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6. Februar 2025, 10:56 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Kaffee gehört zu den beliebtesten Getränken der Deutschen. Und dennoch schmeckt jedem der Kaffee anders. Die einen genießen die Bitterstoffe im schwarzen Kaffee, die anderen mögen ihn nur mit Milch und Zucker. Eine Studie aus Deutschland hat jetzt herausgefunden, warum Menschen den Kaffee unterschiedlich schmecken.
Laut dem Deutschen Kaffeeverband werden in Deutschland pro Kopf im Schnitt dreieinhalb bis vier Tassen Kaffee getrunken.1 Pro Tag wohlgemerkt. Und da nicht alle Deutschen Kaffee trinken, dürften es bei vielen Kaffee-Liebhabern mehr als vier Tassen pro Tag sein. Zumindest zu Hause trinkt der überwiegende Teil (45 Prozent) den Kaffee mit Milch, wohingegen 34 Prozent ihn schwarz genießen.2 Die restlichen 21 Prozent gönnen sich Kaffee-Spezialitäten wie Espresso, Cappuccino oder Latte macchiato. Offensichtlich mögen es nicht alle, dass Kaffee bitter schmeckt. Dabei ist gerade schwarzer Kaffee (ohne Zucker und Milch) aufgrund der Bitterstoffe gesund, wie frühere Studien zeigten (FITBOOK berichtete). Deutsche Wissenschaftler haben nun herausgefunden, warum Menschen den Kaffee unterschiedlich schmecken und womöglich deswegen nicht mögen.
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Übersicht
Nicht nur das Koffein macht den Kaffee bitter
Dass Kaffee bitter schmeckt, ist nichts Neues. Aber warum empfinden Menschen die Bitterkeit unterschiedlich stark? Diese Frage klärten nun Forschende vom Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie an der Technischen Universität München anhand einer Studie.3 Interessant ist die Tatsache, dass Koffein zwar einer der für den Geschmack verantwortlichen Bitterstoffe ist, aber auch entkoffeinierter Kaffee bitter schmeckt. Daraus folgerten die Forschenden vom Leibniz-Institut, dass auch andere Bitterstoffe im Kaffee enthalten sein müssen.
„In der Tat haben frühere Studien verschiedene Verbindungsklassen nachgewiesen, die beim Rösten entstehen und zur Bitterkeit beitragen. Während meiner Doktorarbeit habe ich nun eine weitere Klasse von bislang unbekannten Röststoffen identifiziert und eingehend analysiert“, erklärt die Studienautorin Coline Bichlmaier in einer Pressemitteilung des Instituts.4
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Forschende untersuchten Mozambiosid in Arabica-Bohnen
Um der Bitterkeit auf den Grund zu gehen, haben die Wissenschaftler sich auf den Inhaltsstoff Mozambiosid fokussiert, der in Arabica-Bohnen enthalten ist. Laut den Forschern schmeckt es etwa zehnmal bitterer als Koffein. Zudem aktiviert es zwei der rund 25 Bitterrezeptortypen bei Menschen: TAS2R43 und TAS2R46. Allerdings fand man im Laufe der Studie heraus, dass die Konzentration von Mozambiosid durch das Rösten stark abnimmt. Erstaunlicherweise leiste es am Ende nur einen geringen Beitrag zur Bitterkeit des Kaffees, konstatiert Studienleiter Dr. Roman Lang. „Das brachte uns auf die Idee, zu prüfen, ob beim Rösten Abbauprodukte von Mozambiosid entstehen, die ebenfalls bitter schmecken und den Kaffeegeschmack beeinflussen können“, erklärt Studienleiter Dr. Lang.
Und tatsächlich: Das Forschungsteam fand heraus, dass während des Röstens sieben verschiedene Abbauprodukte von Mozambiosid entstehen. Entscheidend sind hier Rösttemperatur und Röstdauer, die zu den unterschiedlichen Konzentrationen dieser Abbauprodukte im gerösteten Kaffee führen. Beim Aufbrühen gelangen diese dann in das beliebte Heißgetränk. Anschließend konnten die Forschenden in zellulären Untersuchungen belegen, dass diese Röststoffe die gleichen Bitterrezeptoren aktivieren, wie Mozambiosid.
Genetische Faktoren beeinflussen die empfundene Bitterkeit
Dennoch: Allein die Röststoffe reichten noch nicht aus, um als bitter wahrgenommen zu werden. Erst in Kombination mit Mozambiosid haben Probanden das Getränk als bitter empfunden. Interessanterweise fanden die Forscher heraus, dass nicht jeder Mensch diese Bitterstoffe gleich stark wahrnimmt. Nur acht von elf Testpersonen haben einen bitteren Geschmack in dem Kaffee-Aufguss wahrgenommen. Eine Person empfand den Geschmack als adstringierend und zwei weitere Probanden nahmen keinen besonderen Geschmack wahr. Adstringierend meint ein trockenes, zusammenziehendes Mundgefühl – vielleicht kennen Sie es vom Rotweintrinken.
Doch warum war die Geschmackswahrnehmung so unterschiedlich? Um das zu ergründen, haben die Wissenschaftler sich den Bitterrezeptortyp TAS2R43 bei den Probanden angeschaut. Hierfür analysierten sie die DNA der Teilnehmer anhand von Speichelproben. Die Gentests ergaben, dass bei zwei Teilnehmern beide Kopien der TAS2R43-Genvariante defekt waren, während bei sieben eine intakte und eine defekte Variante des Rezeptors existierten. Nur zwei Probanden hatten vollständig intakte Kopien von TAS2R43. Somit war es ein klares Indiz dafür, dass die Geschmacksempfindlichkeit von der genetischen Veranlagung der Probanden abhing.
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In Zukunft könnte man den Kaffeegeschmack besser anpassen
Auch andere Studien haben bereits gezeigt, dass es offenbar in unserer Genetik feststeht, ob wir Bitterstoffe mögen und deswegen schwarzen Kaffee oder dunkle Schokolade mögen (FITBOOK berichtete) – die bekanntermaßen einen positiven Einfluss auf die Gesundheit haben können. Dies bedeutet aber auch, dass viele Menschen, die keine Bitterstoffe mögen, ungesunde Routinen entwickeln könnten, und z. B. viel nachsüßen.
Die aktuelle Studie vom Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie kann dabei helfen, unsere Geschmackswahrnehmung besser zu verstehen. Und eben auch einen Beitrag zur Gesundheitsforschung zu leisten, wie Dr. Roman Lang betont. „Bitterstoffe und ihre Rezeptoren haben im Körper weitere physiologische Funktionen, die größtenteils noch unerforscht sind“, sagt Dr. Lang. Es bedürfe aber noch viel Forschung, da allein etliche der Bitterstoffe im Kaffee noch nicht bekannt sind und auch nicht, welche Bitterrezeptoren sie aktivieren. Doch auch zum Genuss könnte die Studie beitragen, indem in Zukunft die Röstprozesse besser angepasst werden und Kaffee nicht zu bitter schmeckt.