7. Juli 2020, 21:03 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Das insgesamt erhöhte Sterberisiko bei langfristigem Schlafmangel, der nicht ausgeglichen wird, ist bekannt. Eine neue Studie beleuchtet das Thema Mortalität im Hinblick auf eine verkürzte REM-Phase – jenen Teil des Schlafes, der durch schnelle Augenbewegungen gekennzeichnet ist.
Rund ein Viertel unseres Schlafs verbringen wir pro Nacht im sogenannten REM-Schlaf. REM steht für „Rapid Eye Movements“, also schnellen Bewegungen der Augen bei geschlossenen Lidern. Anders als in der Tiefschlafphase (Non-REM-Schlaf genannt), aus der wir besonders schwer zu wecken sind, arbeitet unser Gehirn im REM-Schlaf auf Hochtouren: Es speichert neues Wissen ab, verarbeitet Erlebnisse des Tages – und reagiert tendenziell empfindlicher auf Weckreize. Außerdem träumen wir in dieser Phase besonders intensiv.
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Zusammenhang zwischen verkürzter REM-(Traum)Phase und Todesrate
Für eine in der medizinischen Fachzeitschrift „Jama Neurology“ veröffentlichten Studie sind die Schlafmuster von insgesamt 4050 Personen analysiert worden. Schlafforscherin Eileen B. Leary, Doktorandin am Stanford Center für Schlafwissenschaften, wies nach, dass die Todesrate binnen zwölf Jahren um 13 Prozent höher war, wenn das REM-Schlaf-Defizit nur fünf Prozent betrug. Und zwar unabhängig von Geschlecht, Alter sowie weiteren Variablen wie dem allgemeinen Gesundheitszustand. Bei einer Schlafdauer von sieben bis acht Stunden sind wir etwa zwei Stunden im REM-Schlaf. Ein Minus von fünf Prozent entspricht gerade einmal sechs Minuten.
„Bei einer durchschnittlichen Schlafdauer von sieben bis acht Stunden befinden wir uns etwa zwei Stunden im REM-Schlaf. Frequenz und Ausdehnung nehmen zum Ende der Nacht zu. Fünf Prozent weniger REM-Schlaf würden in diesem Beispiel gerade einmal sechs Minuten entsprechen. “–
Die Aussagen der Forscher stützten sich auf Daten zweier Patientengruppen: 2675 Männer (Durchschnittsalter 76 Jahre), die zwischen 2003 und 2016 an einer Studie zu Schlafstörungen an mehreren US-Standorten teilgenommen hatten, sowie einer klinischen Schlafstudie mit Frauen und Männern, die seit 1988 an der Universität Wisconsin läuft. Dort werden alle vier Jahre die Auswirkungen von Schlafstörungen, insbesondere Schlafapnoe (nächtliche Atemaussetzer), untersucht.
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Die Männergruppe hatte über den Zeitraum von zwölf Jahren ein um 13 Prozent erhöhtes Risiko, an einer kardiovaskulären oder anderen, nicht-krebsbedingten Erkrankung zu sterben – und das pro fünf Prozent Reduktion des REM-Schlafs. Die Wisconsin-Studie spiegelte dieses Ergebnis, obwohl sie jüngere StudienteilnehmerInnen umfasste.
Mankos der Studie
Nun muss man sagen: Die Beobachtungen bedeuten nicht unweigerlich, dass das eine das andere bedingt. Eine REM-Störung führt also nicht zwangsläufig früher zum Tod. Als weitere Mankos der Studie benennt Schlafspezialist Dr. Rai Dasgupta von der Universität South California gegenüber „CNN“: Es gab keine Kontrollgruppe. Und: Viele der Teilnehmer erhielten Antidepressiva. Diese seien dafür bekannt, dass sie den REM-Schlaf beeinflussen.
„Zu den verschiedenen Theorien über die Funktion des REM-Schlafes gehört, dass es zur Bildung neuer Erinnerungen beiträgt, das zentrale Nervensystem stimuliert und die Gehirnchemie in ein normales Gleichgewicht bringt“, erklärt der Assistenzprofessor für klinische Medizin dem Sender.
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REM-Störung geht häufig Parkinson-Erkrankung voran
Frühere Studien haben gezeigt, dass Störungen der REM-Phase – genauer gesagt eine verkürzte REM-Dauer – häufig zu Gedächtnisdefiziten führen. Außerdem ist bekannt, dass diese spezielle Störung häufig einer Parkinson-Erkrankung vorangeht. Beobachtungsstudien haben gezeigt, dass 70 bis 80 Prozent der älteren Patienten mit einer solchen Schlafstörung im Laufe der folgenden 10 bis 15 Jahren eine Parkinson-Erkrankung entwickeln. (FITBOOK berichtete).
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Doch es ist nicht nur das Fehlen bzw. der Mangel an Schlaf in seinen einzelnen Phasen, der die Gesundheit schwer schädigen kann. Forschungsergebnisse der Harvard University vom März 2020 haben außerdem gezeigt, dass unregelmäßiger Schlaf – konkret ist ein ständiger Wechsel der Zubettgehzeit um mehr als 1,5 Stunden gemeint – das Herz schädigen kann und die Wahrscheinlichkeit eines Herzinfarkts oder Schlaganfalls auf durchschnittlich das Doppelte ansteigen lässt.