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Studie aus Japan

Im Winter gezeugte Kinder sind möglicherweise lebenslang vor Übergewicht geschützt

Babyfüße
Ein Kälteeinfluss vor der Zeugung könnte den Stoffwechsel der Kinder lebenslang beeinflussen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie aus Japan. Foto: Getty Images
Anna Echtermeyer
Redakteurin

8. April 2025, 14:28 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

Wann wurden Sie gezeugt? War es zwischen Oktober und April: Herzlichen Glückwunsch zu Ihrem Speck! Wer in der kalten Jahreszeit gezeugt wurde, soll laut Forschern mit jenem stark durchbluteten Fettgewebe gesegnet sein, das überschüssige Kalorien bevorzugt in Wärme umwandelt. Diese Erkenntnis könnte künftige Generationen vor Übergewicht und anderen metabolischen Risiken schützen.

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Sie haben das vermutlich schon oft gehört: Abnehmen beginnt mit einer negativen Energiebilanz. Um Gewicht zu verlieren, muss die Anzahl der Kalorien, die wir zu uns nehmen, geringer sein als die Anzahl der Kalorien, die wir verbrennen. Ganz so simpel ist es natürlich nicht, unser Körper ist schließlich keine Maschine. Energiebilanz ist etwas hoch individuelles und jeder Körper managt das Energiethema ein bisschen anders. Die Einflussfaktoren können wir indes klar benennen – sie müssen wahrscheinlich aber um einen Faktor ergänzt werden. Denn neben Körpermasse, Alter und Geschlecht, Verdauung und Resorption von Nahrung, sowie körperlicher Arbeit spielt möglicherweise eine Rolle, ob unsere Eltern, bevor sie uns gezeugt haben, gefroren haben.1 Forscher aus Japan behaupten: Ein kaltes Klima in den Wochen vor der Zeugung soll den Nachkommen lebenslang eine günstige Fettverbrennung bescheren.

Der Einfluss früher biologischer und unweltbedingter Faktoren auf spätere Gesundheit

Eine groß angelegte Studie japanischer Wissenschaftler um Takeshi Yoneshiro und Masayuki Saito zeigt erstmals beim Menschen einen Zusammenhang zwischen Umweltbedingungen vor der Empfängnis und langfristigen Auswirkungen auf den Energiehaushalt. Die Arbeit wurde im Fachjournal „Nature Metabolism“ veröffentlicht.2

Frühkindliche Bedingungen, wie Einflüsse während der Schwangerschaft, Geburtsgewicht und Stillzeit und deren langfristige gesundheitliche Folgen für das spätere Leben oder die nächste Generation werden schon länger untersucht. 2023 entdeckten Forscher beispielsweise, dass das Geburtsgewicht der Mutter mit einem Risiko für hypertensive Schwangerschaftserkrankungen einhergeht.3 Weniger untersucht war bisher: Welchen Einfluss umweltbedingte Faktoren auf die spätere Gesundheit haben. Als spannendes Feld entpuppte sich hier bisher in Tierstudien die Energiegewinnung des (Tier-)Körpers.

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Haben „Kaltgezeugte“ einen besseren Energieumsatz?

Tierstudien haben bereits gezeigt, dass Veränderungen am Erbgut durch Kälteeinwirkung an die nächste Generation weitergegeben werden können. Ist das auf den Menschen übertragbar? Haben Personen, die in der kalten Jahreszeit gezeugt wurden, einen erhöhten Energieumsatz? Und dieses weitergedacht: Sind Menschen, die bei Kälte gezeugt wurden, später irgendwie vor Übergewicht, zu viel Bauchfett, hohen Blutzucker- und Blutfett-Werten sowie Bluthochdruck geschützt? Das wollten die Forscher in der vorliegenden Studie beantworten.

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So untersuchten die Forscher

Die Studie umfasste fünf unabhängige Kohorten mit insgesamt 1013 gesunden, japanischen Probanden, der größte Teil waren junge Männer. Die Forscher schätzten den Tag der Empfängnis ihrer Mütter basierend auf dem Geburtsdatum und unterteilten diesen in kalte und warme Jahreszeiten. Störfaktoren wie Alter, Geschlecht und Aktivitätsniveau wurden berücksichtigt.

  • Kalte Jahreszeit: 17. Oktober bis 15. April
  • Warme Jahreszeit: 16. April bis 16. Oktober

Was haben die Forscher gemessen, um eine Antwort auf ihre Frage zu bekommen? Als wichtigster Indikator für die These galt ihnen die sogenannte BAT-Aktivität. „BAT“ meint die Aktivierung von braunem Fettgewebe (brown adipose tissue). Dieses Gewebe besitzt Fettzellen mit reichlich Mitochondrien („Zellkraftwerken“). Die befeuern, dass gespeicherte Energie in Wärme umgewandelt wird. Das BAT spielt damit eine zentrale Rolle beim Schutz vor Übergewicht und metabolischen Erkrankungen. Bei den erwähnten Tierstudien hatte sich die BAT-Aktivität verändert, wenn man das Erbgut der Tiere durch Kälteeinwirkung verändert hatte bei der nächsten Generation.

