9. August 2023, 13:55 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Ob Eistee, Limonade und Cola oder Zucker im Tee oder Kaffee – viele Menschen konsumieren täglich gesüßte Getränke. Dies kann nicht nur zu Übergewicht, sondern auch zu gesundheitlichen Problemen wie z. B. Diabetes führen. Jetzt zeigt eine Studie den erschreckenden Effekt dieser Trinkgewohnheit auf die Leber. FITBOOK-Redakteurin Melanie erklärt die Erkenntnisse der Untersuchung.
Mit einer kranken Leber verbindet man häufig in erster Linie einen hohen Alkoholkonsum. Doch auch andere Ernährungsgewohnheiten können das Organ schädigen – zum Beispiel, wenn man zu viel verarbeitetes Fleisch isst oder zu viel Zucker zu sich nimmt (FITBOOK berichtete). US-Wissenschaftler wollten nun wissen, wie sich gesüßte Getränke auf die Leber auswirken. Ihre Ergebnisse: Es macht offenbar einen Unterschied, ob Drinks mit Zucker oder künstlichen Süßstoffen gesüßt sind. Außerdem: Ab welcher Menge es bedenklich wird.
Übersicht
Die Studie
In seiner Studie untersuchte das Forschungsteam den Zusammenhang von Getränken, die entweder mit Zucker oder mit künstlichen Süßungsmitteln gesüßt waren, und dem Auftreten von Leberkrebs sowie der Sterblichkeit aufgrund chronischer Lebererkrankungen. Zu diesem Zweck zogen sie die Daten von 98.786 Frauen im Alter zwischen 50 und 79 Jahren heran, die sich bereits in der letzten Phase der Wechseljahre (Postmenopause) befanden. Die Frauen waren zwischen 1993 und 1998 in die Women’s Health Initiative aufgenommen und 20 Jahre lang (bis zum 1. März 2020) beobachtet worden.1
Die Menge an mit Zucker gesüßten Getränken, die die Probandinnen konsumierten, erfasste man zu Studienbeginn mithilfe eines Fragebogens. Darin gaben die Frauen an, wie viele Softgetränke und Fruchtsäfte ohne Fruchtfleisch sie verzehrten. Drei Jahre später erfassten die Wissenschaftler den Konsum von mit künstlichen Süßstoffen gesüßten Getränken.
Im Verlauf der nächsten 20 Jahre beobachteten die Forscher, welche Leberkrankheiten auftraten und wie viele Frauen an diesen starben. Mithilfe statistischer Verfahren setzten sie die gesundheitlichen Vorkommnisse in Bezug zu den verzehrten Getränken.
Die Erkenntnisse
Lebererkrankungen
Neben Leberkrebs entwickelten die Probandinnen diverse chronische Lebererkrankungen, die teils tödlich endeten:
- nichtalkoholische Fettleber
- Leberfibrose
- Leberzirrhose
- alkoholische Lebererkrankungen
- chronische Hepatitis
Im durchschnittlichen Beobachtungszeitraum von 20 Jahren erkrankten 207 Frauen an Leberkrebs, 148 starben an einer chronischen Lebererkrankung.
Konsum gesüßter Getränke
Zu Beginn der Studie konsumierten 6,8 Prozent der Frauen eine oder mehr Portionen mit Zucker gesüßter Getränke pro Tag. Zum Zeitpunkt der Erfassung des Konsums künstlich gesüßter Getränke (drei Jahre später), gaben 13,1 Prozent an, täglich eine oder mehr Portionen zu verzehren.
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Zusammenhang zwischen gesüßten Getränken und Erkrankungen der Leber
Unter Berücksichtigung anderer relevanter Faktoren wie z. B. Lebensstilfaktoren traten bei der Analyse der Daten interessante Erkenntnisse zutage.
Wenn man Frauen, die drei oder weniger zuckerhaltige Getränke pro Monat konsumierten, mit Frauen verglich, die eine oder mehr Portionen pro Tag tranken, zeigte sich: Letztere hatten ein signifikant erhöhtes Risiko für Leberkrebs. Auch ihr Risiko, an einer chronischen Lebererkrankung zu sterben, war erhöht.
Dagegen hatten Frauen, die täglich ein künstlich gesüßtes Getränk oder mehrere solche Drinks tranken, im Vergleich zu den Altersgenossinnen, die nur drei oder weniger künstlich gesüßte Getränke im Monat konsumierten, bemerkenswerterweise kein signifikant erhöhtes Risiko, an Leberkrebs zu erkranken. Das Gleiche galt auch im Hinblick auf die Sterblichkeit aufgrund chronischer Lebererkrankungen.
