotika (z. B. Norfloxacin). Aber auch Mineralwasser, Kaffee und Tee enthalten teilweise Kalzium und/oder Magnesium, was wiederum weitere Medikamente binden kann. Beispiele hierfür sind Promethazin, Antidepressiva, Eisensupplemente oder das Schilddrüsenhormon L-Thyroxin. In diesen Fällen empfiehlt es sich, zwei Stunden zwischen den Einnahmen verstreichen zu lassen.2 

Mögliche Wechselwirkungen mit fettiger Ernährung

Auch eine besonders fettige Ernährung kann die Aufnahme bestimmter Medikamente beeinflussen. Sie begünstigt die Aufnahme lipophiler Medikamente, wie den Betablockern Metoprolol und Propranolol, kann aber im Gegenzug entsprechend die Aufnahme hydrophiler Medikamente, wie die der Betablocker Atenolol und Celiprolol, herabsetzen. Hinzu kommt, dass die Gallensäureproduktion durch eine fettreiche Ernährung angeregt wird. Das kann wiederum die Löslichkeit bestimmter Krebsmedikamente beeinflussen. Alles in allem sollten man also insbesondere bei Medikamenteneinnahme keine Ernährungsexperimente starten und sich möglichst „normal“ ernähren.3

Der Einfluss von Ballaststoffen 

Generell beschleunigen Ballaststoffe die Aufnahme von Medikamenten. Bei Antidepressiva, Statinen und L-Thyroxin können sie aber die Bioverfügbarkeit verringern. Deshalb wird auch hier empfohlen, keine drastische Veränderung der Ernährung zu unternehmen.4

So beeinflussen „High-Protein“-Produkte die Wirkung von Medikamenten

Gerade bei Parkinson-Medikamenten, wie Levodopa, kann eine erhöhte Proteinzufuhr dazu führen, dass es zu einer Art „Konkurrenz“ der Aminosäuren kommt, weshalb insgesamt weniger Levodopa aufgenommen wird bzw. das Gehirn erreicht. Empfohlen wird, das Medikament ca. 60 Minuten vor der proteinreichen Mahlzeit einzunehmen und auf keinen Fall zusammen mit „High-Protein“ Produkten wie Quark oder Joghurt.5 

Lebensmittel mit Einfluss auf häufig genutzte Medikamente – spezifische Interaktionen 

Grapefruits

Die Bitterstoffe der Grapefruit nehmen massiven Einfluss auf Medikamente bzw. deren Wirkung, denn sie hemmen den Abbau zahlreicher Arzneistoffe in der Leber. Dadurch bleibt zu viel Wirkstoff im Blut, was wiederum zu einer höheren Aufnahme und entsprechenden Nebenwirkungen oder sogar Toxizität führen kann. Betroffen sind zum Beispiel einige Statine, die den Cholesterinspiegel senken, oder auch die Anti-Baby-Pille. Dieser Effekt hält 20 bis 30 Stunden an, weshalb eine Einnahme generell nicht empfohlen wird.6

Gemüse mit hohem Vitamin-K-Gehalt

Auch Gemüse mit hohem Vitamin-K Gehalt, wie etwa verschiedene Kohlosorten, kann einen Einfluss haben auf die Wirkung häufig genutzter Medikament. So können sie etwa den Effekt von Antikoagulanzien (Blutverdünner) des Coumarin-Typs (z.B. Phenprocoumon, Warfarin) herabsetzen.7

Lakritz 

Das in Lakritz enthaltende Glycyrrhizin, ein Bestandteil des Süßholzsaftes, kann Einfluss nehmen auf die Wirkung blutdrucksenkender Medikamente. Das gilt jedoch nur, wenn Lakritz in großen Mengen konsumiert wurde.8 

Kaffee, Cola und Energydrinks

Viele Medikamente können den Abbau von Koffein im Körper erschweren und dessen aufputschende Wirkung verstärken. Wer also gerne Kaffee trinkt, sollte am besten nachfragen, ob es zu einer Wechselwirkung kommen kann. Eventuell gibt es ein alternatives Mittel. Andersherum hemmt das Koffein etwa den Abbau von Theophyllin. Das ist ein Wirkstoff, der bei Atemwegserkrankungen wie Asthma und COPD eingesetzt wird. Das kann zu Nervosität, Schlaflosigkeit und Herzrhythmusstörungen führen.