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War es kalt vor der Zeugung?

Weiterhin bestimmten die Forscher die Dichte des braunen Fettgewebes mit speziellen Geräten, die Veränderung des Energieverbrauchs sowohl durch Kälte als auch Nahrung sowie den gesamten, tägliche Energieverbrauch der Probanden. Die Forscher führten auch noch eine meteorologische Analyse durch, um zu prüfen, ob bestimmte Wetterbedingungen rund um die Befruchtung mit der späteren BAT-Aktivität korrelieren. Dabei wurde der Einfluss von Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Tageslichtdauer und weiteren Faktoren über den gesamten Zeitraum von zwölf Monaten vor der Geburt analysiert.

Die erstaunlichen Ergebnisse der Studie

Verglichen mit Menschen, die während einer warmen Jahreszeit gezeugt wurden, hatten jene, die während einer kalten Jahreszeit gezeugt wurden …

  • … eine signifikant höhere BAT-Aktivität
  • … einen (unter Alltagsbedingungen) höheren Gesamtenergieverbrauch – unabhängig von Körpergröße, fettfreier Masse oder Aktivitätsniveau
  • … niedrigere Werte für BMI, viszerales Fett und Taillenumfang
  • … einen höheren Energieverbrauch bei kalten Temperaturen (gemessen wurde bei 19 Grad Celsius)
  • … einen höheren Energieverbrauch, wenn sie etwas aßen
  • … einen Zusammenhang zwischen höherer BAT-Aktivität und niedrigerem BMI

Geburtsmonat irrelevant – es geht um Kälte in den Wochen vor der Zeugung

Weitere Ergebnisse der Studie: Die erhöhte Aktivierung von braunem Fettgewebe zeigte sich nicht beim Geburtsmonat der Personen. Der Rückschluss, zu sagen: Wer im September, Oktober oder November geboren wird, hat – aufgrund der Zeugungszeit im Winter – eine günstigere Energiebilanz – funktioniert damit nicht. Entscheidend ist also klar das Klima in den Wochen vor der Zeugung. Kalte Temperaturen in der Zeit vor der Befruchtung wirken offenbar wie ein epigenetischer Reiz, der den Stoffwechsel der Nachkommen „vorbereitet“.

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Können Kältereize vor der Empfängnis die Gesundheit des Kindes verbessern?

Es gibt also Hinweise, dass Umweltbedingungen vor der Empfängnis die Energieverwertung und das Körperfettprofil im Erwachsenenalter programmieren. Aus gesundheitlicher Sicht sind die Studienergebnisse hochrelevant: Denn die vorprogrammierte BAT-Aktivität könnte helfen, Alterungsprozesse, Gewichtszunahme und metabolische Erkrankungen zu bremsen.

Gleichzeitig werfen die Daten wichtige Fragen auf – etwa, ob globale Erwärmung langfristig die Energieverwertung der Bevölkerung beeinflussen könnte. Und für die Medizin eröffnet sich zudem eine neue Perspektive: Könnten gezielte Kältereize vor der Empfängnis die Gesundheit zukünftiger Generationen verbessern? Möglich. Der kausale Beweis, dass die Kälteexposition tatsächlich via Epigenetik weitergegeben wird, steht jedoch noch aus.

Einen anderen Effekt kennt man indes: Jenen von Kälte, ausgelöst durch Eisbaden, auf die Zusammensetzung des Körperfetts (FITBOOK berichtete). Wohlgemerkt auf das eigene, nicht auf das des Nachwuchses.

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Schwächen der Studie

Die Studie basiert lediglich auf japanischen Probanden. Damit ist offen, ob sich die Ergebnisse auf andere ethnische Gruppen übertragen lassen. Zudem könnte auch Skelettmuskulatur zum Energieverbrauch beitragen. Die Kältebelastung (19 Grad ) könnte für sehr kälteunempfindlichen Personen möglicherweise nicht ausreichen.

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Quellen

  1. Thieme. Grundlagen zum Energiehaushalt und Energieumsatz (aufgerufen am 08.04.2025) ↩︎
  2. Yoneshiro T., Matsushita M., Fuse-Hamaoka S. et al. (2025): Pre-fertilization-origin preservation of brown fat-mediated energy expenditure in Humans. Nature Metabolism. ↩︎
  3. Tagami K., iwa,a N., Hamada H. et al. (2023): Maternal birth weight as an indicator of early-onset and late-onset hypertensive disorders of pregnancy: The Japan Environment and Children’s study. Pregnancy Hypertension. ↩︎

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