
11. März 2025, 19:19 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Herzinfarkt überlebt – aber was jetzt? Wer nach einem Herzereignis keinen Rückfall riskieren will, muss mehr tun als nur Medikamente nehmen. Bewegung, Ernährung, Stressmanagement – und vor allem die Kontrolle der Risikofaktoren – entscheiden über Leben und Tod. Kardiologe und FITBOOK Expert Dr. med. Christopher Schneeweis erklärt, worauf es wirklich ankommt – und welche Warnzeichen Genesene nach einem Herzereignis niemals ignorieren dürfen.
Auch nach der Genesung bleibt ein gesunder Lebensstil entscheidend, um Rückfälle zu vermeiden. Regelmäßige kardiologische Kontrollen sind ebenfalls wichtig, um den Gesundheitszustand zu überwachen und frühzeitig auf Veränderungen zu reagieren. Die Teilnahme an Rehabilitationsprogrammen oder Herzsportgruppen bietet nicht nur gezieltes Training, sondern auch soziale Unterstützung, die den Heilungsprozess fördert und das Vertrauen in die eigene Gesundheit stärkt, weiß Dr. med. Christopher Schneeweis. Der Kölner Facharzt für Kardiologe und Protagonist der dritten „FITBOOK Experts“-Staffel erklärt in dieser Folge nicht nur, warum es so wichtig ist, dass Genesene ihren Alltag stressfreier gestalten, sondern auch, welche „kleineren“ Probleme sich zu schwerwiegenden Rückfällen entwickeln können – und wie man diese Herz-Rückfälle vermeidet.
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Herz-Rückfall vermeiden: Kardiologe Dr. Schneeweis über ideale Bewegung und Ernährung
FITBOOK: Welches Maß an Bewegung hilft mir, wenn ich nach einem Herzereignis genesen bin und keinen Rückfall erleiden möchte?
Dr. med. Christopher Schneeweis: „Ich muss natürlich meinen Lebensstil modifizieren. Falls er vorher nicht schon gesund war, muss ich zum einen darauf achten, dass ich genug Bewegung habe. Die Mindestanforderungen sind 150 Minuten moderate oder 75 Minuten höhere Intensität an Ausdaueraktivität pro Woche. Zusätzlich zweimal die Woche Kräftigung, Übungen der gesamten Muskulatur. Bei der Ernährung sollte ich eine primär pflanzenbasierte Kost zu mir nehmen. Hoch prozessierte Lebensmittel sowie gesättigte Fette sollte ich meiden, ungesättigte Fette sollte ich zu mir nehmen wie beispielsweise in Olivenöl, Nüssen, Avocados. Ich sollte schauen, dass ich ausreichend Proteine zu mir nehme und natürlich den Zuckerkonsum reduziere. Für Proteine können wir Hülsenfrüchte nehmen wie Bohnen, Linsen oder Tofu beispielsweise. Wir sollten versuchen, den Fleischkonsum zu reduzieren.“
„Nicht nur die Therapie fortzuführen, sondern die regelmäßige Kontrolle ist essenziell“
Welche Rolle spielt die Kontrolle von Risikofaktoren bei Genesenen?
„Die Risikofaktoren, die möglicherweise vorhanden sind, müssen nicht nur therapiert, sondern sie müssen auch regelmäßig kontrolliert werden. Das heißt: Sind die Risikofaktoren richtig eingestellt? Sind das die richtigen Medikamente? Müssen wir vielleicht bei den Medikamenten noch nachbessern? Müssen Sie vielleicht den LDL-Cholesterinspiegel oder das Apolipoprotein B100 noch weiter senken? Oder müssen wir andere Risikofaktoren, wie beispielsweise den Bluthochdruck, besser einstellen? Liegt eine Zuckererkrankung vor, müssen wir die auch noch mit behandeln. Sie sehen also: Nicht nur die Therapie fortzuführen, sondern die regelmäßige Kontrolle ist essenziell. Wir wissen, dass gerade nach einem Akutereignis die sogenannte Rehabilitation doch einen positiven Mehrwert für die Patientinnen und Patienten hat. Das heißt, wir sehen, das bringt was. Also sollte man das auch ruhig in Anspruch nehmen. Unabhängig davon sollte regelmäßig eine kardiologische Nachsorge erfolgen. Das wird natürlich die Kardiologin oder der Kardiologe festlegen. Wir wissen, dass es gerade nach einem akuten Ereignis sehr wichtig ist, dass direkt danach einmal die Medikamente überprüft und die Risikofaktoren geprüft werden. Stehen wir schon richtig mit der Einstellung der Risikofaktoren da oder lässt sich noch etwas optimieren?“
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„Ein deutliches, anhaltendes Stressniveau wird sicherlich das Herz langfristig belasten“
Wie schädlich ist chronischer Stress für das Herz eines Genesenen und wie kann man sein Stresslevel senken?
