17. Januar 2025, 13:05 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Eine Untersuchung der American Cancer Society (ACS), die sich mit der Krebshäufigkeit und -sterblichkeit innerhalb der USA befasst, zeigt einen immensen Anstieg der Erkrankungsraten bei Frauen unter 50 Jahren. Die Werte liegen den Daten zufolge um erschreckende 82 Prozent höher als bei gleichaltrigen Männern. FITBOOK-Autorin Laura Pomer hat sich die Erkenntnisse des Berichts und deren mögliche Bedeutung genauer angeschaut.
Jedes Jahr analysiert die American Cancer Society (ACS) ihr vorliegende Daten zu Krebs- und damit verbundenen Todesfällen in den USA. Der jüngste entsprechende Report liefert auf Basis der Werte aus den vergangenen Jahren eine Prognose für die Erkrankungs- und Sterblichkeitsraten für 2025.1 Es werden in den kommenden Monaten 2.041.910 neue Krebserkrankungen und 618.120 Krebstodesfälle in den USA erwartet. Verglichen mit den 1990er-Jahren ist zwar ein kontinuierlicher Rückgang der Krebssterblichkeit zu beobachten – jedoch mit traurigen Ausnahmen bei bestimmten Krebsarten. Dazu später im Text mehr. Zu den auffälligsten Erkenntnissen der Untersuchung zählt aber ein erschreckender Vormarsch von Krebserkrankungen bei jungen Frauen.
Jetzt dem FITBOOK-Kanal bei Whatsapp folgen!
Übersicht
Junge Frauen erkranken um 82 Prozent öfter an Krebs als Männer
Laut den Daten ist die Krebsrate bei Männern insgesamt gesunken, bei Frauen unter 50 Jahren dagegen deutlich gestiegen. Im betrachteten Jahr 2021 lag sie um 82 Prozent höher als bei Männern der gleichen Altersgruppe. Der Unterschied zwischen den Geschlechtern stellte sich im Jahr 2002 noch anders dar: Damals erkrankten unter-50-jährige Frauen noch um 51 Prozent öfter an Krebs als Männer. Dabei sei unter anderem bemerkenswert, heißt es in dem Abstract, dass die Lungenkrebsinzidenz bei Frauen unter 65 Jahren erstmals die der Männer überstieg.
Im Zusammenhang mit Lungenkrebs und jungen Frauen berichtete FITBOOK im vergangenen Jahr über Auffälligkeiten. Sowohl in den USA als auch in Deutschland – dies bestätigte der Onkologe Dr. med. Rainer Lipp in dem erwähnten Bericht auf Nachfrage – gibt es immer mehr weibliche Betroffene, die selbst nie geraucht haben. Ein prominentes Beispiel dafür ist die aus der Serie „Big Bang Theory“ bekannte Schauspielerin Kate Micucci. In Zahlen ausgedrückt, ist die Inzidenz von Lungenkrebs bei jungen Nichtraucherinnen doppelt so hoch wie bei Nichtrauchern.
Erklärungsansätze für die geschlechtsspezifischen Unterschiede
Ein wesentlicher Treiber für die hohen Krebsraten bei Frauen ist ein Anstieg an Fällen von Brustkrebs. Die ACS veröffentlichte im vergangenen Oktober einen Bericht, demzufolge immer mehr junge Frauen die Diagnose erhalten (FITBOOK berichtete). Dies erklären die Experten sich auch mit der Zunahme von Vorsorgeuntersuchungen. Das allgemeine Bewusstsein für die Früherkennung von Krankheiten wie Krebs hat zugenommen, was konsequenterweise dazu führen kann, dass mehr Fälle entdeckt werden. Bei Brustkrebs handelt es sich um die mit Abstand häufigste Krebserkrankung unter Frauen, wie auch Daten aus Deutschland zeigen.2 Männer machen nur rund ein Prozent der Neuerkrankungen aus.
Daneben zeigen die Daten, dass die Zahl der Todesfälle durch Gebärmutterkrebs zunimmt. Zwischen 2013 und 2022 ist die Sterblichkeitsrate um 1,5 Prozent pro Jahr gestiegen.
Mehr Fälle von Bauchspeicheldrüsen- und Darmkrebs
Weiterhin gehören, wie aus dem Bericht hervorgeht, Bauchspeicheldrüsen- und Darmkrebs zu den Krebserkrankungen mit unabhängig vom Geschlecht steigenden Raten. Speziell bei Darmkrebs werden seit einigen Jahren immer mehr Erkrankungen bei Menschen unter 50 Jahren festgestellt. FITBOOK berichtete über eine diesbezügliche Untersuchung, die speziell die Ernährung als relevanten Risikofaktor für eine Erkrankung behandelte. Die aktuelle ACS-Veröffentlichung führt neben der Ernährung weitere Lebensstilfaktoren wie schlechte Schlafroutinen, Rauchen oder Vapen sowie Alkoholkonsum an, die als mögliche Erklärung für die Prävalenz dienen könnten. Zudem ist die Zahl der Erkrankungen an Bauchspeicheldrüsenkrebs seit Mitte der 1990er-Jahre um jährlich rund ein Prozent gestiegen. In diesem Fall habe auch die Sterblichkeitsrate geringfügig zugenommen.
Neben den geschlechtsspezifischen beschreiben die Analysten in ihrer Arbeit auch „große, unverminderte“ Unterschiede zwischen Ethnien. „Amerikanische Ureinwohner und Schwarze haben bei zahlreichen Krebsarten, von denen viele weitgehend vermeidbar sind, eine zwei- bis dreimal so hohe Krebstodesrate wie weiße Menschen.“ Als Begründung für diese Kluft sind unter anderem sozioökonomische Faktoren denkbar, die mit einem eingeschränkten Zugang zu medizinischer Versorgung einhergehen.
Report zeigt Von allen vermeidbaren Risikofaktoren für Krebs sind diese die wichtigsten
Laut Studie Zahl der Todesfälle durch Krebs soll bei Männern bis 2050 um 93 Prozent steigen
Laut Studie Jüngere Generationen für 17 Krebsarten mehr gefährdet als ältere
Bedeutung der Erkenntnisse
„Der allgemeine Fortschritt bei der Krebsbekämpfung könnte beschleunigt werden“, schreiben die Forscher. Es müsse mehr in die Krebsprävention und -behandlung investiert werden – insbesondere beim für Frauen gefährlichen Gebärmutterhalskrebs sowie beim vergleichsweise bedrohlichen Bauchspeicheldrüsenkrebs. Auch sei es von Bedeutung, die Ungleichheiten in der Behandlungsverfügbarkeit abzuschaffen.
Die Zahlen aus dem ACS-Bericht basieren auf US-amerikanischen Krebsregistern und Statistiken. Die Erkenntnisse sind somit nicht auf Deutschland übertragbar. Doch auch hierzulande hat die Zahl der Krebserkrankungen bei jüngeren Menschen einen Anstieg erlebt, wie die oben angeführten Beispiele zeigen. Die Beobachtungen betreffen vorwiegend Fälle von Brust- und Darmkrebs. Experten fordern daher schon länger, das von den Krankenkassen angebotene Vorsorgepaket für jüngere Frauen und Männer auszuweiten. Denn je früher eine Krebserkrankung entdeckt wird, desto besser lässt sie sich erfolgreich behandeln.