10. Februar 2024, 17:24 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Vielleicht hat es den Vater getroffen, die Arbeitskollegin, den Nachbarn: die Diagnose Krebs. Doch wie geht man damit um? Oftmals stellt man sich die Frage, ob man die betroffene Person darauf ansprechen sollte – und wenn ja, wie?
Die Angst, etwas Falsches zu sagen oder nicht richtig zu handeln, ist groß. Wichtig ist aber: Spricht man Menschen auf ihre Krebserkrankung an, muss nicht alles perfekt laufen. Es ist normal, dass solche Gespräche mit Krebspatienten manchmal holprig verlaufen, dass unangenehme Pausen entstehen. Unsicherheiten dürfen sein – und man darf sie auch aussprechen. Dazu rät Prof. Anja Mehnert-Theuerkauf, Vorstandsmitglied der Deutschen Krebsgesellschaft, im Gespräch mit der dpa.
Übersicht
Die Signale deuten – und nachfragen
Diese Herangehensweise kann sowohl bei Menschen funktionieren, die einem nahestehen, als auch bei solchen, mit denen man weniger eng ist, wie etwa dem Nachbarn oder der Arbeitskollegin. Doch vorher stellt sich die Frage: Sollte man diese Personen überhaupt auf die Erkrankung ansprechen, wenn man von ihrer Krebsdiagnose weiß?
Mehnert-Theuerkauf rät dazu, die Signale zu deuten. „Sagt jemand so gar nichts über die Krankheit, kann das ein Zeichen dafür sein, dass er oder sie wirklich nicht darüber reden mag. Wenn jemand aber fallen lässt: ‚Ich war im Krankenhaus‘, dann kann man das im Gespräch aufgreifen und schauen, wie derjenige reagiert.“
Aber auch Ehrlichkeit kann laut der psychologischen Psychotherapeutin ein Weg sein, das Gespräch mit einem Krebspatienten zu beginnen, falls keine eindeutigen Signale ersichtlich sind. „Also zum Beispiel, dass man sagt: ‚Ich bin mir gar nicht sicher, ob du gerade über deine Krebserkrankung sprechen magst. Aber ich möchte dich trotzdem fragen, wie es dir geht.’“
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In der Familie: Das Schweigen nicht gewinnen lassen
Geht es um einen Krebsfall in der Familie, ist es aber wichtig, dass nicht das Schweigen über die Erkrankung dominiert. „Über das Thema zu sprechen, kann am Anfang schwer sein, entlastet mittelfristig aber sowohl die Betroffenen als auch die Angehörigen und Freunde.“
Denn schließlich gibt es Angelegenheiten, welche die Familien klären müssen, zum Beispiel, wenn es um das Aufsetzen einer Patientenverfügung geht. Außerdem möchten enge Angehörige oftmals natürlich wissen, was die erkrankte Person beschäftigt, wie sie sich fühlt oder auch, was sie braucht. Obwohl es für beide Seiten alles andere als leicht ist, Worte zu finden, sollte man die Diagnose nicht tabuisieren.
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Sinnvoll sind offene Fragen: Was brauchst du momentan? Oder: Wie geht es dir heute? Was laut Mehnert-Theuerkauf bei vielen Krebskranken allerdings nicht so gut ankommt, sind Ratschläge oder Floskeln wie „Kopf hoch“ und „Das wird schon wieder“. Beides kann dafür sorgen, dass das Gespräch mit einem Krebspatienten schnell zum Erliegen kommt, weil sich die erkrankte Person nicht ernst genommen fühlt.
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Tipp: Beim Spazieren das Gespräch zu Krebspatienten suchen
Die Psychotherapeutin hat noch einen Tipp, wie solche Gespräche über Krebs besser laufen können. Und zwar beim Spazieren. „Man muss sich nicht die ganze Zeit anschauen und hält Pausen besser aus. Das ist für so ein Gespräch einfach angenehmer, als wenn man sich gegenübersitzt und sich am Tisch festhält.“ Zusätzlich kann man im Nachgang noch etwas Schönes unternehmen, so etwa auf einen Kaffee einkehren.
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Und was, wenn so ein Gespräch über Krebs emotional wird und auf einmal die Tränen fließen? Davor haben viele Angehörige Angst. Helfen kann es, die Perspektive auf das Weinen zu verändern. „Weinen ist ein Teil der seelischen Verarbeitung, zum Beispiel von Wut“, erklärt Anja Mehnert-Theuerkauf. Und: Rollen die Tränen, öffnet sich ein Mensch – und das kann eine Bindung in so einer Krise noch enger machen.
*Mit Material von dpa