11. Oktober 2023, 13:51 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Die richtigen Verhaltensweisen und biologische Faktoren für ein langes Leben sind von großem Interesse. Deshalb sind Menschen, die das 100. Lebensjahr erreicht haben, ein spannendes Forschungsgebiet. Nun wollen Wissenschaftler neue wichtige Erkenntnisse gewonnen haben. Demnach sind „Geheimnisse“ der Langlebigkeit auch im Blut von Hundertjährigen zu finden.
Auch wenn es heute mehr von ihnen gibt als früher: Dass Menschen das 100. Lebensjahr erreichen oder überschreiten, ist noch immer eher selten. Forscher versuchen, das komplexe Zusammenspiel zwischen Lebensstil- und genetisch veranlagten Faktoren zu entschlüsseln. In einer kürzlich veröffentlichten Studie haben Mitarbeiter am schwedischen Karolinischen Institut diesbezüglich neue Erkenntnisse gewonnen. Demnach könnten offenbar bestimmte Biomarker zu den Geheimnissen für eine hohe Langlebigkeit gezählt werden.
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Übersicht
Studie zu Biomarkern von Hundertjährigen
Biomarker sind z. B. Blutwerte, Hormone und der Blutdruck. Es handelt sich dabei um Merkmale, aus denen sich Rückschlüsse zu (Vorstufen von) Krankheiten ziehen lassen. Daneben können Biomarker auch darauf hinweisen, dass Personen etwa bestimmten Umweltbelastungen ausgesetzt waren.
„Der Vergleich von Biomarker-Profilen, die (…) bei außergewöhnlich langlebigen Personen und ihren kürzer lebenden Altersgenossen gemessen wurden, kann unser Verständnis von Alterungsprozessen verbessern.“ So ist es in der Einleitung der Studie nachzulesen.1 Die Untersuchung habe demnach bestimmte Biomarker aufgezeigt, die sich bei Probanden ähnelten, welche das 90. Lebensjahr überschritten hatten.
Auffälligkeiten bei den Glukose-, Kreatinin- und Harnsäurewerten
„Wir fanden heraus, dass diejenigen (Probanden), die ihren hundertsten Geburtstag erreichten, ab ihrem 60. Lebensjahr tendenziell niedrigere Werte für Glukose, Kreatinin und Harnsäure aufwiesen.“ So erklären es die Studienautoren parallel bei einer renommierten Forschungs-Website.2 Die Werte haben sich demnach bei den besonders Langlebigen und Kontrollprobanden zwar nicht eklatant unterschieden. Auffällig war jedoch, dass bei den Hundertjährigen die Werte im Vergleich oft nach unten oder oben abwichen und zusammenfassend häufig jenseits der vorgegebenen Normbereiche lagen.
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Details zur Untersuchung
Um unter den Biomarkern mögliche Geheimnisse für eine hohe Langlebigkeit aufzuspüren, griffen die Forscher auf einen enormen Datensatz zu. Dieser umfasste Werte von 44.000 schwedischen Probanden im Alter zwischen 64 und 99, die nach einer ersten körperlichen Untersuchung bei der Aufnahme in die Langzeitstudie auch in den folgenden 35 Jahre regelmäßig Gesundheitsinformationen zur Verfügung stellten. Rund 2,7 Prozent der Probanden erreichten das 100. Lebensjahr; beachtliche 85 Prozent von ihnen waren übrigens weiblich.
Es wurden insgesamt 12 blutbasierte Biomarker berücksichtigt, die in früheren Studien mit den Themen Sterblichkeit und Altern assoziiert worden waren. Hierzu zählten u. a. solche, die mit Entzündungsprozessen im Körper in Verbindung stehen, sowie den Stoffwechsel betreffende Marker (z. B. Cholsterinwerte, Glukose). „Außerdem haben wir das Kreatinin, das mit der Nierenfunktion zusammenhängt, sowie den Eisen- und den Gesamt-Harnstoffgehalt untersucht“, heißt es in dem Beitrag weiter.
Interpretation der Erkenntnisse
Bei der Auswertung der Ergebnisse folgerten die Forscher, dass – bis auf zwei Ausnahmen (= Alanin-Aminotransferase und Albumin) – jeder der untersuchten Biomarker mit der Wahrscheinlichkeit zusammenhing, 100 Jahre alt zu werden, wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung. Dies behielt auch nach Bereinigung von möglichen Einflussfaktoren wie Alter, Geschlecht und Krankheitslast Gültigkeit. Die Glukose-, Kreatinin- und Harnsäurewerte stachen besonders hervor. Man könnte sie deshalb wohl zu den verschiedenen „Geheimnissen“ für Langlebigkeit dazuzählen.
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Noch einmal dazu, dass viele der für ein langes Leben offenbar wesentlichen Biomarker nicht den bekannten Normwerten entsprachen, also beispielsweise über oder unter dem vermeintlich als ideal geltenden Bereich lagen. „Dies ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass die Leitlinien auf der Grundlage einer jüngeren und gesünderen Bevölkerung erstellt werden“, vermuten die Forscher. Es könnte wohl sinnvoll sein, die festgelegten Normwerte zu überdenken bzw. auf unterschiedliche Altersgruppen anzupassen.
Die Forscher betonen weiter, dass die Studie keine zuverlässigen Schlussfolgerungen für etwa lebensverlängernde Verhaltensweisen zulässt. Zumindest jedoch liege die Vermutung nahe, dass Faktoren wie Ernährung und Alkoholkonsum eine Rolle spielen könnten. Denn beide beeinflussen etwa die Glukose- und Harnsäurewerte. Es sei empfehlenswert, dass Patienten die herausgestellten Werte ab einem gewissen Alter regelmäßig per Bluttest kontrollieren lassen.
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Quellen
- 1. Murata, S., Ebeling, M., Meyer, A. et al. (2023). Blood biomarker profiles and exceptional longevity: comparison of centenarians and non-centenarians in a 35-year follow-up of the Swedish AMORIS cohort. Gero Science.
- 2. The Conversation: „Centenarian blood tests give hints of the secrets to longevity“ (aufgerufen am 11.10.2023)