„Alltagsstress lässt sich natürlich nicht immer vermeiden. Das Leben spielt weiter. Wir müssen aber zusehen, wie wir zu einem etwas weniger stressigen Niveau gelangen können. Chronischer Stress kann letztendlich das Herz belasten. Wir wissen, dass chronische Stresssituationen auch mit einer hormonellen Dysbalance einhergehen. Das heißt, Stresshormone werden hochreguliert. Und das führt natürlich dazu, dass der ganze Körper gestresst und in Alarmbereitschaft geführt wird. Kurzfristige Stresslevel sind wahrscheinlich gar nicht so schlimm, aber ein deutliches, anhaltendes Stressniveau wird sicherlich das Herz langfristig belasten. Das heißt, ich muss schauen: Habe ich ausreichend Ruhezeiten? Sieben bis neun Stunden sollten wir pro Nacht schlafen. Wie sieht es mit meinem Alltag aus? Kann ich da Dinge optimieren, damit das Stressniveau nicht immer weiter steigt? Das sind natürlich wichtige Faktoren, um letztendlich auch zur Herzgesundheit beizutragen. Durch Entspannungstechniken kann man versuchen, den sogenannten Vagusnerv, also den Entspannungsnerv, anzusprechen. Dafür gibt es Atemübungen, aber auch Meditationstechniken können hilfreich sein, um eine Stressbewältigung durchzuführen.“
Herz-Rückfall vermeiden: „Bei Frauen könnten sich die Symptome noch mal etwas anders äußern“
Auf welche Warnzeichen sollten Genesene achten?
„Warnzeichen, die man beachten sollte, wären beispielsweise Kurzatmigkeit. Bin ich in Ruhe kurzatmig oder bin ich unter Belastung kurzatmig? Kann ich die Treppen nicht mehr so gut bewältigen? Im Treppenhaus habe ich vielleicht auch Beschwerden. Habe ich ein Druckgefühl in der Brustregion, das möglicherweise auch ausstrahlt in den Arm oder in den Kiefer? Bei Frauen könnten sich die Symptome noch mal etwas anders äußern. Etwa mit Schmerzen in den Schulterblättern oder in der Schulterregion, auch mit Übelkeit. Weitere Warnsymptome wären beispielsweise Herzrhythmusstörungen. Stolpert mein Herz, ist das aus dem Takt? Verspüre ich da Unregelmäßigkeiten? Das sollte sicherlich auch weiter abgeklärt werden.“
Über unseren FITBOOK Expert – Kardiologe Dr. Schneeweis
Dr. med. Christopher Schneeweis ist Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie. Seine Ausbildung absolvierte er u. a. an der Justus-Liebig-Universität Gießen, der Charité Berlin – wo er mehr als sieben Jahre am Deutschen Herzzentrum der Charité tätig war – und dem Cardioangiologischen Centrum Bethanien in Frankfurt/Main. Mit seinem Podcast „Herzcheck“. und als @doc_schneeweis auf Instagram macht er medizinisches Wissen für Laien zugänglich. Der Kardiologe ist Protagonist der bislang dritten Staffel FITBOOK Experts; weitere Experts sind die Dermatologin Dr. med. Emi Arpa sowie Zahnmedizinerin Dr. med. Anne Heinz. Sämtliche Folgen mit den Medizinerinnen finden Sie hier.

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Diese Herz-Folgen erwarten Sie noch
In den nächsten Wochen erwarten Sie weitere Themen rund um die Herzgesundheit bei FITBOOK Experts:
– Vermeidbare Risikofaktoren für Herzkrankheiten
– Herzrhythmusstörungen
– Herzinsuffizienz
– Koronare Herzkrankheit
– Alles rund um Vorsorgeuntersuchungen für das Herz