25. April 2025, 12:18 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Wenn es um Lebensstilfaktoren geht, die das Krebsrisiko erhöhen können, wird häufig ein hoher Konsum von rotem Fleisch genannt. Umso überraschender sind die Ergebnisse einer neuen Studie: Demnach soll ausgerechnet der regelmäßige Verzehr von Hühnerfleisch – dieses gilt als „weißes“ Fleisch und gemeinhin als unbedenklich – mit der Entstehung von Magen- und Darmkrebs in Zusammenhang stehen und auch die Sterblichkeit durch beide Erkrankungen erhöhen. FITBOOK-Autorin Laura Pomer erklärt die Studienergebnisse.
Der gute Ruf von Geflügel bröckelt schon etwas länger. Zwar scheint das sogenannte weiße Fleisch viele Vorteile zu haben: Es ist fettarm und enthält dabei hohe Mengen an Protein, weshalb es sich gut in eine cholesterinarme Ernährung integrieren lassen soll. Oder vielleicht doch nicht? FITBOOK berichtete über eine Studie, in der vermeintlich gesünderes Geflügelfleisch einen ähnlichen Einfluss auf die Blutfettwerte hatte wie das gefürchtete rote Fleisch, also Rind, Schwein und Lamm.1 Erhöhte Cholesterinwerte steigern bekanntlich die Gefahr von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Was nun speziell das Risiko für Magen- und Darmkrebs betrifft, so galt bisher ebenfalls vor allem rotes Fleisch als kritisch, insbesondere Wurstwaren. Doch auch hier erscheint Hühnerfleisch auf einmal in einem ungünstigen Licht.
Übersicht
Studie zu Hühnerfleisch im Kontext mit Magen- und Darmkrebs
Der Verzehr von rotem und verarbeitetem Fleisch sei in den USA und in anderen westlichen Ländern nach wie vor hoch, schreiben die Autoren einleitend in der neuen Studie.2 Allerdings sei in jüngster Zeit „eine Verschiebung hin zu einem höheren Anteil an weißem Fleisch zu beobachten“. Gleichzeitig ist bekannt, dass die Fallzahlen speziell von frühen Erkrankungen an Darmkrebs in der jüngeren Vergangenheit stark angestiegen sind; ähnlich alarmierend stellt es sich bei den Fällen von Magenkrebs bei Menschen unter 50 dar. Ziel der Studie war deshalb, zu untersuchen, welchen Einfluss der Verzehr von weißem Fleisch haben könnte. Und tatsächlich liefern die verantwortlichen Wissenschaftler erstmals Hinweise auf einen möglichen Zusammenhang zwischen dem Verzehr von weißem Fleisch – mit besonderem Augenmerk auf Hühnerfleisch – und der Wahrscheinlichkeit, an Magen- oder Darmkrebs zu erkranken und daran zu sterben.
Details zur Untersuchung
Gegenstand der Studie waren die Gesundheitsdaten von 4869 erwachsenen Frauen und Männern aus Italien, gesammelt über einen Zeitraum von insgesamt 20 Jahren. Hierzu zählten Informationen über die Ernährung der Probanden, die über Fragebögen ermittelt wurden, sowie medizinische Akten und Selbstauskünfte über die eigene Krankheitsgeschichte. Schließlich nutzten die Forscher Daten unter anderem zu Krebsdiagnosen und Todesursachen aus regionalen Gesundheitsregistern. Um nun speziell den Einfluss der Häufigkeit des Hühnerfleischverzehrs auf die Inzidenz und Sterblichkeit von Magen- und Darmkrebs bewerten zu können, verwendeten sie die sogenannte „Competing Risk Analysis“. Diese wird in der Forschung eingesetzt, wenn es mehrere mögliche Ereignisse gibt, von denen aber nur eines eintreten kann, weil sie sich gegenseitig ausschließen.
27 Prozent erhöhtes Risiko, an Magen- oder Darmkrebs zu sterben
Die Auswertung ergab einen Zusammenhang zwischen einem hohen Hühnerfleischkonsum und einer erhöhten Inzidenz von Magen- und Darmkrebs sowie einer erhöhten Sterblichkeit aufgrund dieser Erkrankungen. Konkret wiesen die untersuchten Personen, die mehr als 300 Gramm Hühnerfleisch pro Woche verzehrten, ein um rund 27 Prozent erhöhtes Risiko auf, an Magen- oder Darmkrebs zu sterben, verglichen mit denjenigen, die im gleichen Zeitraum maximal 100 Gramm zu sich nahmen.

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Einordnung der Studienergebnisse
Die Autoren weisen darauf hin, dass weitere Untersuchungen notwendig seien, um die Zusammenhänge zu verstehen und die Ergebnisse gegebenenfalls zu untermauern. Bisher ist etwa nicht geklärt, ob die beobachtete erhöhte Erkrankungsrate und Sterblichkeit allein auf den Verzehr von Hühnerfleisch zurückzuführen ist oder ob die Art der Zubereitung eine Rolle spielt. Einschränkend muss man zudem darauf hinweisen, dass verschiedene mögliche gesundheitsbeeinflussende Begleitfaktoren (z. B. Körpergewicht, Bewegungsumfang, Alkoholkonsum) in der Analyse nicht berücksichtigt wurden.
Zumindest wirft die Studie Fragen über die langfristigen gesundheitlichen Auswirkungen eines regelmäßigen Verzehrs von Hühnerfleisch auf. Sollten sich die Erkenntnisse bestätigen lassen, könnten sie in Zukunft zu angepassten Ernährungsrichtlinien führen. Der derzeitige Umgang mit Geflügel, das manchmal als „kein richtiges Fleisch“ angesehen wird, bedarf möglicherweise einer genaueren Betrachtung.