5. August 2024, 14:32 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Es ist ein besorgniserregender Trend: Eine groß angelegte Studie deckt auf, dass die Anzahl der Krebserkrankungen bei Millennials und der Generation X im Vergleich zu den Generationen davor zugenommen hat. Und zwar bei 17 von 34 überprüften Krebsarten. Welche das sind und welche Ursachen die Wissenschaftler vermuten, berichtet FITBOOK-Redakteurin Sophie Brünke.
Die meisten Programme zur Krebsfrüherkennung werden von den gesetzlichen Krankenkassen erst ab einem Alter über 50 Jahren übernommen.1,2 Doch die Ergebnisse einer US-Studie, welche unter der Leitung von Wissenschaftlern der American Cancer Society (ACS) stand, zeigen, dass die Anzahl der Neuerkrankungen bei 17 von 34 untersuchten Krebsarten in den jüngeren Generationen weiter ansteigen. Dazu gehören auch besonders häufig auftretende Arten wie Brust-, Darm- und Bauchspeicheldrüsenkrebs.3
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Übersicht
Wissenschaftler werteten über 23 Millionen Krebsdaten aus
Für die Analyse nutzen die Forscher Daten zu Neuerkrankungen (Inzidenz) von insgesamt 23.654.000 Patienten mit 34 verschiedenen diagnostizierten Krebsarten. Davon starben 7.348.137 Personen durch 25 der Krebsarten (Mortalität). Die Daten stammten von Personen im Alter von 25 bis 84 Jahren für den Zeitraum vom 1. Januar 2000 bis zum 31. Dezember 2019. Um die verschiedenen Generationen vergleichbar zu machen, berechneten die Wissenschaftler jahrgangsspezifische Inzidenz- und Mortalitätsratenverhältnisse (IRR und MRR) in Fünfjahresschritten.4
Je später der Jahrgang, desto höher das Risiko bei 17 Krebsarten
Personen, die 1990 geboren waren, erkrankten rund zwei- bis dreimal häufiger an Bauchspeicheldrüsen- und Nierenkrebs als Personen des Jahrgangs 1955. Bei Dünndarmkrebs lag dieser Faktor sogar beim 3,56-fachen. Bei Frauen verdoppelte sich zudem die Inzidenz für Leber- und Gallengangkrebs.
Für neun Krebsarten stiegen die IRRs in jüngeren Generationen, während diese in älteren Generationen einen Rückgang erlebt hatten. Dabei handelt sich um eine bestimmte Brustkrebsart (Östrogenrezeptor-positiv), Gebärmutterkörper-, Dickdarm-, Magen-, Gallenblasen-, Eierstock- und Hodenkrebs sowie bei Männern Analkrebs und Kaposi-Sarkom.
Über alle Krebsarten hinweg lag die Inzidenzrate im Geburtsjahrgang 1990 zwischen zwölf und 169 Prozent, womit sie höher war als die Rate im Geburtsjahrgang mit der niedrigsten Inzidenzrate.
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Warum steigt das Risiko für Millennials und Generation X?
Die Frage nach dem warum gestaltet sich schwierig. Noch ist ungewiss, welche Faktoren das erhöhte Krebsrisiko verursachen. Studienautorin Dr. Hyuna Sung erklärt in einer Pressemitteilung des ACS: „Geburtskohorten, also Gruppen von Menschen, die nach ihrem Geburtsjahr klassifiziert sind, teilen einzigartige soziale, wirtschaftliche, politische und klimatische Bedingungen, die ihre Exposition gegenüber Krebsrisikofaktoren während ihrer entscheidenden Entwicklungsjahre beeinflussen. Obwohl wir Krebstrends identifiziert haben, die mit dem Geburtsjahr in Zusammenhang stehen, haben wir noch keine klare Erklärung dafür, warum diese Raten steigen.“5
Frühere Studien identifizierten Fettleibigkeit als Risikofaktor
Übergewicht und Adipositas erhöhen für eine Reihe von chronischen Erkrankungen das Risiko – auch für Krebs. Weltweit hat sich die Prävalenz von Fettleibigkeit zwischen 1990 und 2022 mehr als verdoppelt.6 Sung ordnet die Forschungsergebnisse ein: „Diese Erkenntnisse ergänzen die wachsenden Hinweise auf ein erhöhtes Krebsrisiko in den Generationen nach der Babyboomer-Generation.“ Und fügt hinzu: „Sie erweitern frühere Erkenntnisse zu früh auftretendem Dickdarmkrebs und einigen mit Fettleibigkeit verbundenen Krebsarten und decken ein breiteres Spektrum von Krebsarten ab.“
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Forscher betonen, wie wichtig wirksame Maßnahmen sind
Studienautor Dr. Ahmedin Jemal äußert sich in der Pressemitteilung mit einem dringlichen Appell: „Der Anstieg der Krebsraten in dieser jüngeren Bevölkerungsgruppe weist auf einen Generationswechsel beim Krebsrisiko hin und dient oft als Frühindikator für die künftige Krebsbelastung des Landes. Ohne wirksame Interventionen auf Bevölkerungsebene und da das erhöhte Risiko der jüngeren Generationen mit dem Alter vererbt wird, könnte es in Zukunft zu einer allgemeinen Zunahme der Krebsbelastung kommen, wodurch jahrzehntelange Fortschritte im Kampf gegen die Krankheit gestoppt oder zunichtegemacht würden.“ Außerdem müssen laut ihm dringend die zugrunde liegenden Risikofaktoren identifiziert werden, um wirksame Präventionsstrategien zu entwickeln.