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Studie identifiziert

Bestimmte Fettsäure soll eine Antibiotika-Behandlung bei Scheideninfektion ersetzen können

Frau hält ein Bild vom weiblichen Geschlechtsorgan.
Bakterielle Vaginose tritt aufgrund eines Ungleichgewichts der Scheidenflora häufig wiederholt auf. Foto: Getty Images

26. August 2024, 13:18 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Mit einer bakteriellen Scheideninfektion – auch Vaginose – genannt, müssen sich viele Frauen mindestens einmal in ihrem Leben herumschlagen. Bislang verwendet man Antibiotika für die Behandlung, das aber wiederum die Scheidenflora oft aus dem Gleichgewicht bringt und weitere Infektionen begünstigt. Eine neue Studie deckte nun eine Alternative auf, mit der man wiederkehrende bakterielle Vaginosen behandeln könnte. FITBOOK-Redakteurin Janine Riedle erklärt, was die Forscher herausgefunden haben.

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Die bakterielle Scheideninfektion zählt zu den häufigsten Infektionen der weiblichen Geschlechtsorgane. Etwa fünf von 100 Frauen sollen Schätzungen zufolge davon betroffen sein.1 Bei ungefähr einem Drittel der Frauen erfolgt die Erkrankung asymptomatisch oder ruft nur leichte Beschwerden hervor. In diesen Fällen klingt die Infektion meist von selbst wieder ab. Wenn jedoch Beschwerden, wie Juckreiz und unangenehm riechender und grau-weißlicher Scheidenausfluss auftreten, muss die Vaginose behandelt werden, meistens mit einem geeigneten Antibiotikum. Da viele Frauen aufgrund des sensiblen Scheidenmilieus auf Antibiotika verzichten wollen, dürfte folgende Neuigkeit wohl Hoffnung erwecken: Forscher fanden heraus, dass sich eine bestimmte Fettsäure zur Behandlung oder Prävention einer bakteriellen Vaginose eignen könnte.

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Darum kehren bakterielle Scheideninfektionen häufig wieder

Eine bakterielle Vaginose kann dann auftreten, wenn ein Ungleichgewicht der natürlich vorkommenden Mikroben in der Vagina besteht. Wenn die Infektion unbehandelt bleibt, kann es zu Problemen bei einer Schwangerschaft kommen, zu einem erhöhten Risiko für sexuell übertragbare Infektionen führen und eine schmerzhafte Scheidenentzündung (Vaginitis) begünstigen.

Eine gesunde, intakte Vaginalflora ist also unabdingbar, um Erkrankungen im weiblichen Genitaltrakt zu vermeiden. Vereinfacht gesagt, besteht diese zum Großteil aus Milchsäurebakterien, auch Lactobacillus genannt. Für die Vermehrung dieser ist das Geschlechtshormon Östrogen zuständig, weshalb ein intakter Hormonhaushalt die vaginale Gesundheit positiv beeinflusst. Durch die Milchsäurebakterien entsteht ein saures Milieu, das dafür sorgt, dass sich Pilze, Viren und Bakterien nicht innerhalb der Schleimhäute vermehren können. Der ideale pH-Wert des Scheidenmilieus liegt bei etwa 4,5.2

Bei einer Antibiotika-Einnahme kann es zu einem Überschuss der Laktobazillen, genauer gesagt der Lactobacillus iners, kommen und das Gleichgewicht somit durcheinanderbringen. Das wiederum begünstigt nach der Einnahme des Medikaments eine wiederkehrende Vaginose.

Wie man eine bakterielle Vaginose erkennt, vorbeugen und behandeln kann, lesen Sie bei unseren Kolleginnen von STYLEBOOK.

Ölsäure fördert das Wachstum gesunder Milchsäurebakterien

Ein Forscherteam um Dr. Meilin Zhu untersuchte, inwiefern man die Vermehrung der Lactobacillus crispatus fördern kann, die für das Gleichgewicht des Scheidenmilieus bedeutend sind.3 Im Labor planten die Wissenschaftler daher ein groß angelegtes Screening, um die Auswirkungen verschiedener Verbindungen auf die Bakterien zu analysieren.

Zunächst begann das Team, die Laktobazillen im Labor zu züchten – jedoch störte ein wichtiger Bestandteil des Nährmediums das Screening-Tool. Bei der Fehlersuche stellte man dann fest: die Laktobazillen benötigen Ölsäure, um wachsen zu können. Anschließend kultivierten die Forscher die Laktobazillenstämme mit Ölsäure.

