25. März 2021, 17:02 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Um sich nach dem Toilettengang richtig sauber zu fühlen, greifen viele Menschen zu feuchtem Klopapier. Dieses wird mit „wertvollen Inhaltsstoffen“ beworben. In Wahrheit ist es aber eine enorme Belastung (nicht nur für die Umwelt!). FITBOOK hat sich mit dem vermeintlichen Hygieneprodukt auseinandergesetzt und mit einem Experten gesprochen.
Feuchtes Toilettenpapier ist aus vielen Badezimmern nicht wegzudenken. Für die feuchte (und daher angeblich intensivere) Reinigung nach dem Stuhlgang ist es mit bestimmten Lotionen getränkt und zudem reißfester als normales Toilettenpapier. Feuchttücher bestehen aus Vlies, sprich aus Textilfasern. Das damit automatisch eine Umweltbelastung einhergeht, hat nicht zuletzt etwas mit der falschen Anwendung, beziehungsweise Entsorgung, zu tun. Aber auch für die Gesundheit ist feuchtes Toilettenpapier schädlich.
Übersicht
Schädlich für die Umwelt
Nach dem Gebrauch werden Feuchttücher die Toilette heruntergespült, zersetzen sich jedoch nicht. Das führt zu großen Klumpen in der Kanalisation, in denen sich weitere Fremdkörper verfangen und das Abwassersystem verstopfen können. Bei normalem Toilettenpapier geschieht das nicht. Es besteht im Gegensatz zu Feuchttüchern nicht aus Textilfasern, sondern aus Zellulose, die sich im Wasser auflöst.
Die Konsequenz sollte sein, feuchtes Toilettenpapier nicht einfach abzuspülen, sondern im Abfalleimer zu entsorgen – oder am besten gar nicht zu benutzen. Das finden jedenfalls Hautärzte. Einer davon erklärte im Gespräch mit FITBOOK, warum.
Für die Haut auch ein Problem
„Die meisten Menschen, die sich wegen eines Analekzems (entzündliche Reaktion auf der Haut am After, Anm.d.Red.) behandeln lassen, betreiben eine extreme Analhygiene“, erzählt uns Dr. med. Timm Golüke, Dermatologe aus München. So soll etwa der enthaltene Alkohol von Feuchttüchern den reinigenden Effekt unterstützen, sei eigentlich aber zu aggressiv für die Haut und trockne sie aus. Sogar NOCH schlechter: die Duftstoffe, die dem Nutzer ein umso saubereres Gefühl geben sollen, dabei jedoch Ungewünschtes hinterlassen können. Der Fachmann warnt vor „einer Kontaktallergie.“ Die macht sich auf unangenehme Weise mit Rötungen und juckenden Ausschlägen bemerkbar.
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Feucht ist generell schlecht
Darüber hinaus ist das Hauptmerkmal, dass die Hygieneartikel feucht sind, in Wahrheit fatal für die Haut in der Analregion. Dr. Golüke begründet das mit der Standortflora in diesem Bereich, die von Natur aus nicht frei von Bakterien und Pilzen sein kann. An den After kommt nur selten und wenig Luft, weshalb in den Hautfalten durch den Gebrauch von Feuchttüchern „eine feuchte Kammer entsteht. Und das kann die Entstehung von Infektionen begünstigen.“
Ökotest rät von Feuchttüchern ab
Die Einschätzung des Fachmanns deckt sich mit Ergebnissen von Ökotest. In Rahmen der Untersuchung wurden 14 als „sensitiv“ bezeichnete – und somit angeblich für empfindliche Haut geeignete – Sorten feuchtes Toilettenpapier ins Labor geschickt und auf fragwürdige Inhaltsstoffe untersucht. Fünf davon, sprich mehr als ein Drittel, bekamen die schlechteste Note „ungenügend“, da sie als Konservierungsstoff Formaldehyddepotstoffe enthielten. Das ist mehr als bedenklich: Formaldehyd kann nicht nur Allergien auslösen und die Haut reizen – es ist laut der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) stark karzinogen, also krebserregend und -fördernd. Zudem wurden in JEDER der Proben halogenorganische Verbindungen gefunden, von denen die gleichen Gefahren ausgehen – wenn auch nicht in ganz so ausgeprägtem Maße.
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Feuchttücher für Babys ebenfalls belastet
Das Verbrauchermagazin hat auch Babyfeuchttücher unter die Lupe genommen. Wie im Testbericht nachzulesen ist, wurden selbst hier in verschiedenen Produkten die umstrittenen halogenorganische Verbindungen nachgewiesen – vermutlich Spuren des Bleichvorgangs. Die meisten Babyfeuchttücher waren zwar frei von Parabenen (Konservierungsmittel) und extrem fragwürdigen Zusätzen (wie beispielsweise Formaldehyd), seien aber immer noch „Wasser plus Chemie“.
Eine Studie der Northwestern University (USA) hat zudem herausgefunden, dass Babyfeuchttücher indirekt Lebensmittelallergien auslösen können. Denn durch das ständige Säubern würde die natürliche Schutzbarriere der Kinder immer dünner werden, wodurch beispielsweise Schadstoffe, aber auch Allergene, leichter eindringen können. Zudem hinterlasse feuchtes Toilettenpapier Seifenrückstände auf der Haut, was diese umso mehr reize.
Ökotest empfiehlt Eltern daher, zu Waschlappen und warmem Wasser zu greifen. Das sei angenehmer für Baby-Popos, da nicht sie so kühl wie Feuchttücher sind und keine unerwünschten Inhaltsstoffe an die Haut kommen.
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Fazit
Wenn es unbedingt Feuchttücher sein sollen, „dann bitte zumindest duftstofffreie“, rät Dermatologe Golüke. Besser wäre es aber ganz klar, zum normalen – also trockenen – Toilettenpapier zu greifen. Wer sich gerne feucht reinigen möchte, sollte stattdessen lieber Lappen und klares Wasser verwenden – und danach vorsichtig, aber gründlich, abtrocknen.