20. März 2024, 4:17 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Bei dem Kurzdarmsyndrom handelt es sich um eine Krankheit, die häufig entsteht, wenn ein großer Teil des Dünndarms operativ entfernt werden muss. Dadurch kommt es zu einer schlechteren Nährstoffaufnahme und Durchfall. FITBOOK erklärt, welche Ursachen und Symptome es gibt und wie man die Erkrankung behandeln kann.
Das Kurzdarmsyndrom tritt bei 34 von einer Million Menschen in Deutschland auf und zählt damit zu den seltenen Krankheiten.1 Doch für vom Syndrom Betroffene bedeutet das einen Alltag mit großen Herausforderungen. Je nach Schweregrad der Erkrankung sind sie stark in ihrer Lebensqualität eingeschränkt – insbesondere, wenn das Kurzdarmsyndrom unbehandelt bleibt.
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Übersicht
Was ist das Kurzdarmsyndrom?
Unter dem Kurzdarmsyndrom (kurz KDS) versteht man eine Erkrankung, die häufig dann auftritt, wenn mehr als zwei Drittel des Darms entfernt worden sind. Nach dem operativen Eingriff bekommen die Betroffenen Nahrung und Flüssigkeiten intravenös (durch eine Vene) verabreicht. In schlimmen Fällen muss diese Form der Nährstoffversorgung das ganze Leben fortgeführt werden.
Der entfernte Teil des Dünndarms ist ausschlaggebend
Den etwa vier Meter langen Dünndarm kann man als „Hauptakteur“ bei der Nahrungsaufnahme und Verdauung betrachten. Wie sich der Verlauf der Erkrankung dieses Organs entwickelt ist abhängig davon, wie viel und was genau vom Dünndarm entfernt wurde. Handelt es sich um den mittleren Teil (Jejunum genannt), passt sich der letzte Abschnitt des Dünndarms (Ileum) in der Regel an. Im Idealfall wäre die Nährstoffaufnahme somit nicht eingeschränkt.
Diese Anpassung erweist sich jedoch als schwierig, wenn man mehr als einen Meter des Ileum entfernt hat. In diesem Fall kann der Dünndarm die Funktionen nicht mehr selbstständig übernehmen. Das hat zur Folge, dass man wichtige Nährstoffe wie Fette, Vitamine und Eiweiße nicht mehr richtig aufnehmen kann.
Die Entfernung des letzten Dünndarmteils verursacht eine weitere Gefahr: Der Darm kann die Fähigkeit verlieren, verschiedene Gallensäuren, die von der Leber produziert werden, aufzunehmen. Das Resultat: Es können überschüssige Gallensäuren in den Dickdarm gelangen. Als Folge kann der Betroffene Durchfall und/ oder Blähungen bekommen sowie Gewicht verlieren. Ebenfalls problematisch: Die Verdauung wird nicht unterstützt und auch die Aufnahme von Vitamin B12 ist nicht mehr möglich. In diesen Fällen spricht man vom „Darmversagen“.2
Wie viele Menschen sind betroffen?
Man schätzt, dass die Erkrankung in Deutschland etwa 34 Menschen pro eine Million Einwohner betrifft. Kinder können genau wie Erwachsene von dem Kurzdarmsyndrom betroffen sein.3
Wie kann ein Kurzdarmsyndrom entstehen?
Gründe für die Entstehung der Erkrankung sind bei Kindern und Erwachsenen unterschiedlich. So können Ursachen entweder angeboren sein oder im Verlauf der Zeit entstehen. Im Erwachsenenalter hat man oft andere Gründe, weshalb eine Darmoperation durchgeführt werden muss.
Ursachen bei Kindern
- Fehlbildung, beispielsweise der vorderen Bauchwand
- Nekrotisierende Enterokolitis (Absterben einzelner Darmabschnitte)
- Verdrehung einer Darmschlinge (kann zum Absterben der Schlinge führen)
Ursachen bei Erwachsenen
- Durchblutungsstörung des Darms
- Darmtumor
- Morbus Crohn
- Verletzungen der Bauchorgane
- Strahlentherapie am Bauch (wegen Krebs)
Folgende Symptome sind typisch für das Kurzdarmsyndrom
Die Symptome eines Kurzdarmsyndroms können vielfältig ausfallen. Zu den wichtigsten gehören:
- Durchfall
- Blähungen
- Gewichtsabnahme
- Bauchschmerzen
- Bauchkrämpfe
- Starkes Durstgefühl
- Blähbauch
- Beeinträchtigte Wundheilung
- Trockene Haut
- Erbrechen und Übelkeit
- Sodbrennen
- Fettiger Stuhlgang
Die Symptome variieren je nachdem welcher Darmteil betroffen, wie viel Zeit seit der Operation vergangen und wie viel vom Restdarm noch übrig ist. Bereits kurz nach dem operativen Eingriff leiden die Betroffenen häufig an starkem Durchfall, wobei sie sich über einen künstlichen Darmausgang oder den After entleeren müssen. Dieser Vorgang kann bis zu zehn oder 20 Mal am Tag auftreten und wird oft von Bauchschmerzen und Krämpfen begleitet. Dabei kann die Haut am After durch die Häufigkeit der Stuhlgänge stark gereizt werden.4
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Flüssigkeitsverlust
Aufgrund der Häufigkeit der Durchfälle verlieren die Betroffenen sehr viel Flüssigkeit. Allerdings hilft es in diesem Fall auch nicht, mehr Wasser zu sich zu nehmen, da der Darm nicht in der Lage ist, die Flüssigkeit zu absorbieren. Während für gewöhnlich der Körper an einem Tag 100 bis 200 Milliliter Wasser über den Stuhlgang ausscheidet, betragen die Mengen beim Kurzdarmsyndrom teilweise 1,5 bis 1,6 Liter.
