20. Juni 2019, 11:33 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Der Wirkstoff Nilvadipin ist eigentlich ein Blutdrucksenker. Doch in einer aktuellen Studie kam heraus, dass er außerdem die Hirndurchblutung verbessern kann – und zwar insbesondere den Blutfluss zum Gedächtniszentrum. Ein weiteres Forscherteam verfolgt eine ähnliche Fährte. Aber was heißt das genau im Kampf gegen Alzheimer?
Könnte ein günstiger Blutdrucksenker dabei helfen, Alzheimer zu besiegen? Stand jetzt ist es viel zu früh, davon auszugehen. Doch die Forschung könnte einen Schritt weiter sein in ihrem Unterfangen, einer großen Geißel unserer Gesellschaft den Garaus zu machen: grenzenloses Vergessen. Anlass für Hoffnung gibt eine aktuelle Studie aus den Niederlanden, deren Ergebnisse im Juni 2019 im Fachjournal Hypertension veröffentlicht worden sind.
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Nilvadipin kann mehr als nur Blutdruck senken
Der Wirkstoff Nilvadipin wird eigentlich bei Bluthochdruck (Hypertonie) eingesetzt. Bei einer Untersuchung hat er aber einen netten Nebeneffekt offenbart: Nilvadipin konnte den Blutfluss zum Gedächtniszentrum des Gehirns – verglichen mit einem Placebo – um zwanzig Prozent steigern. Das ist deswegen so interessant, weil man aus früheren Studien weiß, dass der Blutfluss zum Gehirn bei Alzheimer abnimmt. Ebenfalls wichtig: Der Blutfluss in andere(n) Regionen des Gehirns blieb trotz Medikation unverändert. Prof. Dr. Jurgen Claassen von der Radboud Universität im niederländischen Nijmegen kommentiert die Ergebnisse so: „Diese Art der Bluthochdruck-Behandlung ist vielversprechend, weil sie den Blutfluss zum Gehirn anscheinend nicht drosselt. Letzteres würde mehr Schaden anrichten als Nutzen bringen.“
So lief die Untersuchung ab
Das Team um Prof. Claassen arbeitete insgesamt mit 44 Patienten zusammen, die allesamt unter einer milden bis mittleren Form von Alzheimer litten. Die eine Hälfte der Patienten bekam über einen Zeitraum von sechs Monaten Nilvadipin, die andere Hälfte ein Placebo. Weder die Probanden (im Durchschnitt 73 Jahre alt) noch die Wissenschaftler wussten ursprünglich, wer was bekam.
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Zum Beginn der Studie mussten sich beide Gruppen einer speziellen Magnetresonanztomographie (MRT) unterziehen, bei der der Blutfluss zu bestimmten Regionen des Gehirns gemessen wurde. Nach sechs Monaten wurde die Untersuchung wiederholt. Dabei stellten die Forscher fest, dass Nilvadipin den Blutfluss zum Hippocampus – also dem Hirnareal, das unser Lern- und Erinnerungsvermögen kontrolliert – um 20 Prozent verbessert hatte.
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Bessere Durchblutung heißt (noch) nicht: neue Alzheimer-Waffe
Die Untersuchung fand im Rahmen einer größeren Studie mit 500 Alzheimer-Patienten statt, die zwischen 2013 und 2015 mit Nilvadipin behandelt wurden. Bei ihnen konnte ursprünglich kein wirklicher Nutzen des Wirkstoffs nachgewiesen werden. Allerdings zeigten sich bei einer Untergruppe mit milden Symptomen Hinweise auf einen langsameren Gedächtnisverlust. In der ersten Studie war die Hirndurchblutung nicht berücksichtigt worden. Das wurde in der vorliegenden Studie dann nachgeholt – mit den beschriebenen hoffnungsvollen Beobachtungen.
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Fest steht aber auch: Nur weil der Blutfluss zum Gedächtniszentrum verbessert werden konnte, heißt das noch nicht, dass damit auch Alzheimer aufgehalten werden kann.
Das sieht auch Prof. Claassen so: „Wir müssen noch herausfinden, ob eine Verbesserung des Blutflusses wirklich dabei helfen kann, ein Fortschreiten der Alzheimer-Krankheit zu verlangsamen – vor allem in früheren Stadien.“
Gleichzeitig sind die Forscher aus den Niederlanden nicht die einzigen, die an einen Zusammenhang zwischen Blutdruck(medikamenten) und Alzheimer glauben. So untersucht eine britische Forschergruppe aktuell, ob ein anderes Bluthochdruck-Medikament (Losartan) die Entwicklung von Alzheimer aufhalten kann. Wollen wir einfach hoffen, dass beide Wissenschaftler-Teams die richtige Fährte verfolgen.