24. Mai 2024, 11:06 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Keuchhusten betrifft überwiegend Kinder, aber auch Erwachsene können sich anstecken. Aktuell warnen Experten vor einem auffälligen Anstieg der Fallzahlen in Europa und auch speziell in Deutschland. FITBOOK-Medizin-Redakteurin Melanie Hoffmann erklärt, was man über die Infektionskrankheit wissen sollte.
Mehr als 32.000 Keuchhusten-Fälle verzeichnete das European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) europaweit zwischen Januar und März 2024.1 In Deutschland meldet das Robert Koch Institut (RKI) von Kalenderwoche eins bis 19 bereits 4527 Fälle von Keuchhusten. Das sind dreimal so viele wie im gleichen Zeitraum des vergangenen Jahres. Damals waren es zwischen Januar und Anfang Mai 1520 Krankheitsfälle.2 Hier erfahren Sie, was Keuchhusten verursacht, mit welchen Symptomen die Erkrankung einhergeht und wie sie behandelt wird.
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Übersicht
Ursachen und Risikofaktoren
Keuchhusten ist eine Infektionskrankheit der Atemwege. Verursacher ist das Bakterium Bordatella pertussis, welches Keuchhusten auch den zweiten Namen Pertussis eingebracht hat. Der Erreger bildet Giftstoffe, die zu einer Schädigung der Schleimhäute der Atemwege führen.
In selteneren Fällen können auch die Erreger B. parapertussis oder B. holmesii zu einem dem Keuchhusten ähnlichen Krankheitsbild führen. Die Erkrankung verläuft dann meistens kürzer und leichter als bei einer Infektion mit B. pertussis.
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Wer ist gefährdet?
Seit 2013 gibt es eine bundesweite Keuchhusten-Meldepflicht. Betroffen von der Erkrankung sind überwiegend Kinder und Jugendliche. Aber auch Erwachsene infizieren sich häufig mit dem Erreger. Laut dem RKI treten rund 60 Prozent aller Erkrankungen bei Personen im Alter von 18 Jahre oder älter auf. Säuglinge sind durch Keuchhusten besonders gefährdet, weil häufig noch kein Impfschutz besteht. Zudem sind sie in Jahren, in denen Pertussis epidemische Ausmaße annimmt, am stärksten betroffen. Sie machen dann nicht nur die meisten Fälle aus, sondern erleiden auch schwere Verläufe, die häufig Krankenhausaufenthalte notwendig machen. Seit 2020 empfiehlt die Ständige Impfkommission schwangeren Frauen daher eine einmalige Impfung (pro Schwangerschaft) gegen Pertussis.3 Mehr zu Keuchhusten-Impfung an späterer Stelle.
Die Übertragung von Keuchhusten
Pertussis wird durch die sogenannte Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch übertragen. Das heißt, eine Ansteckung erfolgt meistens über Husten, Niesen oder Sprechen. Die Bakterien können sich über Tröpfchen aus dem Nasen-Rachen-Raum Erkrankter in der Luft verbreiten – bis zu einem Meter weit. Über die Luft atmen andere Menschen sie ein – der übliche Weg einer Übertragung. Keuchhusten ist sehr ansteckend. Fast jeder Kontakt von ungeschützten gesunden Personen mit dem Erreger führt zu einer Ansteckung.
Die Inkubationszeit (der Zeitraum zwischen dem Eindringen eines Krankheitserregers in den Körper und dem Auftreten der ersten Symptome) beträgt neun bis zehn Tage.4 Am Ende der Inkubationszeit beginnt die Ansteckungsfähigkeit, ihren Höhepunkt erreicht sie während der ersten beiden Wochen der Erkrankung. Insgesamt kann eine Person ab Ausbruch der Krankheit drei Wochen lang ansteckend sein.
Im Übrigen können Erreger auch den Weg zu geimpften Personen finden. Diese erkranken dann zwar nicht, können aber unwissentlich dennoch andere Menschen anstecken.
Symptome
Zu den typischen Symptomen zählen:
- Husten (zunächst leicht, später langwierige Husten-Erkrankung)
- Schnupfen
- Schwächegefühl
Keuchhusten-Phasen
Typischer Verlauf von Keuchhusten (bei Kindern und eher bei ungeimpften als geimpften):
Phase 1
Pertussis beginnt zumeist mit leichten Erkältungsbeschwerden (Schnupfen, Husten, Schwächegefühl, in seltenen Fällen Fieber). Diese halten ein bis zwei Wochen an.
