8. Januar 2025, 13:15 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Bei Magenkrebs handelt es sich um eine bösartige Tumorerkrankung der Magenschleimhaut, die durch häufige Infektionen des Organs begünstigt wird. In der Vergangenheit erkrankten im Durchschnitt über 70-Jährige häufig an dieser Krebsart – doch das Alter der Erkrankten nimmt stetig ab, wie eine Studie verdeutlicht.
In den vergangenen zehn Jahren sind die Zahlen der an Magenkrebs verstorbenen Menschen um 29 Prozent bei Frauen und um 26 Prozent bei Männern in Deutschland gesunken.1 Dennoch erliegen der Krankheit nach wie vor viele Menschen, so verzeichnete man im Jahr 2020 insgesamt 8353 Todesfälle. 2022 zählte man außerdem 14.592 Neuerkrankungen hierzulande – weltweit sind es über 960.000 Menschen mit rund 660.000 Sterbefällen.2,3,4 Doch offenbar nimmt das Alter der Betroffenen von Magenkrebsfällen immer weiter ab, wie eine neue Studie herausstellte.
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Übersicht
Verschiebung der Altersgruppe
Hintergrund der Studie ist, dass die allgemeine Inzidenz von Magenkrebsfällen seit Jahrzehnten rückläufig ist. Gründe dafür sind unter anderem der verbesserte Hygienestandard und die Behandlung von Infektionen, die durch das Helicobacter-pylori-Bakterium ausgelöst werden. Dieses kann unter anderem für die Entstehung vieler Magenkrebsfälle verantwortlich sein. Trotz des Rückgangs beobachtete man bei den Neuerkrankungen aber einen erschreckenden Trend: Immer häufiger ist die Altersgruppe unter 50 Jahren von aggressiven Krebsformen betroffen – darunter auch Magenkrebs.
Die Motivation des Forscherteams war, die Ursachen dieser Verschiebung zu identifizieren. Dabei sollten mögliche Zusammenhänge zwischen Umweltfaktoren, Lebensstil und biologischen Mechanismen aufgezeigt werden, die bei jüngeren Menschen zu einer höheren Krankheitslast führen könnten.
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Analyse von weltweiten Krebsdaten
Die Studie verwendete eine retrospektive Analyse von Langzeitdaten aus der GLOBOCAN-Datenbank sowie mehreren nationalen und internationalen Krebsregistern, um weltweite Trends in der Häufigkeit von Magenkrebs über verschiedene Altersgruppen hinweg zu untersuchen.5 Im Fokus standen dabei Erwachsene im Alter von 18 bis 50 Jahren.
Die Forscher untersuchten die Daten im Zeitraum von 2003 bis 2017. Dabei gingen sie auch auf Subtypen von Magenkrebs bzw. individuelle Merkmale der Erkrankung, wie etwa vermehrte Metastasen, ein. Neben epidemiologischen Daten berücksichtigte die Studie auch Risikofaktoren wie z. B. Helicobacter-pylori-Infektionen, Ernährungsgewohnheiten, Übergewicht und Tabakkonsum. Und auch genetische Veranlagungen, welche Magenkrebsfälle begünstigen könnten, sahen sich die Wissenschaftler genauer an.
Unter 50-Jährige häufiger von Magenkrebs betroffen
Die Wissenschaftler stellten fest, dass große Unterschiede in dem weltweiten Vorkommen und der Geschlechterverteilung von Magenkrebs bestehen. So fielen in Ostasien die Inzidenzzahlen am höchsten aus. Grund dafür könnten regional unterschiedliche Ernährungsgewohnheiten, Lebensstile, zunehmendes Übergewicht und Umweltbelastungen sein. Weltweit betrachtet zählte man außerdem mehr Magenkrebsfälle bei Männern.
Während die Gesamtinzidenz dieser Krebsart zwar weltweit abnimmt, zeigt sich jedoch bei Erwachsenen unter 50 Jahren ein Anstieg der Magenkrebsfälle. Auch gibt es wesentliche Unterschiede bei der Betrachtung dieser Altersgruppe und den Gesamtzahlen: Besonders auffällig war der Anstieg in westlichen Ländern wie den USA und Europa, während in Ostasien, wo Magenkrebs insgesamt häufiger vorkommt, dieser Trend weniger stark ausgeprägt war. Des Weiteren beobachtete man, dass Frauen unter 40 Jahren, also oft vor ihrer Menopause, häufiger von Magenkrebs betroffen waren als gleichaltrige Männer. Das könnte laut den Forschern auf einen höheren Östrogenspiegel zurückzuführen sein.
Förderung von Präventionsmaßnahmen
Die Erkenntnisse der Studie haben große Bedeutung für die Forschung, Prävention und Behandlung. Für junge Menschen, die bislang als eine weniger gefährdete Gruppe für Magenkrebs galten, zeigen die Ergebnisse, dass Präventionsmaßnahmen dringend notwendig sind.
Zum einen könnten Screenings und Vorsorgeuntersuchungen auch bei jüngeren Altersgruppen häufiger angeordnet werden, insbesondere bei Menschen mit familiärer Vorbelastung oder anderen Risikofaktoren. Zum anderen sollten Risikofaktoren wie Ernährung und Adipositas in den Fokus rücken: Eine ausgewogene, ballaststoffreiche Ernährung und die Vermeidung von stark verarbeiteten Lebensmitteln könnten eine präventive Wirkung haben.
Für die Forschung ist die Identifizierung der biologischen Mechanismen, die diesen aggressiven Tumoren zugrunde liegen, entscheidend. Molekulare Studien könnten dazu beitragen, gezielte Therapien für jüngere Patienten zu entwickeln.
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Einordnung der Studie
Die Studie bietet eine fundierte Analyse der globalen Trends bei Magenkrebs, hat jedoch einige Einschränkungen. Zum einen handelt es sich um eine retrospektive Analyse, was bedeutet, dass Kausalzusammenhänge nicht direkt bewiesen werden können. Das heißt, dass die Studie zwar erste Hinweise liefert, jedoch genauere Untersuchungen die Mechanismen dahinter analysieren müssen. Zum anderen gab es regionale Unterschiede bei der Begrenztheit der Daten, was die Ergebnisse verzerrt haben könnte.
Ein weiterer Punkt ist, dass individuelle Risikofaktoren, wie detaillierte Ernährungs- und Lebensstilangaben, in den analysierten Daten nicht vollständig erfasst wurden. Daher bleibt unklar, welche Rolle spezifische Umwelt- oder genetische Faktoren bei der Entstehung dieser aggressiven Tumoren spielen.