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Einordnung der Studie
Nicht nur, wenn es darum geht, die Ernährung dahin gehend zu optimieren, dass man effektiver Gewicht verliert, unterschätzen viele den Einfluss von dem, was sie trinken. Süße Drinks können nicht nur die tägliche Kalorienzahl drastisch in die Höhe schrauben, sondern auch die Gesundheit beeinflussen. Wie immens dieser Einfluss sein kann, zeigt die aktuelle Studie.
Allerdings handelt es sich bei dieser um eine Beobachtungsstudie und nicht um eine Untersuchung unter kontrollierten Laborbedingungen. Der Getränkekonsum der Frauen wurde anhand von fehleranfälligen Selbstauskünften ermittelt, diese dann 20 Jahre später in Verbindung mit aufgetretenen Lebererkrankungen und Todesfällen gesetzt. Dies beeinträchtigt die Aussagekraft der Studie. Weitere Forschung auf dem Gebiet ist daher notwendig.
Künstliche Süßstoffe besser als Zucker?
Dennoch liefert die Studie weitere Argumente gegen den Zuckerkonsum – da dieser der Leber schaden kann. Doch heißt dies dann, dass man stattdessen munter zu künstlich gesüßten Drinks als Alternative greifen kann? Immerhin scheinen sie zumindest der Leber nicht zu schaden. Dennoch sind auch sie offenbar nicht völlig unbedenklich für die Gesundheit. Andere Studien deuten darauf hin, dass die Zuckerersatzstoffe die Darmflora angreifen, schlecht fürs Herz und krebserregend sind sowie die DNA schädigen und das Gehirn beeinträchtigen.2,3,4,5,6
Ganz so dramatisch sah es Dr. Stefan Kabisch vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE) in einem früheren Gespräch mit FITBOOK zwar nicht. Aber er betonte: „Viele Süßstoffe werden mit dem Hintergedanken vermarktet, dass man mit ihnen abnehmen kann und dass etwa Light-Produkte einen Vorteil bieten sowie gesünder sind. Dieser Vorteil ist praktisch nicht gezeigt. Ein Süßstoff hat zwar weniger Energie, aber dass man davon abnehmen kann, wurde nicht zuverlässig nachgewiesen.“ Außerdem helfe der Umstieg von Zucker auf die Alternativen nicht, ein Umdenken in Sachen Ernährung zu fördern. „Süßstoffe ändern nichts auf der Verhaltensebene, denn man bleibt weiterhin den Süßreizen ausgesetzt. Das Appetit-Verhalten, Süßes zu essen, bleibt praktisch unverändert.“ Mit anderen Worten: Dem Verlangen nach Süßem wird weiterhin nachgegeben – mit möglichen Auswirkungen auf das Gewicht und die langfristige Gesundheit.
Gesüßte Getränke und Lebergesundheit – Fazit
Zusammenfassend bedeutet dies also: Für die Leber sind künstlich gesüßte Getränke offenbar besser als zuckerhaltige. Am generell gesündesten (und figurfreundlichsten) sind immer noch ungesüßte Getränke. Bei Durst sollte man also bevorzugt zu Wasser oder ungesüßten Tees greifen.
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Quellen
- 1. Zhao, L., Zhang, X., Coday, M. et al. (2023). Sugar-Sweetened and Artificially Sweetened Beverages and Risk of Liver Cancer and Chronic Liver Disease Mortality. JAMA Network.
- 2. Chichger H, Aparna S. (2021). Artificial Sweeteners Negatively Regulate Pathogenic Characteristics of Two Model Gut Bacteria, E. coli and E. faecalis. International Journal of Molecular Sciences.
- 3. Debras, C., Chazelas, E., Sellem E. et al. (2022). Study suggests possible link between artificial sweeteners and heart disease. BMJ.
- 4. Debras C., Chazelas E,. Srour B. et al. (2022). Artificial sweeteners and cancer risk: Results from the NutriNet-Santé population-based cohort study. PLOS Medicine.
- 5. Schiffman S.S., Scholl E.H., Furey T.S. & Nagle H.T. (2023). Toxicological and pharmacokinetic properties of sucralose-6-acetate and its parent sucralose: in vitro screening assays. Journal of Toxicology and Environmental Health.
- 6. Tsan L, Chometton S, Hayes A et al. (2022): Early-life low-calorie sweetener consumption disrupts glucose regulation, sugar-motivated behavior, and memory function in rats, JCI Insight.