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Überraschende Studienergebnisse

Fitness oder Körpergewicht – was ist wichtiger für die Gesundheit?

Fitness ist wichtig für die Gesundheit: Frau im Gym
Kann man mit Übergewicht dennoch fit und gesund sein? Das hat eine Studie untersucht Foto: Getty Images/Westend61

2. Dezember 2024, 17:22 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

Dick, aber fit – und damit gesund? Ist das möglich? Genau das wollten Wissenschaftler herausfinden. Das Übergewicht krank machen und das Leben verkürzen kann, gilt in der Forschung als belegt. Aber sind Menschen mit einem höheren Körpergewicht pauschal ungesünder als normalgewichtige oder dünne Personen? FITBOOK-Redaktionsleiterin Melanie Hoffmann erklärt die überraschenden Ergebnisse, die eine aktuelle Studie hervorbrachte.

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Auf Social Media scheint es zurzeit vermehrt Bemühungen zu geben, das Stereotyp, wie ein fitter Mensch auszusehen hat, zu verändern. Übergewichtige Menschen zeigen sich beim Krafttraining im Fitnessstudio, beim Cardio oder auch beim Tanzen. Ihr Ziel ist es, zu zeigen, dass sie vielleicht nicht wie typische Athleten aussehen, aber sportlich sind. Die Kommentare unter solchen Posts und Videos beweisen aber: So richtig möchten viele ihnen das nicht glauben. Immer noch herrscht die Annahme vor: Wer keine wunderschön geformten Muskeln, sondern das eine oder andere Fettpolster zu viel hat, der kann auch nicht wahrhaft sportlich sein. Und muss deshalb auch krank sein oder kurz davor, es zu werden. Doch sind dicke Menschen automatisch unfitter und ungesünder als dünne? Eine in der Fachzeitschrift „British Journal of Sports Medicine“ veröffentlichte Studie untersuchte, was für die Gesundheit wichtiger ist – Fitness oder Körpergewicht. Und liefert für die beschriebene Debatte interessante Argumente.

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Körpergewicht und Gesundheit

Es ist nicht zu leugnen, dass das Körpergewicht eine Rolle für die Gesundheit spielt. Sowohl Unter- als auch Übergewicht können nicht nur akute Beschwerden verursachen, sondern auch Langzeitfolgen mit sich bringen. Bemerkenswert ist an dieser Stelle, dass eine Studie aus dem Jahr 2005 Hinweise dafür lieferte, dass Untergewicht stärker mit erhöhter Sterblichkeit verbunden sein könnte als Übergewicht. Die analysierten Probanden mit Übergewicht wiesen sogar im Vergleich mit Normalgewichtigen kein erhöhtes Sterberisiko auf.1

Wohl nicht zuletzt, weil in den „westlichen“ Ländern immer mehr Menschen übergewichtig oder adipös sind, liegt die Aufmerksamkeit besonders stark auf den Auswirkungen von hohem Körpergewicht. In diversen Studien haben Wissenschaftler deren Zusammenhänge mit der Entwicklung verschiedener Erkrankungen sowie dem Sterberisiko bereits untersucht. Bekannt ist, dass zu viel Körpergewicht auf Dauer zu Stoffwechselstörungen wie Insulinresistenz und Diabetes, Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-Erkrankungen bis hin zum Schlaganfall führen kann.

Die aktuelle Meta-Analyse

Doch was, wenn man neben dem Körpergewicht auch die Fitness einer Person in die Waagschale der Gesundheit wirft? Wie sehen die Zusammenhänge dann aus? Auf die Beantwortung ebendieser Fragen zielte eine Meta-Analyse der Universität von Virginia (USA) ab.

In früherer Forschung hatte sich gezeigt, dass kardiorespiratorische Fitness mit einem niedrigeren Gesamtsterberisiko und dem Sterberisiko aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen im Besonderen in Verbindung steht.2,3 Deshalb interessierte die US-Forscher der Einfluss der kardiorespiratorischen Fitness bei Übergewichtigen im Vergleich zu Normalgewichtigen.

