19. Juni 2024, 17:16 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Herzinsuffizienz, auch Herzmuskelschwäche oder Herzschwäche genannt, gehört zu den häufigsten Todesursachen in Deutschland. Wird sie jedoch frühzeitig erkannt, kann sie oft gut behandelt werden. Forscher haben nun herausgefunden, welche Rolle der Geruchssinn dabei spielt. FITBOOK-Autor Martin Lewicki fasst die Studienerkenntnisse zusammen.
Laut dem „Deutschen Herzzentrum der Charité“ (DHZC) leiden in Deutschland rund 2,5 Millionen Menschen an einer Herzinsuffizienz – Tendenz steigend.1 Die Erkrankung gilt als eine der häufigsten Todesursachen sowie Gründe für eine Krankenhausaufnahme. Bei einer Herzschwäche kann das Herz den Körper nicht mehr ausreichend mit Blut und Sauerstoff versorgen. Grund dafür sind oft verkalkte Arterien. Da die Erkrankung meist über Jahre schleichend verläuft bis Beschwerden wie Atemnot auftreten, ist es wichtig, frühe Symptome zu erkennen. Wie amerikanische Forscher nun herausfanden, könnte der Verlust des Geruchssinns ein Hinweis für eine Herzinsuffizienz sein.
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Übersicht
Unspezifische Symptome für eine Herzschwäche
In einer aktuellen Studie zeigen Wissenschaftler von der „Michigan State University“ einen bemerkenswerten Zusammenhang zwischen dem Geruchssinn und dem Risiko für eine Herzinsuffizienz. Die Studie wurde im „Journal of the American Heart Association“ veröffentlicht.2 Diese Erkenntnis könnte vielen Menschen helfen, eine Herzschwäche frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Denn die bisher bekannten Symptome für eine Herzschwäche sind bislang eher unspezifisch, wodurch die Krankheit meist erst im fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert wird. Laut dem DHZC gehören dazu folgende Symptome:
- schnelle Erschöpfung, geringe Leistungsfähigkeit
- Atemnot (schnell außer Puste sein)
- Müdigkeit
- niedriger Blutdruck
- Herzrasen
- gestörte Atmung während des Schlafs
Verlust des Geruchssinns kommt vermehrt bei älteren Menschen vor
Wie die Wissenschaftler in ihrer Studie schreiben, sind Beeinträchtigungen des Geruchssinns bei älteren Erwachsenen weit verbreitet. Dabei gehen sie teilweise auch mit kardiovaskulären Beschwerden einher, bislang untersuchten Studien jedoch nicht die genauen Zusammenhänge. Um genau das zu klären, haben die Forscher den Geruchssinn in Bezug auf das Risiko für Herzinsuffizienz, für die koronare Herzkrankheit und für einen Schlaganfall untersucht. Hierfür analysierten sie die Daten von etwa 2.500 Personen, die im Rahmen der amerikanischen „Health ABC Study“ teilnahmen. Die Probanden, die zwischen 1997 und 1998 in die Studie aufgenommen wurden, waren gesunde ältere Erwachsene im Alter zwischen 70 und 79 Jahren.
Der Geruchssinn wurde erstmals bei den Studienteilnehmern in den Jahren 1999 und 2000 untersucht. Anschließend wurde die Entwicklung des Geruchssinns im Rahmen von weiteren klinischen Tests in einem Zeitraum von zwölf Jahren nachverfolgt. In der aktuellen Studie haben die Forscher eben diese Daten extrahiert und sie in einen Zusammenhang zu den aufgetretenen Herzkrankheiten der Probanden gestellt. Dabei wollte man insbesondere herausfinden, ob der schleichende Geruchsverlust als Indikator für einen Herzinfarkt, Schlaganfall oder eine Herzinsuffizienz dienen kann.
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Studie zeigt, wann das Risiko für eine Herzinsuffizienz steigt
Die Auswertung der Daten ergab, dass es keinen Zusammenhang zwischen dem Verlust des Geruchssinns und dem Risiko für Schlaganfälle oder die koronare Herzkrankheit gibt. Dagegen stellten die Forscher fest, dass Probanden mit einem Verlust des Geruchssinns ein um rund 30 Prozent erhöhtes Risiko für eine Herzinsuffizienz aufwiesen im Vergleich zu Personen mit normalem Geruchssinn. „Angesichts dessen, was wir über die möglichen Zusammenhänge zwischen Geruchsverlust und kardiovaskulärer Gesundheit diskutiert haben, sind wir von diesem Ergebnis nicht völlig überrascht“, kommentiert der Studienleiter, Honglei Chen, das Ergebnis gegenüber dem Gesundheitsportal „Medical News Today“.
Allerdings haben die Forscher noch mit weiteren Zusammenhängen gerechnet. „Wir sind etwas überrascht von der Tatsache, dass wir diesen Zusammenhang nur für die Herzinsuffizienz, nicht aber für die koronare Herzkrankheit oder den Schlaganfall festgestellt haben“, sagte Keran Chamberlin, die ebenfalls an der Studie beteiligt war. Man habe dafür bislang keine kausale Erklärung. Deswegen müsse man noch weiter in diese Richtung forschen, um die Ergebnisse zu bestätigen.
Die Forscherin Chamberlin spekuliert, dass sich der Geruchsverlust negativ auf die Nahrungsaufnahme, die Stimmung und die täglichen Aktivitäten auswirken könnte, was im Laufe der Zeit die kardiovaskuläre Gesundheit gefährdet und womöglich zu der Herzinsuffizienz führt. Ob es tatsächlich so ist, gilt es noch zu erforschen.
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Geruchssinn als Biomarker für Krankheiten
Wie die Forscher selbst schreiben, ist der Geruchsverlust auch ein Indikator für andere Krankheiten. „In den vergangenen zwei Jahrzehnten haben wir gelernt, dass der Verlust des Geruchsinns einer der wichtigsten Frühmarker für Demenz und Parkinson ist“, sagt Studienleiter Dr. Chen.
Tatsächlich gibt es etliche Studien, die Zusammenhänge aufzeigen. An der Universität von Chicago hat man 2013 die Verbindung zwischen Geruchsverlust und einer späteren Alzheimer-Erkrankung festgestellt (FITBOOK berichtete).3 Daraus schlussfolgerten die Forscher, dass eine frühe Untersuchung der Geruchssensitivität bzw. -wahrnehmung helfen kann, zukünftige kognitive Funktionsstörungen und letztendlich Alzheimer vorherzusagen.
In einer anderen Studie kommen Wissenschaftler zu dem Schluss, dass der Geruchssinn als Biomarker für ungesundes Altern und das Risiko für Erkrankungen dienen kann.4 Sie empfehlen sogar, dass neben Seh- und Hörtests auch Geruchstests bei medizinischen Untersuchungen regelmäßiger zum Einsatz kommen sollten. Denn Geruchsverlust könne frühzeitig darauf hindeuten, dass sich die Gesundheit einer Person verschlechtert. „Wenn z. B. jemand bei einem Geruchstest durchfällt, muss dieser Patient vielleicht seine Ernährung verbessern oder sich einer genaueren neurologischen oder medizinischen Untersuchung unterziehen“, erklärt einer der Studienautoren, Prof. Nicolas Rowan, in einer Meldung der Johns Hopkins Universität. Mehr dazu erfahren Sie hier.