13. Mai 2020, 13:02 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Wer sich mit dem Coronavirus infiziert hat, sollte einen Urintest machen – dafür sprechen sich Forscher der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) aus. Sollten im Urin des Patienten Hinweise auf eine Nierenentzündung gefunden werden, könnte das den weiteren Behandlungsweg vorgeben – und in der Konsequenz den Fortgang der Covid-19-Erkrankung (positiv) beeinflussen.
„Wir haben Abnormitäten in Urinproben von Patienten mit Covid-19 identifiziert, die dann innerhalb weniger Tage sehr krank wurden.“ Das berichtet Oberarzt Prof. Oliver Gross von der Klinik für Nephrologie und Rheumatologie der UMG in einer Pressemitteilung. Er fungierte in einer aktuellen Studie zum Coronavirus als Erstautor.
Mit „Abnormitäten“ ist ein vermehrtes Vorkommen von Blut – insbesondere weißer Blutkörperchen – sowie des Proteins Albumin im Urin der Untersuchten gemeint. Jene Werte werden mit einer Nephritis assoziiert, also mit einer Nierenentzündung. Weil bei den Patienten der Krankheitsverlauf von Covid-19 eine schnelle Entwicklung ins Negative genommen hat, gehen Gross und seine Kollegen nun davon aus, dass es sich bei entsprechenden Markern im Urin um ein Frühwarnsignal handeln könnte.
Auch interessant: Was Sie dem Urin über Ihre Gesundheit ablesen können
Chance für die Behandlung von Covid-19
Bekanntlich ist der Fortgang einer Infektion mit dem Coronavirus schwer absehbar. Manche Patienten nehmen ihre Symptome kaum oder als gut erträglich wahr und erleben Covid-19 wie eine gewöhnliche Erkältung oder Grippe. Bei anderen verschlechtert sich der Zustand mitunter rapide und heftig, sodass sie im Krankenhaus behandelt und ggf. beatmet werden müssen. Vor allem bei älteren Patienten bestehen Risiken, da bei ihnen die Blut- und Lymphgefäße (aufgrund von etwaigen Grunderkrankungen oder natürlicher Verschleißerscheinungen) bereits vor der Covid-19-Diagnose vorbelastet sein können.
Auch interessant: Entzündet Covid-19 alle Gefäße im Körper?
Die Wissenschaftler der UMG versprechen sich von ihren Erkenntnissen, Covid-19-Erkrankte mit negativer Prognose „früher und zutreffender für spezielle Therapien“ zuordnen zu können. Hinweise auf eine Nierenentzündung standen ihrer Untersuchung zufolge häufig im Zusammenhang mit der Entstehung eines sogenannten Kapillarlecksyndrom*, und damit einhergehendem Atemversagen. Durch entsprechende präventive Maßnahmen hofft man, eine Verschlechterung des Zustands und lebensbedrohliche Verläufe verhindern zu können.
Chinesische Wissenschaftler zeigen Verlauf von Covid-19 hängt von Abwehrzellen im Blut ab
Nicht „nur“ die Lunge Entzündet Covid-19 alle Gefäße im Körper?
Mit Blutpasma Genesener Kommt bald die „passive Impfung“ gegen Corona?
Urin testen und weiteres Vorgehen
Gross und sein Team plädieren dafür, Patienten mit Covid-19 bereits dann auf die genannten Parameter im Urin zu untersuchen, wenn sich ein schwerer Krankheitsverlauf (noch) nicht abzeichnet. Sie legen einen konkreten Handlungspfad vor, für den Fall dass auch nur einer der Paramater erhöht sein sollte. Die konkreten empfohlenen Maßnahmen und alle weiteren Details zur Untersuchung sind im Fachbeitrag im Wissenschaftsjournal „The Lancet“ nachzulesen.
*Beim Kapillarlecksyndrom dabei werden die Kapillargefäße durchlässig und Plasma läuft hinaus und in Organzwischenräume, es kommt zu einem generalisierten Ödem.