16. Mai 2024, 20:27 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Wenn Herpes einmal ausgebrochen ist, bleiben die Viren ein Leben lang im Körper – die Erkrankung ist bisher nicht heilbar. Lediglich Medikamente können helfen, die Symptome abklingen zu lassen, doch vor einem erneuten Ausbruch schützen sie nicht. Forscher haben nun aber eine Möglichkeit entdeckt, wie Herpes in Zukunft vielleicht doch komplett geheilt werden könnte. FITBOOK-Redakteurin Janine Riedle fasst die Studie zusammen.
Bei Herpes gibt es eine grundlegende Unterscheidung: Typ 1 verursacht Lippenherpes, bei Typ 2 tritt die Erkrankung im Genitalbereich auf. Etwa 85 Prozent der Menschen in Deutschland tragen den Herpes-simplex-Virus Typ 1 in sich, rund 15 bis 25 Prozent sind vom Typ 2 betroffen.1 Ein Ausbruch dieser Viren macht sich vor allem in Form von juckenden, schmerzhaften Bläschen, die durch verschiedene Faktoren ausgelöst werden können, bemerkbar. Medikamente können die Symptome von Herpes lindern und unterdrücken, jedoch nicht vollständig heilen. Doch Forscher des Fred Hutch Cancer Centers sind auf einen Weg gestoßen, wie man Herpesviren nicht ein lebenslang im Körper tragen muss.
Übersicht
Versuche an Mäusen
Die Forscher testeten in ihren Untersuchungen die Wirkung einer speziellen Gentherapie. Als Versuchstiere wählten sie Mäuse, da Genveränderung bei diesen Tieren häufig zu ähnlichen Gewebeveränderungen wie bei Menschen führen.2 Als Vorstufe zu Studien an Menschen waren Mäuse daher bestens geeignet.
Im Rahmen der Experimente betäubte man die Mäuse zunächst und infizierte sie anschließend oral und genital mit dem Herpes-simplex-Virus Typ 1 durch eine Injektion. Anschließend führte man eine experimentelle Gentherapie durch, indem man eine spezielle Genmischung den Tieren ins Blut injizierte.
Veränderte Gene zerstören das Herpesvirus
Die Wissenschaftler entwickelten eine Mischung aus Genbearbeitungsmolekülen, welche die Herpesviren im Körper aufspüren können. Diese enthalten spezifische Enzyme und sogenannte modifizierte Vektoren, denen es möglich ist, in Zellen einzudringen. „Wir verwenden ein Meganuklease-Enzym, das an zwei verschiedenen Stellen in die DNS des Herpesvirus schneidet“, erklärt die Erstautorin Martine Aubert die Besonderheit in einer Pressemitteilung.3
Wenn der Vektor das Nervenbündel mit dem Herpesvirus erreicht hat, schneidet die Mischung der Genbearbeitungsmoleküle das Herpesvirus ab. „Diese Schnitte schädigen das Virus so sehr, dass es sich nicht selbst reparieren kann. Dann erkennen die körpereigenen Reparatursysteme die beschädigte DNA als fremd an und beseitigen sie“, so Aubert. Auf diese Weise soll Herpes vollständig geheilt werden können.
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90 Prozent der Herpesviren eliminiert
Die ersten Ergebnisse der experimentellen Therapie beobachtete das Forscher-Team nach ungefähr einem Monat. Die Mäuse zeigten nach etwa vier Wochen einen Rückgang der Viren, wobei dieser mit der Zeit immer weiter zunahm. Durch die Injektion der Genmischung konnte man 90 Prozent des Herpes-simplex-Virus Typ 1 eliminieren, wenn die Herpesinfektion oral stattgefunden hatte. Bei einer genitalen Infektion konnten sogar 97 Prozent beseitigt werden.
Zusätzlich stellten die Wissenschaftler fest, dass die Gentherapie die Häufigkeit und die Menge eines Ausbruchs der Herpesviren deutlich reduzieren konnte.
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Einordnung der Studie
„Herpes ist sehr heimtückisch. Er versteckt sich unter den Nervenzellen und erwacht dann wieder und verursacht schmerzhafte Hautblasen. Unser Ziel ist es, Menschen von dieser Infektion zu heilen, damit sie nicht mit der Sorge leben müssen, dass die Krankheit ausbricht oder auf andere Menschen übertragen wird“, fasste Keith Jerome, Professor am Fred Hutchinson Cancer Center, das Ziel ihrer Forschung zusammen. Durch die experimentelle Gentherapie an Mäusen ist ein Ansatz geschaffen, wie man Herpes vollständig heilen könnte.
„Unser schlanker Gene-Editierungsansatz ist wirksam bei der Beseitigung des Herpesvirus und hat weniger Nebenwirkungen auf Leber und Nerven“, so Jerome, dessen Team 2020 bereits eine noch kompliziertere Therapie getestet hatte.4 „Dies deutet darauf hin, dass die Therapie für die Menschen sicherer und einfacher herzustellen sein wird, da sie weniger Bestandteile enthält.“ Dem Forscher-Team ist demnach auch bewusst, dass klinische Studien an Menschen erfolgen müssen, um sicherzustellen, ob sich dieselben Effekte wie bei den Mäusen einstellen werden.