8. Juni 2023, 14:27 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Obwohl die Corona-Pandemie in Deutschland offiziell vorbei ist, hat sie ihre Spuren hinterlassen. Eine davon ist Long Covid. Das heißt, Corona-Patienten klagen noch Monate nach der Infektion über gesundheitliche Beschwerden. Wie schlimm die Folgen für Betroffene sein können, zeigt eine neue Studie.
Offiziell ist die Corona-Pandemie in Deutschland zu Ende. Das erklärte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach Anfang April 2023.1 Mittlerweile sind auch alle Corona-Schutzmaßnahmen ausgelaufen und die Deutschen fanden zurück zur Normalität. Zumindest der Großteil von ihnen. Denn laut dem Robert Koch-Institut leiden rund sechs Prozent der Covid-Patienten an den Folgen der Erkrankung.2 Das heißt, selbst drei bis zwölf Monate nach der überstandenen Infektion haben die Betroffenen Beschwerden wie Schlafstörungen, häufige Kopfschmerzen und Konzentrationsprobleme. Besonders ein Symptom schränkt die Lebensqualität enorm ein. Laut einer aktuellen Studie so sehr sogar, dass die Betroffenen das Leben mit Long Covid teilweise schlimmer empfinden als mit Krebs.3
Übersicht
Symptome von Long Covid
Die Beschwerden von Long-Covid-Patienten sind sehr vielfältig. Erst kürzlich hat eine Studie die zwölf häufigsten Long-Covid-Symptome ermittelt (FITBOOK berichtete). Dazu zählen folgende Beschwerden, die selbst Monate nach einer Corona-Infektion anhalten:
- Geruchs- und/oder Geschmacksverlust
- Unwohlsein nach körperlicher Anstrengung
- Chronischer Husten
- Brain Fog („Gehirnnebel“)
- Erschöpfung (Fatigue)
Wie britische Forscher nun ermittelten, hat vor allem die anhaltende Erschöpfung (auch Fatigue genannt) einen starken Einfluss auf das Leben mit Long Covid. So sehr sogar, dass manche Menschen die Auswirkung auf ihre Lebensqualität schlimmer empfinden als die im Falle einer Krebserkrankung.
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So lief die Studie ab
In der britischen Studie bewerteten Forscher die Auswirkungen von Long Covid auf das tägliche Leben von 3754 Patienten. Die meisten von ihnen waren zwischen 18 und 65 Jahren alt, 71 Prozent davon weiblich. Die Betroffenen wurden an insgesamt 31, auf Long Covid spezialisierten, Kliniken über einen längeren Zeitraum behandelt. Dazu nutzten sie alle auch eine spezielle Smartphone-App, in der sie über ihre Beschwerden berichteten. Alle Patienten registrierten sich hierfür zwischen November 2020 und März 2022.
Diese App enthielt diverse Fragen, um zu analysieren, wie lange sich die Long-Covid-Symptome auf das tägliche Leben der Betroffenen auswirkten. Es wurden Beschwerden wie Müdigkeit, Depression, Angstzustände, Atemlosigkeit, „Gehirnnebel“ und die allgemeine Lebensqualität abgefragt. Anhand der Daten haben die Forscher die empfundene Lebensqualität ermittelt. Diese verglichen sie mit der Lebensqualität anderer Patienten, die beispielsweise an Krebs oder Parkinson leiden.
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Leben mit Long Covid kann eine extreme Belastung sein
Die Auswertung der Daten ergab, dass Long Covid keine Banalität ist, sondern eine ernsthafte Erkrankung. Viele Corona-Patienten waren lange schwer erkrankt nach ihrer Infektion. So gaben 51 Prozent an, in den letzten vier Wochen mindestens einen Tag lang arbeitsunfähig gewesen zu sein. 20 Prozent gaben an, überhaupt nicht arbeiten zu können. Vor allem die permanente Müdigkeit machte den Betroffenen zu schaffen. So waren im Durchschnitt die „Müdigkeitswerte“ der Patienten schlechter als (oder vergleichbar schlecht ) die von Personen mit krebsbedingter Anämie oder schwerer Nierenerkrankung.
Noch erstaunlicher: Die von den Patienten angegebenen Werte für ihre Lebensqualität waren niedriger als die von Personen im fortgeschrittenen Krebsstadium, wie etwa Lungenkrebs im 4. Stadium. So kamen die Forscher zu der Schlussfolgerung, dass die Auswirkungen von Long Covid auf das tägliche Leben ähnlich gravierend sind, ähnlich wie bei Patienten nach einem Schlaganfall oder mit Parkinson.
„Unsere Ergebnisse haben gezeigt, dass Long Covid gravierende Auswirkungen auf das Leben der Betroffenen haben kann – wobei Müdigkeit den größten Einfluss auf alles hat, von sozialen Aktivitäten über die Arbeit bis hin zur Hausarbeit und der Pflege enger Kontakte“, erklärt der Studienautor Dr. Henry Goodfellow vom Institut für Epidemiologie und Gesundheit am University College London (UCL) in einer Pressemitteilung.4
Forscher warnen vor Auswirkungen auf die Gesellschaft
Die schwerwiegenden und lang anhaltenden Folgen von Long Covid haben nicht nur Einfluss auf das persönliche Leben der Betroffenen. Wie die Forscher betonen, wirke sich das auch auf die Wirtschaft und das soziale Leben aus. Denn viele Patienten seien nicht leistungs- und arbeitsfähig. Auch das Aufrechterhalten von sozialen Kontakten und Aktivitäten falle ihnen schwer. So zeigen Patienten, die an einer Long-Covid-Klinik behandelt wurden, in der Regel mindestens zwölf Wochen nach der akuten Infektion immer noch Long-Covid-Symptome.
„Wir hoffen, dass das bessere Verständnis der Symptome und Auswirkungen auf Patienten mit Long Covid bei Gesundheitsbehörden und politischen Entscheidungsträgern hilft, die begrenzten Ressourcen gezielt einzusetzen, indem sie bestehende Behandlungsmethoden anpassen und neue entwickeln, um den Bedürfnissen der Betroffenen besser gerecht zu werden“, kommentiert Dr. Goodfellow das Studienergebnis.
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Quellen
- 1. Tagesschau: So endet die Pandemie (aufgerufen am 8.6.2023)
- 2. Robert Koch-Institut: Long Covid (aufgerufen am 8.6.2023)
- 3. Walker S., Goodfellow H., Pookarnjanamorakot P., et. al. (2023). Impact of fatigue as the primary determinant of functional limitations among patients with post-COVID-19 syndrome: a cross-sectional observational study. BMJ Open.
- 4. University College London. Long Covid can impact fatigue and quality of life worse than some cancers. (aufgerufen am 8.6.2023)