Methodik

Für die Auswahl der Studien verwendeten die Forscher die Suchmaschinen „PubMed/Medline“, „Web of Science“ und „SportDiscus“ und filterten die dort registrierten Arbeiten nach folgenden Suchbegriffen:4

  • Fitness
  • Kardiorespiratorische Fitness
  • Körperliche Fitness
  • maximaler Sauerstoffverbrauch
  • VO2max
  • maximale Sauerstoffaufnahme
  • Belastungstest
  • maximaler Laufbandtest
  • Körperzusammensetzung‘
  • BMI und Body-Mass-Index
  • Übergewicht
  • Adipositas
  • Mortalität
  • Todesfälle
  • Tod
  • Versterben
  • tödlich
  • kardiovaskuläre Mortalität
  • chronische Krankheit
  • kardiovaskulär
  • metabolisch
  • kardiorespiratorisch
  • alle Todesursachen

Auf diese Weise gelangten die Wissenschaftler an all die in den erwähnten Datenbanken vorhandenen Forschungsarbeiten, die sich mit Fitnesslevel, Körpergewicht, Gesundheitsdaten und Todesfällen beschäftigt hatten. Sie überprüften 2279 Artikel, die durch diese Suchfilter gefunden wurden und wählten schließlich 20 Studien mit Daten von insgesamt 458.784 Probanden für ihre Meta-Analyse aus. 307.385 (67 Prozent) waren Männer und 151.399 (33 Prozent) waren Frauen. Das Alter der Personen lag zwischen 42 bis 64 Jahren, die Nachbeobachtungszeit der analysierten Studien lag zwischen 7 und 26 Jahren.

Voraussetzungen für die Aufnahme einer Studie in die Analyse waren:

  • Die Studie wurde zwischen Januar 1980 und Februar 2023 veröffentlicht
  • Es handelte sich um eine prospektive Kohortenstudie5
  • Die kardiorespiratorische Fitness wurde anhand eines maximalen oder VO2peak-Belastungstests ermitttelt
  • BMI wurde angegeben und direkt gemessen
  • Es wurden die gemeinsamen Auswirkungen der kardiorespiratorischen Fitness und des BMI auf die Gesamtmortalität oder die Herz-Kreislauf-Mortalität analysiert
  • Die Referenzgruppe waren normalgewichtige, fitte Personen

Mithilfe etablierter und standardisierter Statistikverfahren versuchten die Forscher anhand der umfassenden Studiendaten herauszufinden, ob und welche möglichen Zusammenhänge zwischen Fitnesslevel, Körpergewicht, Erkrankung und Sterblichkeit bestehen könnten.

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Die Studienergebnisse

Die Analyse ergab, dass sowohl übergewichte, fitte Menschen als auch adipöse, fitte Probanden im Vergleich zur Referenzgruppe (normalgewichtige, fitte Personen) kein erhöhtes Sterberisiko aufwiesen. Sie waren statistisch weder mehr von Gesamtmortalität noch von Herz-Kreislauf-Mortalität betroffen als fitte Menschen mit einem niedrigeren BMI. Dagegen wiesen unfitte, normalgewichtige, unfitte, übergewichtige und unfitte, adipöse Menschen im Vergleich zur Kontrollgruppe ein zwei- bis dreifach erhöhtes Sterberisiko auf.