Malabsorption
Malabsorption beschreibt die Situation, in der der Darm keine Nährstoffe, Mineralien und Spurenelemente aus der Nahrung aufnehmen kann. Im Verlauf der Erkrankung können Betroffene deswegen Mangelerscheinungen entwickeln, welche unbehandelt zu Schwächegefühlen und dem Abbau von Muskelmasse führen kann. Durch die Abwesenheit wichtiger Nährstoffe ist es möglich, dass man an Gewicht verliert, Wassereinlagerungen an Gelenken bekommt und in eine depressive Stimmung verfällt.5
Krankheitsverlauf des Kurzdarmsyndroms
Der Verlauf der Erkrankung ist bei jedem Menschen unterschiedlich. Für gewöhnlich lässt sie sich in drei Phasen einteilen:
1. Phase: Hypersekretionsphase
Darunter versteht man die erste Phase nach der Operation, die innerhalb der nächsten Stunden oder Tage beginnt, nachdem die Abschnitte des Darms entfernt wurden. Die Betroffenen erleiden in dieser Zeit einen starken Flüssigkeits- und Elektrolytenverlust aufgrund der Durchfälle. Auch Nährstoffe können kaum noch aufgenommen werden. Deswegen erfolgt die Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr über die Vene.
2. Phase: Adaptionsphase
Ausschlaggebend für die Adaptionsphase ist es, dass sie bis zu zwei Jahre nach der Operation andauern kann. Sie stellt die Anpassungsphase des Darms dar und fällt entweder länger oder kürzer aus, je nachdem, um welche Darmabschnitte es sich handelt und wie gut der verbliebende Darm Nährstoffe sowie Flüssigkeiten aufnehmen kann. Bei dieser Phase spielen die Beschaffenheit und Struktur des Darms eine wichtige Rolle.
3. Phase: Stabilisierungsphase
Die Phase wird auch als chronische Phase bezeichnet. In dieser findet die Stabilisation der Betroffenen statt. Innerhalb dieser entscheidet sich, ob man zu einer normalen Ernährung zurückkehren kann oder ob man diese lebenslang intravenös fortführen muss.6
Darmerkrankung Symptome, die auf Morbus Crohn hindeuten
Ursachen, Risikofaktoren Anzeichen und Behandlung der chronischen Darmerkrankung Colitis ulcerosa
Unterleibserkrankung Ursachen, Symptome, Diagnose und Behandlung von Endometriose
Behandlungsmöglichkeiten
Hormontherapie
Die hormonelle Therapie kann eingesetzt werden, um die Funktionen des Darms zu fördern. Schlägt sie positiv an, kann sie das Benötigen einer künstlichen Ernährung minimieren oder ganz beseitigen.
Medikamentös
Es können Medikamente eingesetzt werden, die eine Übersäuerung des Magens verhindern. Auch zusätzliche Injektion von Vitaminen können bei einem dokumentierten Vitaminmangel erforderlich sein.
Ernährungstherapie
Sollte sich der Darm nicht nach der Operation stabilisieren und seine Funktionen wie gewohnt ausführen können, ist es auch nicht mehr möglich feste Nahrung zu sich zu nehmen. Die Betroffenen müssen sich dann mit einer lebenserhaltende Therapie parenteral (künstlich) ernähren. Die Ernährung muss individuell an die Bedürfnisse des Menschen angepasst werden. Sie wird dabei direkt ins Blut – über einen zentral venösen Katheter – verabreicht. Hierbei variiert die tägliche Dauer der parenteralen Ernährung hinsichtlich des Körpergewichts und dem Bedarf an Nährstoffen, Flüssigkeiten und Energie.
Allerdings bedeutet eine parenterale Ernährung nicht sofort, dass man nicht weiterhin in seinen Beruf, seine Freizeitbeschäftigungen und zum Sport zurückkehren kann. Viele Menschen nutzen die parenterale Ernährung nachts, wiederum andere tun es tagsüber. Hierfür können sie die Ernährung sozusagen in einem Rucksack mit sich tragen: In diesem befindet sich die Infusionspumpe und das Infusionsbesteck, die beide mit dem Venenkatheter verbunden sind.
Dieser Promi leidet ebenfalls am Kurzdarmsyndrom
Tony Bauer ist ein deutscher Comedian aus Duisburg und ist im jungen Alter mit dem Kurzdarmsyndrom diagnostiziert worden. Ein Rucksack ist sein ständiger Begleiter, über welchen er mit notwendigen Nährstoffen versorgt wird. Aktuell beeindruckt er mit seinem tänzerischen Können bei „Let’s Dance“ und macht mit seiner Teilnahme zugleich auf die Erkrankung aufmerksam