11. April 2021, 8:47 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Ob Fachkräfte im Krankenhaus, Supermarkt-Mitarbeiter, Handwerker oder Hygiene-Personal – viele Arbeitnehmer werden in ihrem Job körperlich stark beansprucht. Sie sind den ganzen Tag auf den Beinen, tragen, heben und räumen. Sind diese Menschen aufgrund ihrer permanenten Aktivität gesünder als Hobbysportler mit Büro-Job? Nein, wenn es nach einer dänischen Studie geht.
Körperliche Arbeit hat laut des National Research Centres for the Working Environment in Kopenhagen (Dänemark) sogar einen schlechten Einfluss auf Blutdruck und Gesundheit. „Viele Menschen mit manuellen Jobs denken, dass sie durch ihre körperliche Aktivität während der Arbeit fit und gesund bleiben und daher zu Hause entspannen können. Unsere Ergebnisse sagen leider, dass das nicht der Fall ist“, fasst Studienleiter Prof. Andreas Holtermann zusammen.
Übersicht
Tracking der Bewegung
Teil der Studie, die im European Heart Journal veröffentlicht wurde, waren 104.046 Proband*innen zwischen 20 und 100 Jahren. Die Teilnehmerdaten stammen aus einer dänischen Bevölkerungsumfrage zwischen 2003 und 2014. Die Teilnehmenden mussten Fragebögen über ihre Aktivität in der Freizeit und während der Arbeitszeit beantworten. Sie wurden anhand dessen in beiden Kategorien als „niedrig“, „moderat“, „hoch“ oder „sehr hoch“ eingestuft.
Zehn Jahre später waren 9.846 Menschen (9,5 Prozent) verstorben. Bei 7.913 waren „schwerwiegende unerwünschte kardiovaskuläre Ereignisse“ die Todesursache. Dazu zählen beispielsweise Herzinfarkte und Schlaganfälle.
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Wer sich bei der Arbeit viel bewegt…
…hat ein höheres Sterberisiko
Das Sterberisiko von Arbeitnehmern mit hoher körperlicher Aktivität lag im Vergleich zu Menschen mit geringer beruflicher Bewegung um 13 Prozent höher. Bei sehr hoher Aktivität war das Sterberisiko sogar um 27 Prozent höher, fanden die Forschenden bei ihrer Analyse heraus. Dabei zogen sie auch Faktoren wie Alter, Geschlecht, Lebensstil, Gesundheit und Bildung in ihre Berechnungen mit ein.
Während sich viel berufliche Bewegung negativ auf die Sterblichkeit auswirkt, ist das bei Freizeitaktivität nicht der Fall. Wer sich in seiner Freizeit moderat bewegt, hat ein 26 Prozent geringeres Sterberisiko im Vergleich zu Menschen, die sich in ihrer Freizeit nicht bewegen. Bei hoher Aktivität war das Risiko sogar 41Prozent geringer, bei sehr hoher Aktivität 40 Prozent geringer.
…hat ein höheres Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen
Im Vergleich zu Arbeitnehmern, die einer Arbeit mit geringer Aktivität nachgingen, hatten die mit hoher Aktivität ein 15 Prozent höheres Risiko, ein „schwerwiegendes unerwünschtes kardiovaskuläres Ereignis“ zu erleben. Bei denen mit sehr hoher beruflicher Aktivität erhöhte sich das Risiko sogar auf 35 Prozent. „Diese Arbeitnehmer würden von körperlicher Aktivität in der Freizeit profitieren, nachdem sie schon beim Putzen 10.000 Schritte zurückgelegt oder sieben Stunden am Fließband gestanden haben“, berichtet Studienleiter Prof. Holtermann in einer Pressemitteilung. Aber diese Menschen fühlten sich nach der Arbeit oft zu müde, um noch in ihrer Freizeit aktiv zu sein.
Auch in dieser Hinsicht haben Hobbysportler mit Büro-Job einen Vorteil. Wer sich in seiner Freizeit moderat bewegt, schmälert sein Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen um 14 Prozent im Vergleich zu Untätigkeit. Bei hoher Aktivität sogar um 23 Prozent, bei sehr hoher um 15 Prozent.
…erhöht häufig stundenlang seinen Blutdruck
Laut Holtermann fördere ein strammer 30-minütiger Spaziergang die Gesundheit, da er „die Herzfrequenz steigert und die kardiorespiratorische Fitness verbessert“. Bei beruflicher Aktivität würde der Puls hingegen nicht ausreichend angehoben, um die Fitness zu verbessern. Wer bei der körperlichen Arbeit zudem stundenlang Dinge hebt, steigere seinen Blutdruck über viele Stunden hinweg. „Das steht in Verbindung mit einem erhöhten Risiko für Herzerkrankungen, während kurze Ausbrüche anstrengender, körperlicher Aktivität in der Freizeit den Blutdruck nur kurzzeitig anheben.“
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Neue Arbeitsmethoden sollen helfen
Holtermann hat den Wunsch, die berufliche Aktivität neu zu organisieren, sodass sie ähnliche positive Aspekte wie Freizeitaktivität bietet. Es gibt bereits dementsprechende Pilotprojekte. Beispielsweise eine Rotation der verschiedenen Arbeitsplätze an einem Fließband, sodass die Arbeitnehmer einen „gesunden Mix“ aus Sitzen, Stehen und Heben während einer Schicht durchlaufen.
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„Wir versuchen die Aufgaben zu variieren und Erholungszeit zu geben oder die Herzfrequenz anzuheben, sodass es Vorteile für Fitness und Gesundheit gibt“, sagt Holtermann. Die Gesellschaft brauche Erwachsene mit ausreichender Gesundheit und Fitness, damit sie länger arbeiten können, da das Rentenalter immer höher wird. „Wir müssen Wege finden, um körperliche Arbeit positiv für die Gesundheit zu gestalten.“