19. November 2024, 16:42 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Durch die Arbeit verbringen viele Menschen aus den westlichen Ländern ihren Tag im Sitzen. Das kann Folgen für den Bewegungsapparat haben, z. B. in Form von Fehlhaltungen, Rückenschmerzen oder Bandscheibenvorfällen. Aus diesem Grund sollte man das lange Sitzen mit Sport ausgleichen – davon ist man zumindest ausgegangen. Eine neue Studie widerlegt jedoch diese Annahme.
In Deutschland werden durchschnittlich 538 Minuten im Sitzen verbracht, das entspricht rund neun Stunden am Tag (FITBOOK berichtete). Aus diesem Grund empfiehlt es sich, den Bewegungsmangel mit Sport auszugleichen. Die WHO rät: 150 bis 300 Minuten aerobe Aktivitäten von moderater bis hoher Intensität oder 75 bis 150 Minuten aerobe Aktivität von hoher Intensität wöchentlich auszuführen. Doch einer neuen Studie zufolge kann auch Sport langes Sitzen nicht ausgleichen – und ist schlecht fürs Herz.
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Übersicht
Probanden trugen Beschleunigungsmesser
Die Forscher bezogen Daten aus der UK-Biobank von 89.530 Personen mit einem Durchschnittsalter von 62 Jahren mit in ihre Studie ein.1 Die Probanden trugen eine Woche lang ein Beschleunigungsmesser, um ihre tägliche (In)Aktivität zu messen. Unter Einbeziehung demografischer Daten und Lebensstilfaktoren setzten die Wissenschaftler die gemessene Sitzzeit mit folgenden kardiovaskulären Erkrankungen in Zusammenhang, die später diagnostiziert wurden:
- Vorhofflimmern
- Herzinfarkt
- Herzinsuffizienz
- kardiovaskuläre Mortalität
In einer Untergruppenanalyse setzte man die Erkenntnisse zwischen Sitzzeit und kardiovaskulären Erkrankungen anschließend in einen Zusammenhang mit moderater bis intensiver körperlicher Aktivität. Diese definierte man mit gleich oder mehr als 150 Minuten pro Woche.
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Mehr als 10 Stunden Sitzen erhöhte Risiko für Herzerkrankungen
Die fast 90.000 Teilnehmer saßen durchschnittlich 9,4 Stunden pro Tag. Diese hohen Sitzzeiten konnte man durchaus damit in Verbindung bringen, dass sie trotz Sport schlecht für das Herz sein können. Besonders bei Personen, die 10,6 Stunden oder mehr pro Tag saßen, wurde ein höheres Risiko für Herzinsuffizienz und Vorhofflimmern sowie eine erhöhte kardiovaskuläre Mortalität beobachtet. „Das Risiko einer sitzenden Tätigkeit blieb auch bei körperlich aktiven Menschen bestehen, was wichtig ist, da viele von uns viel sitzen und denken, dass wir das ausgleichen können, wenn wir am Ende des Tages rausgehen und etwas Sport treiben“, erklärt der Erstautor der Studie Dr. Ezim Ajufo.2 Bei Personen, die zwar viel saßen, aber Sport machten, stellte man ein höheres Risiko für Herzinsuffizienz und eine erhöhte kardiovaskuläre Mortalität fest. Auch hier beobachtete man eine Steigung bei einer Sitzzeit von mehr als 10,6 Stunden.
„Unsere Ergebnisse unterstreichen deutlich, wie wichtig es ist, übermäßiges Sitzen zu vermeiden, unabhängig davon, ob Sie körperlich aktiv sind oder nicht“, so Ajufo.3 „Wir würden wirklich empfehlen, dass so viele Menschen wie möglich nicht länger als 10,6 Stunden am Tag sitzen. Das ist kein fester Grenzwert, aber wir denken, dass es ein vernünftiger erster Schritt für Richtlinien und Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit ist.“
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Einordnung der Studie
Die Studie verdeutlicht, dass langes Sitzen – trotz Sport – schlecht für das Herz sein kann. Aus diesem Grund sollte man langes Sitzen vermeiden, indem man sich bspw. Bewegungspausen einräumt. Diese sollte aber nicht nur mit Stehen am Schreibtisch gestaltet werden, sondern noch aktiver. Besprechungen kann man zum Beispiel gehend abhalten. Wer einen höhenverstellbaren Schreibtisch hat, kann davor auf der Stelle laufen.
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Dennoch weisen die Untersuchungen einige Einschränkungen auf. So handelt es sich um eine reine Beobachtungsstudie, die auf Angaben der Probanden beruht. Informationen, die auf einer subjektiven Wahrnehmung basieren, müssen nicht unbedingt Tatsachen entsprechen. Zudem klärt die Analyse nicht auf, weshalb es zu Herzerkrankungen kam.
Des Weiteren fiel die Tragezeit des Beschleunigungsmessers kurz aus. In daran anknüpfenden Studien sollte deshalb ein längerer Zeitraum gewählt werden, um sicherzustellen, dass die Ergebnisse auch über mehrere Wochen hinweg zutreffen. Dadurch, dass das Durchschnittsalter bei 62 Jahren lag, sollte man zudem auch jüngere Generationen in weiteren Forschungsarbeiten mitaufnehmen.