„Es hat sich herausgestellt, dass Fitness für das Sterberisiko viel wichtiger ist als Fettleibigkeit“, erklärte Professor Siddhartha Angad von der Universität Virginia in einer Pressemitteilung.6 „Unsere Studie ergab, dass fettleibige, fitte Personen ein ähnliches Sterberisiko haben wie normalgewichtige, fitte Personen und fast die Hälfte des Sterberisikos von normalgewichtigen, untrainierten Personen. Bewegung ist mehr als nur ein Weg, um Kalorien zu verbrauchen. Sie ist eine hervorragende Medizin zur Optimierung der allgemeinen Gesundheit und kann das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Todesfällen aller Art bei Menschen jeder Größe erheblich verringern.“

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Einordnung der Meta-Analyse

Mit dem Vorurteil, dass übergewichtige Menschen pauschal ungesünder sein müssten als normalgewichtige, scheint die Analyse der 20 Studien nun aufzuräumen. Sie macht Personen, die Schwierigkeiten haben, abzunehmen, Mut, beim Sport weiter am Ball zu bleiben, um ihre Gesundheit zu fördern. Auch Menschen mit höherem BMI, die nicht abnehmen wollen, liefert sie Argumente, trotzdem sportlich aktiv zu sein. Und Personen, die dünn oder normalgewichtig sind, zeigen die Forschungserkenntnisse, dass es beim Training um mehr als das Aussehen und ein Wunschgewicht geht. Wer weniger wiegt, ist nicht automatisch gesünder und sollte nicht auf Bewegung verzichten.

Allerdings sollte zur Einordnung auch erwähnt werden, dass es sich bei der aktuellen Studie um eine Meta-Analyse früherer Forschungsarbeiten handelt. Die Wissenschaftler hatten diese nicht selbst durchgeführt, sondern analysierten die Ergebnisse vorangegangener Projekte. Demnach konnten sie z. B. nicht verifizieren, ob alle Daten korrekt waren.

Die Wissenschaftler selbst führen in ihrer Dokumentation zur Analyse diverse Limitationen an, darunter den Fakt, dass nur englischsprachige Studien für die Analyse berücksichtigt wurden. Auch, dass die analysierten Studien ausschließlich den Body-Mass-Index für die Beurteilung des Körpergewichts herangezogen hatten, sehen die Wissenschaftler als Schwäche an. Der BMI wird in dem Zusammenhang schon länger kontrovers als Indexwert diskutiert.

Verborgen bleiben sollte zusätzlich nicht, dass es in der Vergangenheit auch Studien gab, die zu einem anderen Ergebnis gekommen sind. So lautete die Erkenntnis einer Studie aus dem Jahr 2021 z. B., dass fitte, aber übergewichtige Personen ein höheres Risiko für Bluthochdruck und daraus möglicherweise resultierende Herz-Kreislauf-Erkrankungen hätten.7

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Quellen

  1. Flegal ,K.M., Graubard, B.I., Williamson, D.F., Gail, M.H. (2005). Excess Deaths Associated With Underweight, Overweight, and Obesity. JAMA. ↩︎
  2. Blair, S.N., Kohl, H.W., Barlow, C.E., et al. (1994). Changes in Physical Fitness and All-Cause Mortality: A Prospective Study of Healthy and Unhealthy Men. JAMA. ↩︎
  3. Lang, J.J., Prince, S.A., Merucci, K. et al. (2024). Cardiorespiratory fitness is a strong and consistent predictor of morbidity and mortality among adults: an overview of meta-analyses representing over 20.9 million observations from 199 unique cohort studies. British Journal of Sports Medicine. ↩︎
  4. Angadi, S., Weeldreyer, N.R., De Guzman, J. C. et al. (2024). Cardiorespiratory fitness, body mass index and mortality: a systematic review and meta-analysis. British Journal of Sports Medicine. ↩︎
  5. Eupati. Prospektive Kohortenstudie. (aufgerufen am 2.12.2024) ↩︎
  6. University of Virginia. Research: Fitness more important than fatness for a lower risk of premature death. EurekAlert! (aufgerufen am 2.12.2024) ↩︎
  7. Valenzuela, P.L., Santos-Lozano, A., Torres Barrán, A. et alo. (2021). Joint association of physical activity and body mass index with cardiovascular risk: a nationwide population-based cross-sectional study. European Journal of Preventive Cardiology. ↩︎
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