Auch interessant: Schon so wenig Lakritz kann gefährlich werden

Tyramin in fermentierten Lebensmitteln

Gerade fermentierte Lebensmittel enthalten viel Tyramin, das mit sog. MAO-Inhibitoren interagieren kann. Darunter fallen Antidepressiva, wobei der Effekt hier sogar lebensbedrohlich sein kann (z.B. bei Tranycypromin). Bei weitere Antidepressiva und Parkinson-Medikamenten wird der Effekt eher als kritisch bis weniger kritisch eingestuft.9

Alkohol

Zusammen mit gewissen Medikamenten kann insbesondere der Wechsel von kein Alkohol zu sehr viel Alkohol die Magenschleimhaut schädigen. Dies geht wiederum mit einer erhöhten Durchlässigkeit und Aufnahme der Medikamente einher (Beispiele hierfür sind Ibuprofen und ASS). In der Kombination mit bspw. Paracetamol wird zusätzlich die Leber stärker belastet. Am gefährlichsten wird es für Diabetiker, da Alkohol die Glukosebildung hemmt und somit ein glykämischer Schock vermehrt eintreten kann.10 Die Dosierung von Medikamenten müsste eigentlich dem individuellen Alkoholkonsum angepasst werden.

Milchprodukte und Mineralwasser

Käse, Quark und Co. sowie manche Mineralwässer enthalten Kalzium, das wichtig für die Knochen ist. Doch auf gewisse Medikamente können auch diese vermeintlich „harmlosen“ Lebensmittel Einfluss nehmen: Nimmt man etwa bestimmte Antibiotika oder Osteoporosemittel ein, können sie sich im Magen mit dem Kalzium verbinden. Die Folge: der Körper kann das Medikament nicht gut aufnehmen und es wirkt weniger. Hier kann man darauf achten, Medikamente eine gewisse Zeit vor oder nach dem Genuss dieser Lebensmittel einzunehmen und generell kalziumarmes Mineralwasser zu trinken.

Lebensmittel mit Einfluss auf häufig genutzte Medikamente – Fazit 

Es gibt einige Dinge, die man bei der Einnahme von Medikamenten und der Wechselwirkung mit Ernährung beachten sollte. Diese reichen von dem richtigen Zeitpunkt der Einnahme bis hin zu bestimmten Gruppen von oder einzelnen Lebensmitteln, auch wenn nur bestimmte Medikamente betroffen sind. Leider ist die Datenlage aber noch ziemlich dünn, da klinische Studien auf den „Autonormalverbraucher“ angepasst sind. Hinzukommt, dass die Ernährung nur einer von vielen Faktoren ist, der die Wirkweise einer Medikation beeinflusst. Generell sollte also vielmehr in Richtung personalisierte Medizin (Präzisionsmedizin) gedacht werden. 

Wichtig ist immer, den Beipackzettel eines Medikaments zu lesen und beim Arzt oder in der Apotheke noch mal nachzufragen, wenn etwas unklar ist.

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Quellen

Themen Medikamente

Quellen

  1. Weitschies, W., Mehnert, W. (2014). Arzneimittelwechselwirkungen mit Nahrung. Govi E.Book.  ↩︎
  2. Boullata, J.I., Hudson, L.M. (2012). Drug-nutrient interactions: a broad view with implications for practice. Journal of the Academy of Nutrition and Dietetics.   ↩︎
  3. Möll, F., Ballmer, P.E. (2005). Einfluss der Nahrung auf die Arzneimittelwirkung. Rosenfluh.  ↩︎
  4. Stewart, D.E. (1992). High-fiber diet and serum tricyclic antidepressant levels. Journal of Clinical Psychopharmacology.  ↩︎
  5. American Parkinson Disease Association. The challenges of levodopa dosing and food intake. (aufgerufen am 20.12.2023).  ↩︎
  6. Weber, A., Jäger, R., Börner, A. et al. (1996). Can grapefruit juice influence ethinylestradiol bioavailability? Contraception.   ↩︎
  7. University of Iowa Health Care. Warfarin, your diet, and vitamin K foods. (aufgerufen am 16.01.2024)  ↩︎
  8. Zhang, Y., Wu, P., Liu, Y. et al. (1999). Effects of glycyrrhizin on blood pressure and its mechanisms.  ↩︎
  9. Dietitian/ Nutritionists from the Nutrition Education Materials Online. Low Tyramine Diet  ↩︎
  10. National Health Service. Can I drink alcohol if I'm taking painkillers?. (aufgerufen am 20.12.2023)  ↩︎
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