15. April 2024, 4:53 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten
Die Glasknochenkrankheit ist eine seltene angeborene Erkrankung, die sich durch eine geringe Stabilität der Knochen äußert. Bedeutet: die Knochen der Betroffenen brechen leichter als bei gesunden Menschen. Grund dafür ist, dass die Bildung von Kollagen gestört ist – dem Protein, das wichtig für die Bildung von Knochen und Bindegewebe ist.
Betroffene der Glasknochenkrankheit können zudem an verformten Knochen und Kleinwuchs leiden oder bekommen eine schwache Muskulatur. Je nach Schweregrad der Erkrankung kann auch das Gehör geschädigt sein, außerdem können schwere Lungen- oder Herzprobleme entstehen. FITBOOK erklärt, welche Ursachen es gibt und wie man die Erkrankung behandeln kann.
Jetzt dem FITBOOK-Kanal bei Whatsapp folgen!
Übersicht
Was ist die Glasknochenkrankheit?
Unter der Glasknochenkrankheit versteht man einen genetischen Defekt, welcher die Bildung von Kollagen behindert. Da die Kollagensynthese gestört ist, wird die Knochenbildung und Stabilität der Betroffenen stark beeinträchtigt – was sich in unterschiedlichen Schweregraden der Krankheitsymptome zeigen kann. Meistens sorgen bereits geringe Krafteinwirkungen für einen Bruch im Knochen.
Da Kollagen als wichtiges Strukturprotein auch für das Bindegewebe (Sehnen und Bänder) von Bedeutung ist, kann auch die Sklera (die Bindehaut im Auge) von der Erkrankung betroffen sein und blau erscheinen.
Warum „Glasknochen“?
Die Erkrankung ist auch unter dem Namen „Osteogenesis imperfecta“ bekannt, was sich aus dem Lateinischen in etwa mit „unvollkommene Knochen“ übersetzen lässt. Die Bezeichnung der „Glasknochenkrankheit“ entwickelte sich aus der Umgangssprache heraus, da die Knochen leicht gebrechlich sind und im Röntgenbild eine glasige Struktur aufweisen.1
Auch interessant: Was bringen Vitamin-D-Supplemente für die Knochengesundheit?
Wie viele Menschen sind betroffen?
Die Erkrankung kommt selten vor: Nur einer von 10.000 bis 15.000 Menschen ist davon betroffen. Schätzungen zufolge leben in Deutschland ungefähr 4000 bis 5000 Personen mit dieser Erkrankung.2
Wie entsteht die Glasknochenkrankheit?
Störung der Kollagenproduktion
Die Ursachen der Erkrankung liegen in einer genetisch bedingten Störung des Kollagenaufbaus. Diese entsteht durch Mutationen in Genen wie COL1A1 und COL1A2. Die Mutationen führen dazu, dass entweder eine fehlerhafte Form von Kollagen produziert wird oder nicht genügend vom Protein vorhanden ist, um eine gesunde Knochenstruktur auszubilden. Das Resultat: extrem schwache Knochen und somit eine höhere Anfälligkeit für Knochenbrüche.
Störung anderer Proteine
In seltenen Fällen kann die Glasknochenkrankheit durch Veränderungen in anderen Genen ausgelöst werden. Dabei handelt es sich um Gene, die für die Herstellung von Proteinen zuständig sind, die ebenfalls mit Kollagen in Verbindung stehen: etwa weil sie an dessen Transport durch den Körper beteiligt sind.
Defekte in Zellen, die für den Knochenaufbau wichtig sind
Eine weitere Ursache könnten Defekte in Genen sein, die knochenaufbauende Zellen entwickeln (auch Osteoblasten genannt) oder aber für die Mineralisierung von Knochen zuständig sind.
Wie wird die Erkrankung vererbt?
In der Regel kann man die Glasknochenkrankheit vererbt bekommen, wenn nur ein mutiertes Gen von einem Elternteil weitergegeben wird. Dies wird auch als „autosomal-dominant“ bezeichnet.
