17. Oktober 2024, 17:22 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Honig gilt gemeinhin als natürliches Süßungsmittel – aber kann er auch heilen? In der Naturheilkunde wird ihm eine antibakterielle und entzündungshemmende Wirkung zugeschrieben, zudem soll er bei Reizhusten helfen und die Wundheilung unterstützen. Aber was ist nur Mythos und was wissenschaftlich wirklich nachgewiesen? Diese Frage diskutierten Mediziner wie Dr. Rainer Stange, ehemaliger Chefarzt der Abteilung Naturheilkunde am Immanuel Krankenhaus Berlin und Charité, sowie Dermatologe Dr. Christian Drerup beim „Health, Wellness & Honey Brunch“ von FITBOOK & STYLEBOOK.
Honig ist nicht gleich Honig: Seine Zusammensetzung kann sich unterscheiden. Je nachdem, ob es sich etwa um einen Wald-, Blüten- oder Manuka-Honig handelt. Demzufolge kann er auch unterschiedlich ausgeprägte antibakterielle, entzündungshemmende und antioxidative Eigenschaften aufweisen – ein Thema, mit dem die Naturheilkunde sich aktuell beschäftigt. Doch was weiß die Wissenschaft über die Wirkung von Honig – welche Effekte wurden widerlegt und wo ist die Forschung sich noch unsicher? Genau diese Fragen wurden beim von Laura Papendick moderierten „Health, Wellness & Honey Brunch“ im renommierten Journalisten-Club von Axel Springer diskutiert. Im Publikum saßen zahlreiche Food-, Fitness- und Health-Influencer, etwa Hybrid-Athlet Alex Kukla, Autorin und Vegan-Bloggerin Annelina Waller, Krankenschwester Kim Schiele sowie der „Bachelor“ Dennis Grieß. Präsentiert wurde das Event von Manuka Doctor, einem neuseeländischen Exporteur von Manuka-Honig.
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Übersicht
Was über das medizinische Potenzial von Honig bekannt ist – und was nicht
Honig wird bereits seit Jahrtausenden nicht nur zum Süßen, sondern auch als Heilmittel verwendet. Vor mehr als 4.000 Jahren nutzten ihn die Babylonier zur Behandlung von Wunden, Augenkrankheiten und Infektionen. Die alten Ägypter behandelten mit Honig Wunden und Hauterkrankungen, die Römer betrachteten Honig gar als natürlichen Antibiotikum-Ersatz und in der Traditionellen Chinesischen Medizin und im Ayurveda behandelt man mit ihm Magenbeschwerden, Husten und Halsschmerzen. Gleiches gilt für indigene Völker in Nord- und Südamerika, die Honig seit Jahrhunderten für medizinische Zwecke einsetzen und ihn überdies verwenden, um die Hautgesundheit zu fördern.
Doch Dr. med. Rainer Stange warnte in seinem Vortrag über die Entwicklung der Naturheilkunde: „Auch 2.000 Jahre Anwendung sind nicht frei von Täuschungen!“ Zwar sei er selbst vom medizinischen Potenzial des Honigs überzeugt, doch leider gebe es wenig Interesse an Studien zur gesundheitlichen Wirkung von Naturprodukten wie Honig. Stange erklärte aber, wo er die Anwendung von Honig für sinnvoll erachtet: „Die beiden großen Einsatzgebiete sind Infektabwehr und Wunden. Denkbar ist eine Wirkung bei Schuppenflechte und Neurodermitis. Man müsste aber eine Forschungsinitiative lostreten, um das wirklich herauszufinden! Dann wird man viel Spannendes finden.“
Stange selbst war 2003 bis 2009 war er Chefarzt und von 2009 bis 2016 leitender Arzt der Abteilung für Naturheilkunde am Immanuel Krankenhaus Berlin und Charité – Universitätsmedizin Berlin. Heute ist er dort als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig. Seine Arbeit konzentriert sich hauptsächlich auf die Integration natürlicher Heilmethoden in konventionellen medizinischen Ansätzen.
