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Bei Erwachsenen

Symptome, Verlauf und Behandlung einer Gehirnerschütterung

Zu den typischen Symptomen nach einer Gehirnerschütterung zählen Kopfschmerzen
Um eine Gehirnerschütterung von mittleren und schweren Schädel-Hirn-Traumata zu unterscheiden, muss man die Symptome kennen Foto: Getty Images
Anna Echtermeyer
Redakteurin

21. Oktober 2023, 17:07 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten

Eine Gehirnerschütterung kann zu Bewusstseinsverlust führen. Doch woher weiß man, ob das Ganze von selbst verheilt – oder man dringend den Rettungsdienst rufen muss, weil das Gehirn tatsächlich Schaden genommen haben könnte?

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Mit fachlicher Beratung von
Enrico Zessin, Arzt in Weiterbildung für Innere Medizin und Sportmedizin, Verbandsarzt Deutscher Leichtathletik Verband und Diplom-Molekularbiologe

In zahlreichen Sportarten gehören Stoß- und Anprallverletzungen im Kopfbereich zum Alltag in Training und Wettkampf. Und die sind nicht immer harmlos, wenn man das Thema CTE in den Fokus rückt – eine spezielle Form der Demenz, verursacht durch viele Gehirnerschütterungen – etwa bei Boxern und Footballspielern ist das ein großes Problem. Doch dazu später mehr. Das Bewusstsein für die Gefahr wiederholter Gehirnerschütterungen wurde in den letzten Jahren geschaffen, indem etwa der DFB das Ziel vorgibt, das Kopfballspiel bei Kindern und Jugendlichen deutlich zu reduzieren (in anderen Ländern, etwa England, ist man schon weiter und hat das Kopfballspiel im Training für Kinder unter zwölf Jahren untersagt).1 Wichtig ist bei diesem Thema, ein leichtes Schädel-Hirn-Trauma von schwereren Formen unterscheiden zu können. FITBOOK über Anzeichen (Symptome), Verlauf und mögliche Gefahren einer Gehirnerschütterung bei falscher Diagnose.

Was passiert bei einer Gehirnerschütterung?

Das Gehirn sitzt an und für sich gut geschützt im Schädel. Es ist umgeben von Flüssigkeit, die es vor leichteren Stößen gegen den Schädelknochen schützt. Kommt es nun aber zu einem härteren, meist dumpfen Schlag gegen den Kopf – etwa durch einen Sturz oder, besonders häufig, bei Kontaktsportarten wie Boxen, Fußball, Football oder Eishockey – kann das Gehirn dennoch auf den Schädelknochen prallen. Das führt dann zu einer Gehirnerschütterung – die leichteste und auch mit Abstand häufigste Form eines Schädel-Hirn-Traumas (genannt Commotio cerebri).

Symptome – woran merke ich, dass ich eine Gehirnerschütterung habe?

Bei einer Gehirnerschütterung (leichtes Schädel-Hirn-Trauma) tritt laut aktuellen WHO-Kriterien häufig eine Bewusstlosigkeit auf, die jedoch nicht länger als 30 Minuten anhält. Ferner zeigen sich Erinnerungslücken für die Zeit sowohl vor als auch nach dem Unfall, die dabei nicht länger als 24 Stunden anhalten. Weitere typische Symptome einer Gehirnerschütterung sind mäßige bis starke Kopfschmerzen, Übelkeit, Schwindelgefühle, Verwirrtheit und Desorientierung. Häufig berichten Betroffene auch von einer Überempfindlichkeit gegenüber Licht und Lärm. Dabei dürfen sich bei einem leichten SHT keine anderen klinischen auffälligen Befunde ergeben – wie äußere Verletzungszeichen, neurologische Defizite oder Symptome wie Übelkeit und Erbrechen.

Diese Symptome bilden sich bei einer Gehirnerschütterung innerhalb von wenigen Tagen zurück und es treten (bis auf eine Ausnahme, zu der wir weiter unten noch kommen) keine Spätfolgen auf. Denn, auch wenn alles ganz harmlos wirkt: Die Symptome sind ernstzunehmen; der Patient muss beobachtet werden und ggf. trotzdem in die Klinik.