Es gibt einige innerhalb der seltenen Glasknochenkrankheit sogar noch selteneren Formen der Erkrankung, die „autosomal-rezessiv“ vererbt weren. In dem Fall bricht die Erkrankung bei Nachkommen nur aus, wenn beide Elternteile die verantworlichte Mutation in den Genen besitzen. Hat nur ein Elterteil die Mutation, bricht die Krankheit nicht aus. Im Fall des Ausbruchs sind diese Formen der Glasknochenkrankheit jedoch mit den ernsteren Symptomen verbunden.3
Folgende Symptome sind typisch für die Glasknochenkrankheit
Die Symptomatik der Erkrankung kann sich bei jedem individuell äußern. Die meisten, die auftreten, sind folgende:
- Knochenbrüche (oft durch geringe Krafteinwirkung)
- Blaue Skleren (die Bindehaut der Augen erscheint bläulich)
- Verformungen der Knochen (Beine und Arme können verkürzt sein)
- Kleinwuchs
- Schwerhörigkeit
- Muskelschwäche
- Gestörte Zahnbildung
- Muskelschmerzen sowie Leistungsbrüche
- Myopie (Kurzsichtigkeit)
Die Glasknochenkrankheit kann sich auch auf innere Organe auswirken, indem sie etwa Bindegewebe des Herzens oder der Lunge beeinträchtigt. So kann es dann dazukommen, dass die Herzklappen nicht richtig schließen und auch die Leistungsfähigkeit vermindert wird.
Krankheitsverlauf der Glasknochenkrankheit
Auch die Lebenserwartung variiert abhängig vom Schweregrad und vom Typ der Erkrankung. So sterben manche Kinder, die die Glasknochenkrankheit haben, bereits während der Geburt. Andere Menschen hingegen haben trotz der Erkrankung eine normale Lebenserwartung.
Die Krankheit lässt sich in fünf Typen unterteilen. So reicht sie von Osteogenesis imperfecta Typ 1 bis Typ 5. Allerdings ist die Ausprägung der Erkrankung sehr variabel, wodurch es nicht immer möglich ist, einen eindeutigen Typen zu bestimmen.4
Typ 1
Die Glasknochenkrankheit Typ 1 zeichnet sich durch einen milden Verlauf aus. Blaue Skleren, Hörverlust und eine gestörte Bildung der Zähne sind meistens Symptome, die auftreten. Zudem haben die Betroffenen kaum oder geringe Verformungen der Knochen vorzuweisen. Auch die Körperstatur des Menschen bleibt normal.
Typ 2
Typ 2 ist die schwerste Form der Erkrankung und führt oft dazu, dass die betroffenen Kinder bereits vor der Geburt oder kurz danach sterben. Charakteristisch für diese Form sind Knochenbrüche, die im Mutterleib zustande kommen oder aber auch verkürzte Kochen sowie Kleinwuchs. Auch bei dieser Form sind bläuliche Skleren ein typisches Merkmal der Erkrankung.
Typ 3
Bei diesem Typ nimmt die Erkrankung einen schweren Verlauf: Hierbei sind die Knochen schon bei der Geburt verformt, wobei diese Verformungen mit der Zeit zunehmen. Häufig sind eine Skoliose, viele Knochenbrüche und Kleinwuchs die Folge. Weitere verbreitete Symptome wären Probleme bei der Zahnbildung sowie Schwerhörigkeit.
Typ 4
Bei Typ 4 ist der Krankheitsverlauf mild bis mäßig schwer. So haben die Betroffenen mit teilweise mittelgradigen Knochenverformungen zu kämpfen und sind sehr anfällig für Knochenbrüche. Menschen, die den Typ 4 der Erkrankung haben, sind meistens kleinwüchsig und entwickeln in einigen Fällen einen Hörverlust. Auch die bläulichen Skleren, können sich mit der Zeit etwas aufhellen.
Typ 5
Menschen, die vom Typ 5 betroffen sind, zeigen eine Störung der Knochenbruchheilung auf und besitzen meistens eine geringe Knochenmasse.
Obwohl eine Einteilung existiert, lassen sich keine Aussagen darüber treffen, wie die Glasknochenkrankheit bei den Betroffenen verläuft. In der Regel zeigen sich die schwersten Symptome der Erkrankung während der Pubertät oder Wachstumsphase des Menschen. Auch im Erwachsenenalter ist es möglich, dass die Betroffenen mit bestimmten Erkrankungsformen in der Lage sind, ein überwiegend normales Leben zu führen.
