28. Oktober 2024, 17:23 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Das in Kaffee enthaltene Koffein kann sich bekanntermaßen auf das Nerven- und Herz-Kreislauf-System auswirken. Daher ist die Frage durchaus berechtigt, ob man das Getränk auch während der Schwangerschaft hinsichtlich der Gesundheit des Ungeborenen bedenkenlos konsumieren darf. Die Antwort lautet in den meisten Fällen: Ja, aber in Maßen. Denn sonst könnten laut Studien neurologische Entwicklungsstörungen bei Babys auftreten.
Für Kaffee in der Schwangerschaft gilt kein striktes Tabu, denn in Maßen darf das koffeinhaltige Getränk konsumiert werden. So sollten 200 Milligramm nicht überschritten werden – davon ging man bisher aus.1 Doch es gibt einige Studien, die gezeigt haben, dass Wechselwirkungen zwischen dem Trinken von Kaffee während der Schwangerschaft und dem Aufkommen neurologischer Entwicklungsstörungen, u. a. ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung), bei Babys bestehen könnten. Auf diesen Erkenntnissen aufbauend, untersuchten Forscher der University of Queensland den möglichen Zusammenhang jetzt genauer.
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Übersicht
Kaffee in der Schwangerschaft und ADHS – die Forschung
Studien, die einen Zusammenhang zwischen Kaffee während der Schwangerschaft und ADHS bei Babys gefunden haben wollten, hatten nicht beweisen können, dass das Koffein tatsächlich auch die Ursache für die Erkrankung war.2 Zwar lieferten Untersuchungen Hinweise darauf, dass Nebenprodukte des Koffeins in die Plazenta, welche der Fötus aufgrund von mangelnden Enzyme noch nicht abbauen kann. Jedoch ist nicht klar, ob die Koffeinmetaboliten die Entwicklung des Babys dadurch beeinträchtigen.
Auch hatte sich gezeigt, dass Kaffeetrinkerinnen häufig auch zu einem erhöhten Alkohol- und Rauchkonsum neigten. Deshalb ist nicht klar, ob diese „Störfaktoren“ die früheren Ergebnisse verfälschten bzw. die eigentlichen Verursacher für neurologische Entwicklungsstörungen sein könnten.
Das wollte die aktuelle Studie herausfinden
Aufgrund dieser offenen Fragen untersuchte die vorliegende Studie aus Australien isoliert den Konsum von Kaffee während der Schwangerschaft. So wollten die verantwortlichen Wissenschaftler mögliche Auswirkungen auf Babys, bspw. das spätere Auftreten von ADHS, ermitteln.
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Abfrage des Kaffeekonsums und der neurologischen Entwicklung
Die Wissenschaftler verwendeten Daten aus der MoBa, einer bevölkerungsbasierten Schwangerschaftskohortenstudie. Hierfür rekrutierte zwischen 1999 und 2008 Probanden in ganz Norwegen. Während der Schwangerschaft entnahm man beiden Elternteilen Blut, während bzw. nach der Geburt der Mutter und dem Kind. Insgesamt eigneten sich 58.694 Frauen für die vorliegende Studie.
Um den Kaffeekonsum zu ermitteln, fragte man innerhalb der MoBa-Studie diesen mit einem Fragebogen in der 15. und der 22. Schwangerschaftswoche ab. Auch die Väter forderte man auf, anzugeben, wie viele Tassen Kaffee sie am Tag trinken. Zusätzlich ermittelte man den Alkohol- und Rauchkonsum.
Zu einem späteren Zeitpunkt sollten die Mütter anhand eines Fragebogens die neurologische Entwicklung ihres Kindes im Alter von 6, 18 und 36 Monaten sowie 5 und 8 Jahren bewerten. Dabei fragte man folgende Bereiche ab:
- Sprache
- Motorik
- Soziale Kommunikation
- Verhaltensflexibilität
- Aufmerksamkeit
- Hyperaktivität
Kaffeekonsum scheint doch keine neurologischen Erkrankungen zu fördern
Zunächst wiesen die Analysen, die nicht um mögliche Störfaktoren bereinigt wurden, darauf hin, dass das Trinken von Kaffee während der Schwangerschaft tatsächlich das Risiko für ADHS und andere nicht angeborene Erkrankungen bei Babys im Zusammenhang steigern könne. Nach der Bereinigung um die Störfaktoren wie Rauchen und Alkoholkonsum sank der Wert jedoch gegen 0. Bedeutet: Der Kaffeekonsum während der Schwangerschaft hat laut der aktuellen Studie keinen Einfluss auf die Entwicklung von Erkrankungen bei Babys.
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Bedeutung und Einordnung der Studie
„Die Unterschiede in den Ergebnissen unserer und früherer Studien lassen sich möglicherweise dadurch erklären, dass wir in unserer Arbeit die Wirkung des Kaffees von der Wirkung anderer Variablen sowie der genetischen Veranlagung zu neurologischen Entwicklungsstörungen getrennt betrachten“, erklären die Forscher in einer Pressemitteilung.3 Jedoch bedeutet das nicht, dass sich Kaffee während der Schwangerschaft nicht doch noch auf die Gesundheit des Babys auswirken kann. Denn in der vorliegenden Studie untersuchte man lediglich einen Einfluss auf neurologische Erkrankungen. „Andere Auswirkungen – wie die psychische Gesundheit oder das Risiko eines Kindes für Herzkrankheiten und Schlaganfälle im späteren Leben – sollten jedoch untersucht werden“, bemerken die Wissenschaftler.
Die Studie basierte überwiegend auf Angaben, die die Frauen aus ihrer Wahrnehmung heraus machten. Demnach ist nicht klar, ob die Informationen auch wirklich dem Ist-Zustand entsprachen, was die Ergebnisse verfälscht haben könnten. Zudem rekrutierte man nur Personen aus Norwegen, weshalb die Ergebnisse möglicherweise nicht auf andere Bevölkerungsgruppen zutreffen.
Dennoch liefert die Untersuchung Argumente dafür, keine Panik vor Kaffeekonsum während der Schwangerschaft machen zu müssen: Kaffee kann während der Schwangerschaft getrunken werden, allerdings sollte man sich an der Empfehlung von 200 Milligramm Koffein pro Tag orientieren.