Je nach Ausprägung der Verletzung können Symptome manchmal unmittelbar nach dem Unfall, in anderen Fällen aber auch verzögert mit bis zu 24 Stunden Abstand auftreten. Vor allem bei Kindern treten Symptome oft erst später auf.

Eltern, aufgepasst: bei Kleinkindern sind die Anzeichen subtiler

Symptome treten bei Kindern oft nicht nur später auf, sie können auch viele subtiler sein als bei Erwachsenen. Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) zählt dazu eine ungewöhnliche Anhänglichkeit und Schlafprobleme sowie Mühe mit Dingen, die sie eigentlich schon gelernt haben – etwa dem Gang aufs Töpfchen.

Weil bei Kleinkindern das Bewusstsein für Gefahren noch wenig entwickelt ist, sind Gehirnerschütterungen bei ihnen besonders häufig. Klare Warnzeichen bei Kindern, mit denen man sofort den Rettungsdienst alarmieren oder selbst in die Notaufnahme fahren sollte, haben wir hier zusammengetragen.

Wann ist eine Gehirnerschütterung gefährlich?

Bei einer Gehirnerschütterung tritt kein struktureller Schaden am Hirngewebe auf, sodass sie in der Regel ohne weitere Folgen bleibt und vollständig ausheilt. In Einzelfällen können einige Symptome, wie Kopfschmerzen, Schwindel und Müdigkeit, monatelang anhalten. Patienten müssen jedoch beobachtet und – unter Umständen – doch in die Klinik gebracht werden.

Besonders gefährlich ist es, wenn Symptome unterschätzt werden und fälschlicherweise nur von einer einfachen Gehirnerschütterung ausgegangen wird, obwohl schwerere Hirnverletzungen (z.B. Hirnblutungen) vorliegen. Ein Anzeichen für eine Subarachnoidalblutung etwa (häufigste Ursache dafür ist ein Schädel-Hirn-Trauma) sind heftige Kopfschmerzen, die plötzlich begonnen und von Patienten als besonders schlimm beschrieben werden. Mehr Informationen zu den Anzeichen einer Hirnblutung erhalten Sie hier.

Die Schweregrade bei Schädel-Hirn-Traumata

In der Glasgow-Coma-Skala (GCS) erhalten Patienten für die Abschätzung der Bewusstseinsstörung Punkte für bestimmte Reaktionen, welche das Öffnen der Augen sowie verbale und motorische Antworten beinhalten. 15 stellt die höchstmögliche Punktzahl dar; die niedrigste ist 3 – wobei der niedrigste Wert der schwersten Ausprägung, dem schweren Schädel-Hirn-Traumata, entspricht.

  • GCS-Wert 3 bis 8: schwere Schädel-Hirn-Trauma
  • GCS-Wert 9 bis 12: mittelschweres Schädel-Hirn-Trauma
  • GCS-Wert 13 bis 15: leichtes Schädel-Hirn-Traum – Gehirnerschütterung2

Die Symptome beim leichten Schädel-Hirn-Trauma haben wir bereits beschrieben. Beim mittelschweren Schädel-Hirn-Trauma dauert die Bewusstlosigkeit länger als 5, bis hin zu 30 Minuten. Noch länger ist sie in der Regel bei einem schweren Schädel-Hirn-Trauma; hier hält die primäre Bewusstlosigkeit Tage bis Wochen an.

Wie wird ein leichtes Schädel-Hirn-Trauma behandelt?