Dermatologe Dr. Christian Drerup: »Honig bei schlecht verheilenden Wunden vielversprechend
Laut Dr. Stange zeigte Honig bereits in acht Studien einen heilenden Effekt auf Wunden – auch im Vergleich zu konventionellen Heilungsverfahren „kam er gut weg“. Dr. med. Christian Drerup, Facharzt für Dermatologie, Ästhetik und Lasermedizin in Hamburg, ergänzte: „Bei chronischen Wunden werden schon heute Wundauflagen eingesetzt, die speziell gereinigten Honig enthalten, da ist auch Manuka-Honig drin. Allerdings handelt es sich dabei nicht um Honig aus dem Supermarkt.“
Bei der Hautpflege mit Manuka-Honig sieht Drerup aber noch Nachholbedarf in der Forschung: „Patienten fragen mich gelegentlich danach. Für konkrete Empfehlungen fehlt aus meiner Sicht tatsächlich noch die Evidenz – das Potenzial ist da, die Datenlage aber noch dünn.“
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Welche Inhaltsstoffe Honig so wertvoll machen
Wie von Dr. Drerup erwähnt, ist Manuka-Honig von besonderem Interesse. Denn dieser enthält eine hohe Konzentration an Methylglyoxal. Hon. Prof. PhDr. Sven-David Müller, der über die ernährungswissenschaftlichen Aspekte des Manuka-Honigs sprach, erklärte, dass dieses Zuckerabbauprodukt zwar in vielen Honigsorten stecke, jedoch in geringerer Konzentration: „Manuka-Honig enthält bis zu 1.000 Mal mehr Methylglyoxal als deutscher Bienenhonig.“
In puncto Wundheilung sieht Dr. Stange „neben Methylglyoxal auch Wasserstoffperoxid, Enzyme und Glukose“ an der Wirkung beteiligt. „Glukose ist für den Stoffwechsel zwar ein Problem, aber für die Zellen ist es vermutlich ein Nährstoffangebot. Aber auch das wissen wir nicht ganz genau.“
Bei Event von FITBOOK und STYLEBOOK Charité-Arzt über Honig: „Große Einsatzgebiete sind Infektabwehr und Wunden“
Dr. Stange im FITBOOK-Interview Charité-Arzt: »Pflanzliche Heilmittel könnten Konsum von Antirheumatika stark reduzieren
Laut Studie Wer sein Cholesterin senken möchte, sollte auf dieses Lebensmittel setzen
Hilft ein Löffel Honig pro Tag gegen Erkältungen?
Laut Sven-David Müller würde in Deutschland zu wenig Honig konsumiert. „Die Deutschen essen im Schnitt nur 2,6 Gramm Honig pro Tag. Das ist zu wenig, um die gesundheitlichen Effekte zu erzielen. Für einen entzündungshemmenden Effekt müsste man täglich zehn bis 20 Gramm aufnehmen, was einem großen, tiefen Suppenlöffel entspricht.“ Als Orientierung gab Dr. med. Stange im Paneltalk den Tipp, mit dieser „Kur“ bereits zwei Wochen vor Beginn der Erkältungszeit zu starten, also zu Beginn des Novembers.
Wer lieber auf die tägliche Portion Honig verzichten sollte
Dr. Stange gab aber auch zu bedenken, dass ein Löffel Honig pro Tag nicht für jeden eine passende präventive Maßnahme ist: „Kindern sollte man das nicht geben, denn es ist nicht so gut, wenn sie sehr früh an süße Lebensmittel gewöhnt werden. 80 Prozent des Honigs bestehen aus schnell verfügbaren Kohlenhydraten. Das bildet auch unsere Geschmackswahrnehmung. Honig ist für Menschen problematisch, die generell einen sehr hohen Konsum solcher Kohlenhydrate haben und nicht davon wegkommen.“
Der Brunch im Journalisten-Club im Axel-Springer-Bau war nicht nur dank der Experten und ihrer Vorträge, sondern auch dank der tollen Gäste ein Erfolg!