6. März 2024, 19:39 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Personen, die regelmäßig zu künstlich gesüßten Limonaden und Co. greifen, trinken sich eine erhöhte Anfälligkeit für Probleme mit dem Herzen an. Zu dieser Erkenntnis kamen Forscher aktuell auf Basis einer großen Analyse. Es ist nicht die erste Studie mit einem entsprechenden Ergebnis. FITBOOK-Autorin Laura Pomer hat sich die Untersuchung genauer angeschaut.
Warum einen gewöhnlichen Softdrink nehmen, wenn man mit der zuckerfreien Light- bzw. „Zero“-Variante – bei beinahe gleichem Geschmack – einiges an Zucker einspart? So denken viele Figurbewusste. Doch sie tun sich damit womöglich mehr Schaden an als Gutes. Einmal mehr nämlich zeigt eine Studie, wie nachteilig sich künstliche Süßstoffe auf die Gesundheit (diesmal des Herzens) auswirken können.
Übersicht
Was man über Süßstoffe wissen sollte
Künstliche Süßstoffe sind in unzähligen Produkten zu finden. Das betrifft insbesondere hochverarbeitete Lebensmittel wie Softdrinks, bestimmte Snacks und kalorienreduzierte Fertiggerichte. Diese kommen dank ihnen ohne oder mit zumindest weniger Zucker aus, welcher bekanntlich Kalorien enthält und spätestens im Übermaß verschiedene negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben kann. Süßstoffe sind somit nicht nur für Diabetiker gedacht – sie gelten auch z. B. im Rahmen einer Diät als vermeintlich sinnvolle Alternative zu Zucker.
Klingt ja erst mal gut. Vielleicht zu gut, um wahr zu sein. So ist auch die Studienlage hinsichtlich der Unbedenklichkeit künstlicher Süßstoffe gespalten. Während einige diese belegen wollen, präsentieren andere wiederum Hinweise darauf, dass die Ersatzstoffe gesundheitliche Probleme begünstigen können. Hierzu zählen neben (überraschenderweise auch Übergewicht) gar verschiedene Krebsarten – und möglicherweise gravierende Folgen für die Herzgesundheit.
So schädlich sind Süßstoffe laut Studie fürs Herz
Der regelmäßige Konsum künstlicher Süßstoffe kann einer aktuellen Analyse zufolge das Risiko für Vorhofflimmern erhöhen. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuell im Fachblatt „Circulation: Arrhythmia and Electrophysiology“ erschiene Studie.1
Vorhofflimmern ist eine besonders häufige Form von Herzrhythmusstörungen und kann unbehandelt zur lebensbedrohlichen Gefahr werden. Genauere Informationen dazu haben wir hier für Sie zusammengetragen.
Schon zwei Liter pro Woche kritisch
Bereits zwei Liter pro Woche an künstlich gesüßten Getränken gelten demnach als kritisch. Das sind keine wirklich hohen Mengen, wenn man bedenkt, dass in Deutschland in der Gastronomie für gewöhnlich rund 200 Milliliter eines Getränks serviert werden, wenn jemand davon ein kleines Glas bestellt hat. In Supermärkten, an der Tankstelle und in kleineren Läden werden Cola light und Co. häufig auch in PET-Flaschen mit einem halben Liter Inhalt verkauft. Auf sieben Tage gerechnet, sind die bedenklichen zwei Liter also schnell erreicht. Umso beachtlicher, dass bei Konsumenten, die diese unaufgeregten Mengen erreichen, das Risiko für Herzrhythmusstörungen der Studie zufolge um immerhin 20 Prozent höher liegt als bei solchen, die auf Getränke mit künstlichen Süßstoffen verzichten. Hierauf geht auch die American Heart Association, in deren Namen die Untersuchung erfolgt ist, aktuell in ihrem News-Room ein.2
Details zur Untersuchung
Das Team um Studienleiter Ningjian Wang, Forscher am Shanghai Ninth People’s Hospital sowie an der Shanghai Jiao Tong University School, hat mehr als 200.000 Gesundheitsdaten von UK-Biobank-Probanden untersucht. Diese sollen einen ausführlichen Fragebogen zu ihrer täglichen Ernährung ausgefüllt und vor Studienbeginn nicht an Vorhofflimmern gelitten haben, heißt es in der Dokumentation. Um einschätzen zu können, wie sich der Konsum von Getränken mit künstlichen Süßstoffen auf die Wahrscheinlichkeit auswirken würde, dass sie Herzrhythmusstörungen entwickeln, haben die Forscher das Coxsche Regressionsmodell genutzt. Das Analyseverfahren wird häufig in der Wissenschaft verwendet, um Zusammenhänge zwischen verschiedenen Variablen auf die Entstehung von z. B. Krankheiten hin zu ermitteln.