Phase 2
Die zweite Phase ist die Husten-Erkrankung, die mit dem Namen Keuchhusten treffend beschrieben wird. Erkrankte leiden an einem langwierigen, trockenen Husten, bei denen es zu krampfartigen, Hustenanfällen kommt. Sie enden häufig in einem keuchenden Einziehen der Luft.
Die andauernden Hustenanfälle treten bei vielen Patienten nachts auf, was den Leidensdruck, den sie auslösen, noch erhöht. Der stoßartige Husten kann auch mit Herauswürgen von zähem Schleim und anschließendem Erbrechen einhergehen. Neben der Schlaflosigkeit aufgrund der nächtlichen Hustenanfälle tritt auch Appetitlosigkeit auf.
Die beschriebene Husten-Erkrankung kann vier bis sechs Wochen anhalten.
Phase 3
Auf die Husten-Erkrankung erfolgt eine sechs- bis zehnwöchige Erholungsphase. In dieser verringern sich die Hustenanfälle in Menge und Ausmaß nach und nach. Häufig leiden Betroffene aber noch monatelang unter Nachwirkungen. So können kalte Luft, körperliche Anstrengung oder Rauch Reizhusten auslösen.
Besonderheit Neugeborene und Säuglinge
Babys sind, wie bereits erwähnt, besonders gefährdet. Bei ihnen führt Keuchhusten nicht selten zu Atemstillständen.
Besonderheit Jugendliche und Erwachsene
Während Säuglinge durch sehr schwere Krankheitsverläufe schnell in Lebensgefahr geraten können, verläuft Keuchhusten bei Jugendlichen und Erwachsenen häufig milder als bei den typischen Verläufen von Kindern. Das heißt, dass sie zwar oft einen langanhaltenden Husten haben, die für die Krankheit charakteristischen Anfälle, inklusive Keuchen, aber ausbleiben. Das erschwert das Erkennen und Diagnostizieren von Pertussis. Sie können aber – ohne von ihrer Erkrankung zu wissen – andere Menschen anstecken.
Erkrankung muss gemeldet werden
Wie bereits erwähnt, ist Keuchhusten aufgrund seiner hohen Ansteckungsfähigkeit meldepflichtig. Das zuständige Gesundheitsamt muss daher nach einer Diagnose informiert werden, um Maßnahmen zur Verhinderung der Weiterverbreitung vornehmen zu können.
Sucht man eine Arztpraxis auf, weil man bereits den Verdacht hat, an Pertussis erkrankt zu sein, sollte man das Praxispersonal vorab darüber in Kenntnis setzen, damit sie für sich persönlich und andere Patienten Schutzmaßnahmen ergreifen können.
Behandlung
Medikamentös kann Keuchhusten mit Antibiotika behandelt werden. Generell sollte Erkrankte nur in Absprache mit einer Ärztin oder einem Arzt Medikamente einnehmen. Ansonsten sollten Erkrankte viel trinken und eher kleine Mahlzeiten zu sich nehmen (aufgrund der Hustenanfälle, des Würgereizes und Erbrechens empfehlenswert).
Bei Kindern sollte man darauf achten, dass sie sich bei Hustenanfällen aufrecht hinsetzen und ihren Kopf leicht vorbeugen.
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Impfung
Nicht nur Schwangeren (ab der 28. Schwangerschaftswoche) empfiehlt die Stiko die Impfung gegen Keuchhusten. Für Säuglinge lautet die Empfehlung, sie mit vier Teil-Impfungen zu versorgen. Diese werden im zweiten, dritten, vierten und elften Lebensmonat verabreicht. Bei Kindern und Jugendlichen ist laut der Kommission eine Auffrischung mit fünf bis sechs Jahren ratsam sowie mit neun bis 16 Jahren. Erwachsene sollten sich mit der nächsten fälligen Tetanus- uns Diphterieimpfung auch eine weitere gegen Keuchhusten geben lassen. Auch eine Tetanus-Impfung im Fall einer Verletzung sollte von einer Impfung gegen Pertussis begleitet werden.5,6