Betroffene sind müde und fühlen sich schwach. Durch körperliche Schonung und Bettruhe verschwinden die Symptome häufig innerhalb weniger Tage. Der Heilungsprozess kann einer Studie aus dem Jahr 2021 zufolge beschleunigt werden, wenn man in dieser Zeit Bildschirme meidet.3 Denn Lichtreize strengen Augen und Gehirn an, was die Heilung einer Gehirnerschütterung stört. Besonders Kinder und Jugendliche sollten nach einer Gehirnerschütterung mindestens 48 Stunden auf Bildschirme von Smartphone, Fernseher und Co. verzichten. So lautet die Empfehlung auf eine Studie

Allgemein sollte die betroffene Person die ersten Stunden nicht alleine gelassen werden, um mögliche Veränderungen des Gesundheitszustandes – bspw. Übelkeit, Erbrechen, Bewusstseinstrübung, Krämpfe, Wesensveränderungen – schnell erkennen zu können. Sind die Symptome stärker oder besteht Unsicherheit in Bezug auf die Schwere der Verletzung, sollte unbedingt ein Arzt aufgesucht werden. Dann kann es sein, dass eine 24-stündige Überwachung im Krankenhaus angeordnet wird und ggf. weitere Diagnostik erforderlich ist, um schwerere Hirnschäden auszuschließen.

Hintergrund
Bei Verdacht auf ein SHT (GCS 13-15) erfolgt in der Klinik die Kontrolle der Vitalzeichen, fachliche Inspektion hinsichtlich anderer Traumafolgen (äußere Verletzungszeichen, Frakturen, Wunden etc.), kognitive Reaktionen werden genauer eingeschätzt.
Therapiemaßnahmen:
– ggf. Schmerzmedikamente wie Ibuprofen oder Metamizol
– Entlassung in Häuslichkeit, wenn Überwachung (z. B. durch Angehörige) für 24 Stunden gewährleistet ist
– Aufklärung zu möglichen Warnhinweisen/Verschlechterungen
– körperliche Schonung für bis zu 72 Stunden, ggf. Hochlagern des Oberkörpers (Druckminderung im Kopf)
– Vermeidung körperlicher Anstrengung bis Symptomfreiheit
Bei Verdacht auf GCS <12 ist immer eine ärztliche Vorstellung und Monitoring erforderlich (bis hin zu intensivmedizinischen Betreuung bzw. Behandlung)

Mögliche Spätfolgen einer Gehirnerschütterung

Kinder und Jugendliche können noch bis zu einem Monat nach einer Gehirnerschütterung Folgeerscheinungen wie Kopfschmerz, Denkstörungen und Erschöpfung haben. Auch bei manchen Erwachsenen bestehen diese Beschwerden über einen längeren Zeitraum nach der Gehirnerschütterung – man spricht dann vom Postkommotionellen Syndrom. Dazu zählen Schwindel, Kreislaufschwäche, Kopfschmerzen, Konzentrationsstörungen, Vergesslichkeit oder auch Reizbarkeit.

Möglicherweise könnte auch die Zusammensetzung des Mikrobioms Aufschluss über unentdeckte Gehirnerschütterungen geben – dieses spannende Ergebnis brachte einer Studie der University in Houston (US-Staat Texas) hervor, die den Stuhl von Footballspielern analysiert hatten. Bei Spielern, die im Untersuchungszeitraum eine Gehirnerschütterung erlitten hatten, wich die Bakterienzusammensetzung im Darm von denen der anderen Probanden ab. Die Forscher bringen das mit einer Schädigung des zentralen Nervensystems in Verbindung, was im Zusammenhang mit wiederholten Gehirnerschütterungen gesehen werden kann (mehr Details zur Studie können Sie hier nachlesen).

Seltene Folge bei wiederholten Gehirnerschütterungen: CTE

Bei (massiv!) wiederholten Gehirnerschütterungen kann eine Chronisch Traumatische Enzephalopatie (CTE) die Folge sein. Diese seltene Form von Demenz trifft allerdings ausschließlich Menschen, die in ihrem Leben Mikrotraumata angesammelt haben – bekannt ist das von Footballspielern, jüngstes bekanntes Beispiel ist der im August 2023 daran verstorbene Ex-Boxprofi René Weller. FITBOOK sprach mit dem renommierten Neurologen Prof. Frank Erbguth über Symptome und den „Point of no Return“ der seltenen Erkrankung CTE.

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Quellen

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