Diagnose
Feststellen lässt sich die Erkrankung am häufigsten durch die Symptomatik der Betroffenen. Hierfür gibt es unterschiedliche Möglichkeiten:
Anamnese
Bei der Anamnese findet ein erstes Gespräch zwischen dem Betroffenen und dem Arzt statt. In diesem klärt man, ob es wiederholte Knochenbrüche oder ähnliche Vorfälle innerhalb der Familie gegeben hat. Auch genetische Komponenten in der Familie könnten ein Hinweis auf die Erkrankung sein.
Klinische Beobachtungen
Oft gibt es bereits Anzeichen, dass der Betroffene die Krankheit haben könnte. Falls häufige Knochenbrüche vorliegen, Zahnprobleme, Kleinwuchs oder blaue Skleren, könnten diese Indizien für die Erkrankung sein.
Röntgenaufnahmen
Sie helfen dabei, zu erkennen, ob Knochen verformt, verkürzt oder eventuell gebrochen sind. Abhängig davon um welchen Erkrankungstyp es sich handelt, lässt sich die Glasknochenkrankheit schon durch einen Ultraschall im Mutterleib feststellen.
Genetische Untersuchungen
Damit man das Erbmaterial der Betroffenen analysieren kann, werden Blutproben entnommen, durch die sich nicht nur die Erkrankung selbst, sondern auch noch der genaue Typ feststellen lassen. Zugleich kann man so andere potenzielle Krankheiten als Grund für die Symptome ausschließen.5
Pigmentstörung Ursachen und Symptome von Albinismus
Unheilbare Stoffwechselerkrankung Mukoviszidose – Ursachen, Symptome und Behandlung
Gesundheit Was hinter einem Charcot-Fuß steckt und wer davon betroffen ist
Behandlungsmöglichkeiten
Die Glasknochenkrankheit ist nicht heilbar. Es ist jedoch möglich, die Symptome des Betroffenen zu lindern und das Auftreten von Knochenbrüchen zu reduzieren. Somit kann die allgemeine Lebensqualität verbessert werden. Die Behandlung selbst verläuft individuell und ist abhängig vom Alter sowie den Bedürfnissen des Menschen.
Physiotherapie
Die Physiotherapie nimmt eine wichtige Rolle für die Behandlung der Glasknochenkrankheit ein. Sehnen, Muskeln, Knochen und Bänder können durch Übungen gestärkt und Deformierungen der Knochen entgegengewirkt werden. Das Ziel ist, Knochenbrüche vorzubeugen und die Beweglichkeit zu verbessern, sodass Betroffene ihren Alltag so eigenständig wie möglich gestalten können. Gerade im Kindesalter kann dies ein notwendiger Schritt sein, damit die motorische Entwicklung unterstützt wird.
Bisphosphonate
Sie sind Wirkstoffe, die dabei helfen die Knochenmasse zu steigern, den Knochenabbau zu reduzieren und somit das Risiko von Brüchen zu verringern. Die Verabreichung erfolgt bei Kindern und Jugendlichen häufig intravenös.
Vitamin D und Kalzium
Vitamin D und Kalzium sind bei der Behandlung nicht wegzudenken: Durch ihre Einnahme ist es möglich, eine gesunde Knochenmineralisierung zu fördern und zu unterstützen. Des Weiteren wird ein Vitamin-D-Mangel verhindert, der im schlimmsten Fall zu einer Verschlimmerung der Knochenschwäche führen kann.
Chirurgisch-orthopädische Therapie
Sollten beim Betroffenen akute Knochenbrüche vorliegen, müssen sie konservativ behandelt werden, indem man sie mit einem Gips kurzzeitig ruhig stellt. Je nach Situation können auch Operationen notwendig sein, um einen Bruch oder zu starke Knochendeformierungen zu behandeln. Auch Schmerzmittel werden unterstützend eingesetzt. Die Auswahl ist von dem Schmerzniveau und den individuellen Bedürfnissen des Menschen abhängig.