Probiotika Frauen Intimflora

4 Stämme Lactobacillus Reuteri

Mittels der RNA-Sequenzierung versuchte das wissenschaftliche Team dann, Gene zu identifizieren, welche die Ölsäure und ungesättigten langkettigen Fettsäuren positiv beeinflussen. Dieser Schritt diente dazu, zu verstehen, inwiefern die Produktion der körpereigenen Fettsäuren angeregt werden könnte.

Zusammenhang zwischen Ölsäure und bakterieller Vaginose

Darüber hinaus wollten die Wissenschaftler wissen, wie Ölsäure die Vaginalflora bei bestehender bakterieller Vaginose beeinflusst. Aus diesem Grund kultivierte man die Bakterien, welche für die Scheideninfektion verantwortlich sind, mit den Laktobazillen iners und crispatus.

Ölsäure trägt zu einer gesunden Scheidenflora bei

Nachdem die Wissenschaftler die Laktobazillenstämme mit Ölsäure kultiviert hatten, beobachteten sie, dass das Wachstum von Lactobacillus iners, den schädlichen Milchsäurebakterien, hemmte. Hingegen wurde das Wachstum von gesunden Milchsäurebakterien gefördert, u. a. das der Lactobacillus crispatus. Und auch bei der Kultivierung mit den Bakterien, die eine Scheideninfektion begünstigen, konnte man denselben Prozess beobachten. Zusätzlich hemmte die Ölsäure hier auch das Wachstum einiger Stämme, die gegen Standard-Antibiotika-Behandlungen resistent waren. Diese Ergebnisse zeigen, dass Ölsäure vor wiederkehrenden bakteriellen Vaginosen schützen und auch vorbeugen kann.

Des Weiteren stieß man mithilfe der RNA-Sequenzierung auf ein Gen, welches das sogenannte Enzym Oleathydratase kodiert. Dieses ist dafür verantwortlich, ungesättigte, langkettige Fettsäuren so umzuwandeln, dass es nur Bakterien mit diesem Enzym nutzen können. Ein weiteres ausfindig gemachtes Gen kodiert die Fettsäure-Effluxpumpe, welche für Bakterien notwendig ist, um hohen Ölsäure-Konzentrationen standzuhalten.

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Einordnung der Studie

„Diese Studie ist ein wichtiges Beispiel dafür, wie das Verständnis der grundlegenden Stoffwechselanforderungen und Funktionen wichtiger Bakterien direkt zu neuen Therapien führen kann, die es uns ermöglichen, das Mikrobiom im Sinne einer verbesserten Gesundheit zu verändern“, betonte Co-Seniorautor Seth Bloom, Dozent für Infektionskrankheiten am Massachusetts General Hospital, die Bedeutung der Studienergebnisse.4 Denn die Untersuchungen liefern wichtige Hinweise darauf, wie bakterielle Vaginosen eventuell komplett ohne Antibiotika behandelt werden könnten oder aber wie man das Scheidenmilieu nach einer Behandlung der Infektion wieder ins Gleichgewicht bringen könnte.

Doch die Studienergebnisse stellen aktuell nur den ersten Schritt in die richtige Richtung dar, denn: Da es sich hierbei um eine in-vitro-Studie handelt, also um reine Laboruntersuchungen, müssen zusätzlich Nachforschungen am Menschen betrieben werden, um die ersten spannenden Hinweise zu bestätigen. Dafür gilt es zunächst zu erforschen, inwiefern man die Ölsäure-Produktion beim Menschen ankurbeln kann, z. B. in Form eines Medikaments. „Wir glauben, dass es ein großes Potenzial gibt, diese Erkenntnisse umzusetzen, um das vaginale Mikrobiom dauerhaft zu verändern, die Behandlung von bakterieller Vaginose zu verbessern und negative gesundheitliche Folgen für Frauen weltweit zu reduzieren“, so Doug Kwon, Professor für Medizin an der Harvard Medical School.

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Quellen

  1. Gesundheitsinformationen. Bakterielle Scheideninfektion. (aufgerufen am 26.08.2024) ↩︎
  2. Universitätsspital Zürich. Mythen und Fakten rund um die gesunde Scheidenflora. (aufgerufen am 26.08.2024) ↩︎
  3. Zhu, Meilin, Frank, M.W., Radka, C.D., et al. (2024). Vaginale Lactobacillus-Fettsäurereaktionsmechanismen offenbaren eine metabolitengerichtete Strategie zur Behandlung bakterieller Vaginose. Cell. ↩︎
  4. Broad Institute. A common fatty acid may help restore healthy vaginal bacteria after infection. (aufgerufen am 26.08.2024) ↩︎
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