Unter den Teilnehmern, die häufig künstlich gesüßte Getränke konsumierten, waren der laut der Studie besonders viele weiblich und eher jung. Sie hatten verglichen mit anderen Probanden einen höheren Body-Mass-Index (BMI) und die Prävalenz einer Erkrankung an Typ-2-Diabetes war bei ihnen erhöht. Wenn die Probanden zudem rauchten, erhöhte dies den Daten zufolge das Risiko für Vorhofflimmern weiter.
Mit Zucker gesüßte Getränke sind keine Alternative
Studienleiter Ningjian Wang betont, dass Getränken mit Süßstoffen allein – also unabhängig von der generellen Ernährung einer Person – nicht die Schuld für gesundheitliche Probleme und solchen des Herzens gegeben werden kann. Denn das Zusammenwirken ernährungsbezogener Faktoren sei sehr komplex. Auf Grundlage der Ergebnisse „empfehlen wir jedoch, den Konsum von künstlich gesüßten und zuckergesüßten Getränken zu reduzieren oder sogar zu vermeiden, wann immer dies möglich ist“, so der Forscher weiter.
Der vermeintliche Umkehrschluss also – dass mit gewöhnlichem Zucker gesüßte Limos und Co. denen mit Süßstoffen zu bevorzugen wären –, geht nicht auf. Wie die Untersuchung nämlich weiterhin ergeben hat, liegt bei Menschen, die vergleichbare Mengen an „normalen“ Softdrinks zu sich nehmen, die Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung von Herzrhythmusstörungen umso höher.
Studie aus Frankreich mit ähnlichen Ergebnissen
2022 erst kamen Forscher der Pariser Universität Sorbonne mit dem Abschluss einer Studie zu ähnlichen Erkenntnissen.3 Sie hatten Daten von mehr als 103.000 vordergründig weiblichen Probanden der webbasierten NutriNet-Santé-Studie analysiert, mit Fokus darauf, welche Arten von Süßstoffen aus verschiedenen Nahrungsquellen sie zu sich nahmen. Dies glichen die Forscher damit ab, welche der Probanden im Verlauf des Studienzeitraums mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen diagnostiziert wurden.
37 Prozent konsumieren regelmäßig künstliche Süßstoffe
37 Prozent der Probanden konsumierten regelmäßig künstliche Süßstoffe. Im Schnitt waren es 42,46 Milligramm täglich – das entspricht rund 100 Millilitern einer Diätlimonade. Eine recht geringe Menge also, die gemeinhin als sicher und gesundheitlich unbedenklich gilt.
Was den Forschern sofort auffiel: Im Vergleich zu Nicht-Konsumenten waren die Personen, die überdurchschnittlich oft zu Süßstoffen griffen, tendenziell jünger, hatten einen höheren BMI, bewegten sich weniger und rauchten eher. Erinnert an die Erkenntnisse der jüngeren chinesischen Studie. Gleichzeitig aßen die betreffenden Probanden weniger frisches Obst und Gemüse, dafür viel Salz und rotes Fleisch. Diese Unterschiede berücksichtigten die Forscher bei ihrer Analyse gesondert, erklärten sie in einer studienbegleitenden Pressemitteilung.4
Zusammenhang zwischen Süßstoffen und Erkrankungen des Herzens
Während der Nachbeobachtungszeit der 2009 aufgenommenen Untersuchung wurden unter den Probanden 1502 kardiovaskuläre Ereignissen festgestellt, etwa Herzinfarkte oder Schlaganfälle. Speziell die Süßstoff-Konsumenten wiesen demnach eine um neun Prozent höhere Wahrscheinlichkeit auf, entsprechende Probleme mit dem Herzen zu entwickeln.
Die Folgerung der Forscher: Künstliche Süßstoffe sollten nicht als bedenkenlos sichere Alternative zu Zucker angesehen und für ein gesundes Herz möglichst auf sie verzichtet werden.
Einschränkung der Studien
Bei der französischen handelte es sich um eine Beobachtungsstudie. Es kann also die Möglichkeit, dass andere, unbekannte Faktoren die Ergebnisse beeinflusst haben, nicht ausgeschlossen werden. Auch die aktuellere Untersuchung aus China stützt sich auf (nicht kontrollierbare) Angaben zu den Ernährungsgewohnheiten durch die Probanden. Diese Einschränkungen gilt es zu erwähnen. Doch auch, dass die Ähnlichkeit der Ergebnisse nicht von ungefähr kommen dürfte.